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tausendjährigen Geschichte mußten dazu mit
wirken. Erst wenn man das Bewußtsein dieser
Thatsache in sich aufgenommen hat, trinkt man
diesen Wein mit vollem Verständniß." —
Es ist allerdings nur ein kleiner Fleck Erde, auf
welchem der Schloß Johannisberger, dieser feinste,
bouguetreichste, stärkste unserer deutschen Weine, ge
deiht. Nur ca. 24 km (98 Morg.) betrügt gegenwärtig
das Weingartenareal, und 40 Stück Wein sind es,
die im Durchschnitt Schloß Johannisberg jährlich
liefert. Außer dem Schloß-Johannisberger gibt es
auch noch Dorf-Johannisberger und Johannis
berger-Klause, Weine, die zwar mit dem Schloß-
Johannisberger sich nicht messen können, unter denen
sich aber auch einzelne edle Sorten befinden. Man
unterscheidet sonach Schloß-, Klause- und Dorf-
Johannisberger.
In Fuldaischen Zeiten flössen die Ertrüge des
Johannisbergs in die fürstliche Kabinetskasse.
Das Einkommen der Johannisberger Weinrech
nung war eines der wenigen Fuldaischen Kabi-
netsgeheimnisse. Der Hofkellermcister Burkard
Schild, der ob seiner Verdienste um den Wein
bau auf Schloß Saaleck und Schloß Johannnis-
berg zum Hofkammerrath befördert wurde, legte
nur dem Fürstbischof Rechnung ab, die sodann
im Kabinette geprüft und abgeschlossen wurde.
Sicher aber ist, daß die Erträgnisse des Johan
nisbergs auch in finanzieller Beziehung sehr er
giebig waren.
Im Jahre 1802 wurde das altehrwürdige
Hochstift Fulda nach mehr als tausendjährigem
ruhmreichen Bestehen in Folge des Luneviller
Friedens durch die Reichsdeputativn säkularisirt
und das Fürstenthum dem fürstlichen Hanse
Oranien-Nassau als Entschädign ng für den Ver
lust der erblichen Statthaltere i in den Nieder
landen übergeben. Der Erbprinz Wilhelm
Friedrich von Oranien, welcher am 6. December
1802 in seine neue Hauptstadt eingezogen war
und dort die Regierung angetreten hatte, war
dadurch auch Besitzer des Johannisbergs im
Rheingau geworden. Er wußte den Werth
desselben wohl zu schätzön und schickte eiligst
seinen Bevollmächtigten, Justizrath Conradi, hin,
um, wie Karl Braun, dem wir hier folgen, in
seiner Schrift über den Johannisberg schreibt,
von den dortigen überirdischen und unterirdischen
Schätzen Besitz zu ergreifen. Der oranische Be
vollmächtigte fand aber in den Kellern des Jo
hannisberges nur einige wenige Stückfüsser voll
Wein vor, und auch der war gerade nicht von
dem besten. Die sofort eingeleitete Untersuchung
ergab, daß kurz vor dem Eintreffen des Kvm-
missarius der beträchtliche Vorrath an den Wein
händler Hergen in Mainz verkauft und über
liefert worden war. Durchschnittlich sollen zwölf
hundert Gulden für das Stück bezahlt worden
sein. Der Prinz von Oranien hatte das Nach
sehen; er ließ dafür den Vermittler jenes Han
dels, den Pater Kellermeister Karl Arnd, büßen,
den er sofort seiner Stelle entsetzte, den; aber
die späteren Ereignisse hinlängliche Genugthuung
verschafften. (Schluß folgt.)
Narburger Wand Misten
Von F. Iw eng er-
(Fortsetzung.)
Am 18. Oktober 1818 wurde die Rheinische
Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn errichtet.
Im Noveinber desselben Jahres erhielt Mackcl-
dey einen ebenso ehrenvollen als Vortheil
haften Ruf an diese neue Hochschule. Die Ver
suchung, diesem Rufe zu folgen, war groß, aber
nicht minder groß auch seine Liebe und Anhäng
lichkeit für Marburg. Lange schwankte er zwischen
Bleiben und Gehen, bis ihn endlich, nach hartem
Kampfe niit sich selbst, die Rücksicht auf seine
Familie, die er in Marburg nicht hinlänglich
gesichert wußte, und der anfängliche Mangel jeder
Aussicht, für die Ablehnung jenes Rufes verhält-
uißmäßige Entschädigung zu erhalten, bestimmte,
den kurhessischen Staatsdienst zu verlassen und
in den königl. preußischen überzutreten. Auf sein
an den damals regierenden Kurfürsten Wilhelm I.
unmittelbar eingereichtes Abschiedsgesuch wurde
ihm durch ein eigenes Handschreiben des
letzteren in den gnädigsten und huldvollsten Aus
drücken seine Bitte zugestanden. Bald darauf
wurden ihm zwar von Kassel aus noch sehr vor-
theilhafte Anträge geinacht, wenn er in Marburg
bleiben wollte, allein sie erfolgten zu spät; er
hatte den Ruf nach Bonn bereits angenommen
und glaubte sein einmal gegebenes Wort nicht
brechen zu dürfen, so gerne er auch bei jenen An
trägen, wären sie früher erfolgt, in Marburg
geblieben wäre. Nur mit tiefem Schmerz schied
er von der ihm theueren Stadt und nie erlosch
die dankbare Erinnerung an die frohe und glück
liche Zeit, die er dort verlebt hatte. So berichtet
der Biograph Mackeldcy's in Strieder's Grund
lage zu einer hessischen Gelehrten- Schriftsteller-