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der festen Orte des Erzstiftes, darunter das
wohl verwahrte Schloß Poppelsdorf bei Bonn,
in seine Gewalt gebracht hatte, ließ die Waffen
ruhen und Ruprecht seinerseits hob die Belage
rung von Ahrweiler, das er mit starker Mann
schaft umlagert hielt, auf.')
Aber während auf dem westlichen Kriegsschau
plätze die Waffen ruhten, die Plünderungen und
Verwüstungen des kleinen Krieges einen Augen
blick nute hielten, kam es an der hessischen
Grenze zu neuen Feindseligkeiten.
Hier hatten die „Westphälinger," d. h. die
Einwohner der kurkölnischen Bezirke von Brilon,
Volkmarsen u. a. O., welche dem Erzbischöfe ergeben
blieben, wie wir weiter unten sehen werden, sich
schon i. I. 1473 an dem Kriege durch Raub
und Plünderungszüge in das hessische Gebiet
betheiligt. Auf St. Katharinentag, den 25. No
vember, schickte nun Landgraf Heinrich seinen
Amtmann Johann Schenck zu Frankenberg mit
anderen Rittern und Reisigen aus dem Amte
Battenberg nebst den Bürgern der letztgenannten
Stadt aus vor den Scharfenberg, um Gleiches
mit Gleichem zu vergelten. * 2 ) Es schneite und
schluckte und war ein uustatigcs Wetter, erzählt
der Chronist; dazu war das Volk hungrig; da
schnitten die von Brilon den Landgräflichen den
Rückzug ab und überfielen sie in einem Hohl
wege; viele erschlugen sie, andere nahmen sie
gefangen mit fort. Vergebens, daß Landgraf
Heinrich seine Leute forderte, sie mußten sich
selbst mit eilt großes Lösegeld freikaufen. 3 )
Zur Vergeltung berannte der Graf von
Schwarzburg, als des Landgrafen Hauptmann,
im folgenden Jahre auf den Pfingstabend (den
28. Mai) die Stadt Volkmarsen und trieb hier
2000 Schafe und 18 Kühe hinweg. 4 ) Herzog
Karl und Erzbischof Ruprecht aber nahmen diese
(und ähnliche) Verletzungen der Waffenruhe, wie
es scheint, zum Vorwände, um die Ausgleichs-
0 Ennen a. a. O. S. 494.
2 ) Nicht der Scharte»berg, wie einzelne Chronisten
lesen, kann gemeint sein, denn der war ja hessisch und ge
hörte zum Leibgedinge L. Hermanns. Hier ist Scharfen
berg unweit Brilon offenbar zu verstehen.
3 ) Wigand Gerst enbe rger's Frankenberg. Chronik
(Anal. Hass. Coll. V., S. 224). Das Jahr 1472 ist hier
fälschlich angegeben; Gerstenberger selbst hat richtig 1473
in seiner thüringisch-hess. Chronik (Monimenta Hassiaca ed.
Schmincke, II, S. 849); ebenso steht cs in den Excerptis
chronici Riedeseliani (Anal. Hass. Coll. III., S. 84);
vgl. Dilich's Hess. Chronik II., 286 f. Mich wundert,
daß bis jetzt noch niemand die Ereignisse bei Frankenberg
mit der Kölner Fehde in Verbindung gebracht hat, was
doch so nahe liegt.
4 ) Hess. Zeitrechnung, 42.Forts., vgl. dazu Landau
in der Zeitschr. s. Hess. Gesch. rc. I., 829. Des Zuges
vor Volkmarsen gedenken auch die Riedesel scheu Excerpte
Anal. Hass. a. a. O., S. 85).
Verhandlungen abzubrechen, indem sie nunmehr
den Gegnern allein die Schuld des neuen Krieges
zuschoben. *)
Persönlich scheint Landgraf Heinrich bis dahin
in den Krieg noch nicht eingegriffen zu haben.
Er hatte, wie Ennen in seiner Geschichte der
Stadt Köln, III., 506 angiebt, zu Aschaffenburg
eine Zusammenkunft mit Kaiser Friedrich, in
deren Folge er kräftige Anstalten zum Feldzuge
machte. Im Juni 1474 hatte er ein stattliches
Heer in Oberhessen beisammen. Die Grafen
von Nassau, Solms, von Sahn, Wittgenstein,
Waldeck u. v. a. waren in seinem Gefolge; der
Kurfürst von Brandenburg, der Herzog von
Sachsen, der Bischof von Würzburg, der Abt
von Fulda und viele Grafen und Herren des
Reiches hatten ihm, dem von Augsburg aus an
sie erlassenen kaiserlichen Gebote entsprechend,
Hilfsvölker zugeschickt; mit denen verließ er am
27. Juni Marburg und rückte in das kur
kölnische Gebiet ein. *)
Die Stadt Brilon war die erste, die sich
unterwarf und hohen Schadenersatz zahlte; auch
das Schloß Scharfenberg ließ der Landgraf
brechen und zog dann weiter an den Rhein.
Für die von ihm aufgewandten und noch auf
zuwendenden Kriegskosten verpfändete ihm das
Domkapitel das knrkölnische Schloß Kogelnberg
(Kugelburg) bei Volkmarsen, diese Stadt selbst,
sowie die Städte Medebach, Winterberg, Hallen
berg und Schmalenberg, laut eines Vertrages
vom 24. Juni. 3 ) Da diese Städte anderweitig
bereits verpfändet waren, Volkmarsen an Rabe
von Canstein, die übrigen Aemter an Johann
Schenck von Schweinsberg den Alten, so fiel dem
Landgrafen allerdings die Verpflichtung zu, diese
Pfandgläubiger erst abzufinden, was mit öiner
Summe von 30000 Gulden geschah; Volkmarsen
wurde sogar i. I. 1477 noch vergeblich von
Heinrich belagert. H
’) Ennen a. a. O. S. 494 f.; wenn dieser Geschichts
schreiber sagt: .der Landgraf Heinrich setzte geringes Ver
trauen in den Erfolg des anberaumten Tages ... Cr
wollte sich nicht lauschen lassen; sein Ziel fest im Auge,
warf er sich mit seinen Reisiaen in den rechtsrheinischen
Theil des Erzstiftes," so weiß ich nicht, worauf sich solches
bezieht, zumal nähere Angaben fehlen. Auch vermag ich
Ennens Auslassungen an dieser Stelle nicht mit dem auf
S. 806 Gesagten zu vereinigen , wo es heißt, daß Land
graf Heinrich erst auf des Kaisers Gebot vom 29. Juni
die Vertheidigung des Erzstiftes übernommen habe.
h Gerstenberger's Frankenb. Chronik (Anal. Hass,
a. a. O. S. 226 ff.) beschreibt das Lager bei Schreuffa
unweit Frankenberg. Vgl. auch Ztschr. für Hess. Gesch. rc.
I. 327.
3 ) Lacomblet IV., 473.
4 ) Zeitschr. f. Hess. Gesch. I., 330. Rommel III.,
Anm. S. 88.