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»ermann, Wand gras ;u Kessen, Wursürst und Krzbischos
von Köln.
Von Hugo Brunner.
(Fortsetzung.)
Die winterliche Jahreszeit verhinderte für's
erste noch den offenen -Ausbruch der Feindselig
keiten und gab Raum zu Vermittelungsvor
schlägen. Aber die guten Dienste, welche z. B.
der Kölner Rath in diesem Streite dem Erz
bischöfe anbot, fanden kein geneigtes Ohr. l )
Wie hätte auch Ruprecht darauf eingehen mögen,
da sein Gegner bereits die kaiserliche Zusage,
ihm zum erzbischöflichen Stuhle zu verhelfen, in
Händen hatte? Denn diese Zusage hatte Kaiser
Friedrich dem Landgrafen am 4. Januar gegeben,
nachdem derselbe Tags zuvor ihm, wie dem
Reiche, Treue und Gehorsam gelobt hatte. * 2 3 * * )
Wollte also Ruprecht wieder in den ungestörten
Besitz des Erzstiftes gelangen, so konnte dies
nur durch Niederwerfung der Gegner geschehen.
Wer aber sollte ihm einen solchen Dienst
leisten? Kurfürst Friedrich, sein Bruder, war
des ewigen Fehdelebens müde; er war krank
und suchte seinen Frieden mit dem Kaiser. So
näherte sich Ruprecht dem Herzog Karl dem
Kühnen von Burgund und schloß mit ihm am
27. Mürz 1474 ein förmliches Bündniß ab.
Der Herzog soll danach, wenn es ihm gelingt,
den Erzbischof wieder in seine Lande einzusetzen,
eine Entschädigungssumme von 200000 Gulden,
ferner den lebenslänglichen Besitz der festen
Städte Uerdingen, Brilon und Volkmarsen und
die Vogtei über das ganze Stift mit dem Rechte
des freien Einzuges in alle kurkölnischen Städte
und Schlösser erhalten. Die Reichsstadt Köln
sollte noch um eine besondere Summe geschätzt
werden. 8 )
Es ist nicht anzunehmen, daß Erzbischof Ruprecht
die Tragweite eines solchen Abkommens mißkannt
habe. Wußte doch das ganze Reich, welches die
') Ennen a. a. O. S. 488 f.
2 ) Lacomblet IV. 466. Chmel, Regest« Friderici IV.
S. 661.
3 ) SncumMet IV. 468; vgl. Nenjahrsblntt des
Vereins für Geschichte u. Alterthumslunde zu Frank
furt a. M. 1877, S. 9; sowie Ennen a. a. O. S. 491.
Folgen sein würden, wen» die Ausführung ge
lang, und die Chroniken der deutschen Städte
lassen uns die Sorge erkennen, mit der die
städtischen Gemeinwesen wenigstens die Fort
schritte des Burgunders am Rheine beobachteten:
hatte Karl der Kühne erst diesen Strom in
seiner Gewalt, so hatte er das Reich zu seinen
Füßen.
Die Pläne des Mannes entbehren nicht der
Großartigkeit. Aber er hat das Mißgeschick,
auf eine Entfaltung der urwüchsigen deutschen
Volkskraft zu stoßen, die alle seine Pläne zu
nichte macht: im Süden sind es die Schweizer,
am Niederrhein das kleine N e u ß, und hier
vor allem die hessische Besatzung, die seine Pläne
scheitern lassen.
So ist es auch kein Zufall, daß von allen
deutschen Chronisten jener Zeit der Baseler-
Kapellan Hans Knebel am besten über die
Vorgänge am Niederrhein unterrichtet ist,') und
daß ein Einfall der Schweizer mit dem Herzog
Sigismund von Oesterreich in das Elsaß Karl
den Kühnen am Losschlagen gegen Landgraf
Hermann verhindert.
Diese Diversion veranlaßte den Herzog von
Burgund, die Friedensverhandlungen, zu wel
chen ihn das Domkapitel von Köln einlud, für's
erste nicht von der Hand zu weisen. Doch zeigt
sein diesbezügliches Schreiben an Ruprecht deut
lich die Absicht, das Kapitel nur damit hin
zuhalten, bis er im Süden freie Hand bekam. 2 )
Ein Tag wurde auf den 20. Mai nach
Maestricht angesetzt und auch der Erzbischof er
sucht, dorthin Bevollmächtigte zu entsenden, so-
daß noch einmal die Aussicht zum Frieden vor
handen zu sein schien. Landgraf Hermann, wel
cher mit seinen hessischen Söldnerscharen wesent
lich im Vortheil war und bereits eine Anzahl
') Basler Chroniken, hgg. von der hist. u. aniiqu.
Eesellschaft in Basel. Bd. II. 1880.
0 Abgebe. bei Lacomblet, IV. 470.