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wichtigen Dienste, ein bleibendes Denkmal der
kaiserlichen Zufriedenheit und Erkenntlichkeit zu
geben, als ein volles, auf die männliche, und
nach deren Abgang weibliche Descendenz des
Fürsten in direkter Linie nach dem Rechte der
Erstgeburt übergehendes Eigenthum, vorbehaltlich
der Entrichtung des Weinzehnten an die Krone
Oesterreich.
Als unentbehrliches Faktotum verblieb auch
unter Fürst Metternich der P. Kellermeister
Carolus Arnd, jener wunderliche Mann, der den
edelsten aller Weine baute und schnödes Wasser
dazu trank, auf dem Johannisberg. Bibelfest
scheint der hochwürdige Herr Pater nicht gewesen
zu sein, ansonsten würde er gewiß den Spruch
des Apostels Paulus in dem Brief an den
Thimotheus, welcher vom Wasser- und vom
Weintrinken handelt, mehr beherzigt haben. Da
waren doch seine beiden Genossen aus dem Bene
diktinerkonvente in Fulda, die nach einander am
Johannisberg die Seelsorge versahen, die Patres
Josephus Gegenbauer und Lambertus Oswald,
ganz andere Leute, die verstandeu sich auf das
Weintrinken, wie das sich für einen gelehrten, ehr
würdigen Benediktiner, der Gottes edle Gabe
wohl zu würdigen weiß, geziemte. Den letztge
nannten Herrn Pater, der früher Lektor im
Kloster zu Fulda gewesen war, und in den 40er
Jahren auf Johannisberg verstarb, hat Schreiber
dieser Zeilen die Ehre zu seinen Verwandten zu
zählen. Der P. Kellermeister Karl Arnd stand
bis in sein hohes Alter seinem Posten in gleich
verdienstlicher Weise, wie in seiner Jugend, vor.
Er entstammte einer im Jahre 1726 aus Pfaffen
dorf bei Coblenz in Fulda eingewanderten Familie,
die heute uoch daselbstweit verzweigt ist und in bestem
Ansehen steht. Er war geboren im April 1759
und starb am 10. Mai 1844. Die Stelle als Keller
meister zu Schloß Johannisberg hat er seit 1793 be
kleidet. Er hatte als solcher unter dem letzten
Fürstbischof von Fulda, Adalbert III. von Har-
stall, dem Prinzen von Oranien, den« Herzog
von Nassau-Usingen, dem Marschall Kellermann,
dem Kaiser von Oesterreich, dem Fürsten Metter
nich gedient und nahm den Ruf eines ausge
zeichneten Weinbauers und Weinkenners sowie
eines rechtschaffenen Mannes mit ins Grab. —
Nach dem am 11. Juni 1859 erfolgten Tode
des Fürsten Clemens Wenzel Lothar von Metter
nich ging der Johannisberg auf seinen einzigen
Sohn aus zweiter Ehe mit der Freiin von Ley-
kam, Gräfin von Beilstein, de» Fürsten Richard
von Metternich über, in dessen Besitz er sich
heute noch unter preußischer Oberhoheit befindet.
Wir brechen hier unsere historische Schilderung
ab, einmal weil eine Fortsetzung nicht mehr in
den Rahmen unserer Zeitschrift passen würde,
dann aber auch weil dieselbe vielfach in das
politische Gebiet überspielt, welches wir unserem
Programm gemäß möglichst zu vermeiden suchen.
Wenden wir uns nun wieder dem idealeren
Gegenstände, dem Johannisberger Weine, zu.
Wir verdanken unserem vaterländischen Historiker
F. B. Aloys Schlereth die Veröffentlichung einer
Tabelle über die Quantität und die Qualität
des auf dem Johannisberg seit der Zeit, in
welcher dieser in den Besitz des Hochstiftes Fulda
gelangte, bis zu dem Jahre 1824 geherbsteten
Weines. Sie umfaßt sonach einen Zeitraum
von hundert und einigen Jahren und ist zusammen
gestellt theils nach den fuldaischen Kammer-Akten
und -Rechnungen, theils nach dem von dem P.
Kellermeister C. Arnd aufgestellten Verzeichnisse.
Dieser Tabelle entnehmen wir, daß die Jahre
1719, 1723, 1724, 1726, 1727, 1738, 1746,
1748, 1749, 1750, 1766, 1775, 1779, 1781,
1783, 1794, 1798, 1806, 1807, 1 8 1 1 und 1822
eine an Qualität sehr gute Ernte lieferten.
Die Jahrgänge 1719 und 1748 werden als
„Ehrenweine", die Jahrgänge 1811 und 1822
als „Hauptweine" bezeichnet.
In Fulda hatte man schon aus Patriotismus
eine ganz besondere Anhänglichkeit für den Jo
hannisberger. Dort fanden bis in die 30er Jahre
dieses Jahrhunderts wohlhabende Privatleute ein
stolzes Behagen darin, in ihren Kellern Johannis
berger der besten Jahrgänge gelagert zu wissen,
— und keine höhere Festlichkeit verging in den
altfuldaischen Familien, ohne daß als edelste
Gabe Johannisberger kredenzt worden wäre.*)
Heute ist es anders in Fulda. Die guten alten
Zeiten, in welchen man dort mehr dem Wein
gotte Bacchus als dem Bierheiligen Gambrinus
huldigte, sind vorüber, leider wohl für immer.
Die Preise des Johannisberger Schloßweins
haben sich auch inzwischen so verändert, daß es sich
jetzt nur uoch sehr reiche Leute verstatten können,
diesen Göttertrank zu schlürfen. Interessanten
Aufschluß giebt uns darüber W. von Hamm in
seinem „Weinbuche". Wir lassen die entsprechende
Stelle hier folgen:
„Von den 24,71 da (98,84 Morgen), welche
das Weingartenareal von Schloß Johannisberg
umfaßt, sind gewöhnlich nur 19,02 da in trag-
sähigen Zustande. An Arbeiten und Melio
rationen wird natürlich nichts gespart; alle
Räumlichkeiten, besonders Kelter und Kelterhaus,
sind musterhaft eingerichtet. Ueberhaupt kann
der Johannisberg als eine hohe Schule des
Weinbaues und der Weinbehandlung betrachtet
*) Wie werden demnächst in einem Nachtrage zu
unserem Artikel „Johannisberg" eine Schilderung da
maliger Verhältnisse in Fulda bringen.