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und Künstlergeschichte, Band 19, herausgegeben
von K. W. Justi. —
Zu Ostern 18t 9 trat Professor Mackeldeh sein
neues Lehramt als erster ordentlicher Professor
der Rechtswissenschaft auf der Universität Bonn
an und übernahm nach Mittermaier's Abgang
nach Heidelberg im Jahre 1821 auch das Ordi
nariat im dortigen Spruchkollegium. Auch in
Bonn entwickelte er als Lehrer des römischen
Rechts eine ausgedehnte und erfolgreiche Thätig
keit. Seine Vorlesungen waren von mehr als
100 Zuhörern besucht, seine Einnahmen waren
glänzend. Er bezog 1500 Thlr. Gehalt, dazu
kamen eine gleiche Summe an Kollegiengeldern,
ansehnliche Honorare, die ihm als Mitglied des
Spruchkollegs zustossen, für wiederholte Auflagen
seines Lehrbuchs, für privatim ertheilte Rechts
gutachten u. s. w., so daß er sein Hauswesen
auf dem breitesten Fuße zu führen und eine
Gastlichkeit zu üben in der Lage war, die, wie
der Universitätskurator von Rehfues in einem
amtlichen Berichte aussprach, der Universität zu
Ehren und Nutzen gereichte. Trotzdem blieben
ihm in Bonn Mißhelligkeiten nicht erspart.
Zunächst mit den Bonner Studenten selbst. Diese
waren nicht so geartet, wie die Marburger
Musensöhne, die zwar den forschen Studenten
niemals verleugneten, denen aber auch zu allen
Zeiten ein ganz besonderer männlicher Ernst neben
strengem wissenschaftlichen Streben nachgerühmt
wird. Jene nahmen das Leben leichter und die
Taubheit Mackeldey's gab ihnen Gelegenheit in
dessen Vorlesungen allerlei Unfug auszuführen.
AIs sie aber auch Hunde mit in das Kolleg
brachten und daselbst rauchten, richtete Mackeldeh
am 28. Januar 1823 eine Beschwerde an den Senat.
Dieser sah sich veranlaßt, der gesammten Zu
hörerschaft eine Verwarnung ertheilen zu lassen.
Die ungeschickte und unbedachte Art, in welcher
der zeitige Rektor, der Mathematiker Professor
Di-. K. D. von Münchow, begleitet vom Uni
versitätsrichter und 2 Pedellen sich dieses Auf
trages entledigte, war leider nur zu sehr geeignet,
eine heftige Gährung in der Studentenschaft hervor
zurufen. Da der Rektor die verlangte Genug
thuung verweigerte, wurde in wiederholten Stu-
deutenversammlungeu beschlossen, Bonn in Masse
zu verlassen, auch soll im Geheimen eine Verrufs
erklärung der Universität ausgesprochen worden
sein. Doch gelang es schließlich den Universitäts
behörden durch kluge und feste Haltung den
Sturm zu beschwören. Daß Mackeldey's An
scheu in den akademischen Kreisen durch solche
Vorgänge nicht gehoben wurde, begreift sich leicht.
Schon im Jahre 1823 gerietst Mackeldeh mit
anderen Mitgliedern des Spruchkvllegs in einen
heftigen Konflikt, der sich mehrere Jahre hinzog,
bis er in Folge der fortwährenden Reibungen
1828 in Helle Flammen ausbrach. Da erklärte
Mackeldeh in einem an das Spruchkolleg ge
richteten Schreiben, daß er es bei dem Mangel
an Vertrauen und Wohlwollen, sowie bei den
Gegensätzen in Richtung und Neigungen, mit
seiner Ehre nicht vereinbar halte, ferner noch
das Amt des Ordinarius zu führen. Einer der
erbittertsten Gegner Mackeldey's war sein streit
barer Kollege I. Chr. Hasse, welcher von Berlin
als Professor der Rechte nach Bonn berufen
worden war. Dieser scheute kein Mittel, um
ihm wehe zu thun, bis endlich der Minister v.
Kamptz sich zu Gunsten Mackeldey's entschied.
Im Jahre 1827 erschien die 7. Auflage seines
Lehrbuchs des heutigen römischen Rechts, in
welcher der Verfasser an Stelle der bisher be
folgten Jnstitutionenordnung ein neues System
einführte. Hatten die früheren Auflagen stets
die denkbar günstigste Beurtheilung gefunden, so
trat jetzt hier ein Wandel in der Kritik ein.
Selbst der in seinem Urtheile sonst so schonende
Vangerow soll später auf dem Katheder geäußert
haben: Mackeldey's Werk sei zuerst ein bewährtes
Lehrbuch der Institutionen gewesen, habe dann
ein Lehrbuch der Pandekten werden wollen, und
sei jetzt keines von beiden mehr. Wir wollen
hier nicht unerwähnt lassen, daß im Jahre 1832
eine Chrestomathie der in dem Mackeldey'schen
Lehrbuch citirten Belegstellen mit dem Namen
Ludwig Hermann erschien, unter welchem sich die
damals in Heidelberg studirenden Freunde Lud
wig Büff und Hermann Kersting*) verbargen.
Jene abfälligen Beurtheilungen der neuen Aus
gaben des Buches konnten selbstverständlich nur
störend auf die Stimmung des ohnehin seit 1825
von schweren körperlichen Leiden heimgesuchten
Professors Mackeldeh wirken. Sein früher Tod
hinderte ihn an der beabsichtigten Ausarbeitung
eines neuen Handbuchs des römischen Rechtes
nach verbessertem und erweitertem Plane. —
Als in der letzten Hälfte der 20er Jahre der
Kurprinz Friedrich Wilhelm von Hessen bei seiner
- Mutter, der Kurfürstin Auguste, in Bonn weilte,
da war es Professor Mackeldeh, dem er ein ganz
besonderes Vertrauen schenkte und dessen Rath
*) Ludwig Büff und Hermann Kersting zählten später
zu den hervorragendsten Juristen unseres Hessenlandes.
t)r. ,sur. u. theol. L Büff, geboren am 22. Mai 1811 zu
Marburg, war hessischer Oberappellationsgerichtsrath
und starb am 8. Mai 1869 zu Kassel; H. Kersting, geboren
17. August 1811 zu Kassel, starb als Kriminalgerichtsdirektor
zu Fulda am 11. April 1863. Beide haben sich auch als
juristische Schriftsteller einen geachteten Namen erworben;
L. Büff durch sein Werk „Kurhessisches Kirchenrecht" und
sein „Schäfereirecht", H. Kersting durch seine Werke „Straf
recht in Kurhessen" und „die Sonderrechte int Kurfürsten
thum Hessen".