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alterlicher Kunstwerke hervorhebend. Nachdem er
sodann für die herzliche Begrüßung der Stadl durch
ihren Vicebürgermeister gedankt hatte, widmete er
einige Worte dem Andenken des durch einen jähen
Tod am 13. November v. I. dahingerafften, für
den Verein so erfolgreich thätig gewesenen Majors
z. D. von Gironcourt, zu dessen ehrenden! Andenken
sich die Versammelten von ihren Sitzen erhoben.
Ans dem von dem Bibliothekar des Vereins,
Rogge-Ludwig, in Vertretung des durch Krankheit
verhinderten Schriftführers Sekretär Stern erstatteten
Geschäftsbericht über die Thätigkeit des Vereins, be
treffend die Vermehrung der Büchersammlung, die
gehaltenen Vorträge, die Ernennung zweier Ehren
mitglieder bei Gelegenheit ihres 5,0jährigen Dienst-
jubiläums, der Herren Lehrer Bücking zu Marburg
und Forstmeister Weber zu Kassel, ist zu bemerken,
daß die Zahl der Mitglieder des Vereins, welche
bei der ersten Versammlung zu Marburg im Jahre
1865 453, bei der zweiten im Jahre 1875 713
betragen hat, jetzt auf 1290 gestiegen ist.
Aus dem hierauf von dem Kassenführer des
Vereins Custos Lenz über die Kassenverhältnisse er
stattetem Bericht ergab sich, daß in dem Vorjahre
ein Kassenbestand von 507,28 Mark mit 2700 Mark
Vereinsschulden vorhanden war, daß in dem abge
laufenen Jahre die Einnahmen 6015, die Ausgaben
4911 Mark betragen; erstere die letzteren mithin
um 1104 überstiegen hat, sodaß dieser Summe jetzt
nur noch 715 Mark Vcreinsschuldeu gegenüberstehen,
und sonach diese sich unl mehr als 1000 Mark
verringert haben. Die Rechnung war von einem
Sachverständigen, Sekretär Säuberlich, geprüft und
richtig befunden und wurde dein Kassenführer Decharge
ertheilt.
Es wurden sodann der Versammlung folgende
Anträge zur Beschlußfassung vorgelegt:
1) Beibehaltung des jährlichen Mitgliederbeitrags
von 3 Mark,
2) die jährliche Unterstützung der Marburger
Sammlung mit 450 Mark,
3) Abhaltung der nächsten Jahresversammlung in
Fulda auf von dort ergangene Einladung.
4) zu der diesjährigen in Metz stattfindenden Haupt
versammlung deutscher Geschichtsforscher einen
Deputirten abzusenden, dessen Wahl diesmal dein
Hanauer Verein zustehe.
Nachdem diese Anträge ohne dagegen erhobenen
Widerspruch angenommen waren, wurde der bisherige
Vorstand des Hauptvereins, bestehend aus den Herren
v. Stamford, Dr. Lohmeyer, Dr. Pinder, Lenz, Rogge-
Ludwig und Stern durch Zuruf wieder gewählt.
Nach Erledigung dieser geschäftlichen Angelegenheiten
hielt Geh. Regierungsrath Dr. Münscher den
im Programm angekündigten, mit dem lebhaftesten
Beifall aufgenommenen Vortrag „die Bedeutung
Marburgs in der hessischen Geschichte«, über welchen
demnächst ausführlicher Bericht erfolgen wird.
Die nach Schluß der Sitzung bereits vorgeschrittene
Zeit gestattete leider nur eine flüchtige Besichtigung
des Schlosses und einiger Archivräume.
Um 3 Uhr begann in dem Saale des neuen
Mnseumgebäudes das Festmahl, an welchem sich etwa
60 Personen beiheiligten. Den ersten Toast brachte
Regierungspräsident Rothe aus auf Se. Majestät
den Kaiser Wilhelin, den 2. auf die Stadt, in
welcher die Jahresversammlung stattgefunden, nicht
wie sonst regelmäßig geschehen, ein von auswärts
gekommener Teilnehmer der Versammlung, sondern
diesmal ein Bewohner der Stadt, Geh. Regierungs
rath Dr. Münscher. Der Redner sprach in
seiner die Stadt feiernden Rede insbesondere der
Marburger Ortsbehörde den Dank des Vereins aus
für die Bewilligung von Geldmitteln zur Anschaffung
von Schränken zur Aufbewahrung der Vereinssamm-
hing.
Der dritte der üblichen Trinksprüche, welcher dem
Geschichtsverein galt, war dem Marburger Ausschuß
vorsteher, Herrn Siebert, zugetheilt worden, der Redner
wurde aber nach einigen einleitenden Worten, von
einer Musikbande, welche unter den nach der Straße
zu gehenden Fenstern des Saales Posto gefaßt hatte,
in solcher Weise unterbrochen, daß er seine Rede nicht
beenden konnte und der Zweck derselben im Unklaren
blieb. Es war daher sehr dankenswerth, daß der
Vorsitzende des Vereins, Major v. Stamford, sich
von der diesmaligen Bestimmung, wonach über
haupt nur drei Toaste ausgebracht werden sollten,
emanzipirte und durch einen dem Vorredner im Namen
des Vereins ausgesprochenen Dank den beabsichtigten
Zweck von dessen Ansprache den Theilnehmern am Fest
mahl zur Kenntniß brachte.
Am andern Morgen um 9 Uhr unternahm eine
größere Anzahl der Festgäste einen Ausflug mit der
Eisenbahn, zunächst nach Kaldern zur Besichtigung der
dortigen, hochinteressanten Kirche, welche jetzt in ihrem
sehr dringend der Reparatur befindlichen Zustande
dem evangelischen Gottesdienste dient, mit ihrem
spütestromanischen Gewölbebau in der ersten Hälfte
des 13. Jahrhunderts für das hier befindliche
Cistercienserkloster erbaut worden war und in der von
Dehn Rothfelser und Lotz heraus gegebenen Schrift
„die Baudenkmäler im Regierungsbezirk Kassel«
ausführlicher beschrieben ist. Pfarrer Kümmel, in
Kaldern hatte die Güte, in der Kirche Näheres über
die Geschichte derselben mitzutheilen. Nach einer
etwa zweistündigen Fußwanderung durch eine an
Naturschönheiten überaus reiche Gegend erreichte
man die Eisenbahn wieder in Buchenau und von
da nach kurzer Fahrt das Hauptziel des Ausflugs,
das am Fuße des mit dem Schlosse gekrönten hohen
kegelförmigen Berges so malerisch gelegene Städtchen
Biedenkopf. Nach Einnahme eines für die durch ver