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er kleidet seine Sulidaten, so viel besser als er
kann/' dann sperrte alles Mul un Nase uff.
„Wenn's iwest getzt, komme ich bale Widder/'
sproch hä zeletzt zun Marthchen, un wie hä
nsgedient hatte, un als Gefreiter Heimen kam,
—
O Aellcnland.
O Hessenland, du Heimaterde,
Mein Herz in Treue an Dir hängt,
Wie sich mit liebender Geberde
Das Kind zu seiner Mutter drängt.
Wohl fand ich auch in weiter Ferne
Der Freundschaft und der Liebe viel.
Doch nie ich Dich vergessen lerne,
O Hessen, meiner Sehnsucht Ziel.
Hier sind die Gräber meiner Lieben,
Die mir der Tod zu früh entriß.
Hier ist das Mutterherz geblieben,
Deß Liebe immer mir gewiß.
Und bei den Hessinnen, da waltet
Der echten Liebe edler Geist,
Der Liebe, die da nie veraltet
Und die man deutsche Treue heißt.
O Hessenland, Du Heimaterde,
Der Segen Gottes ruht auf Dir,
Und wenn ich einst begraben werde,
Gewähre Du ein Plätzchen mir.
Eduard Sievert.
Ci« frische» Trunk, ei« froh' Gespräch.
Ein frischer Trunk, ein froh' Gespräch
In trautem Freundeskreise,
Hilft über manchen Stein hinweg
Ans dieser Lebensreise.
Wer keinen Trllnk vertragen kann
Deß Schicksal drum ist kläglich;
Doch schlimmer noch ist dran ein Mann,
Der selbst ist unverträglich.
Kermann Matter.
Aus alter un- neuer Zeit.
Ein lebendiges Familien-Lexikon. Vor
etwa 50 Jahren wanderte an einem schwülen Sommer-
Abend ein Mann, mit schwarzem Cylinderhut, weißer
Halsbinde und schwarzem Frack bekleidet, also unver
kennbar ein Geistlicher, mit hastigen Schritten auf
da gab's bale Hossig un de Frau Viehmännen
in Niederzwehren sprach zu den Grimms, wie
se enn ehre Märchen verzählte: „Und wenn sie
nicht gestorben sind, dann leben sie noch." —
dem Weg von Kaufungen nach Kassel. Denn einige
fern am Himmel drohende Gewitterwolken mahnten
ihn zur Eile. Da rasselte hinter ihm eine Kutsche
heran, und eine freundliche Mannsstiulme rief:
Wenn es Ihnen gefällig ist, Herr Pfarrer, so steigen
Sie zu mir in den Wagen! Es ist hinreichend Platz
für uns beide, und ich werde mich freuen an Ihnen
einen Gesellschafter zu haben. Nichts konnte dem
Wanderer erwünschter sein. So machte er denn mit
verbindlichstem Dank von der Einladung Gebrauch
und nahm neben dem freundlichen fremden Herrn
Platz. Nach den ersten Begrüßungsworten wendete
sich die Unterhaltung der umliegenden Gegend zu.
Hierbei deutete der Pfarrer auf eine Reihe dunkler
Erdhaufen, welche man in einiger Entfernung zur
Seite des Weges sah, und fragte, was diese bedeuteten.
Sein Begleiter antwortete, es sei dies ein Torfstich,
und setzte auf die weitere Frage, wem derselbe gehöre,
mit einem gewissen Lächeln hinzu, er gehöre dem
Steuerrath Carvacki, der im Auftrag der Preußischen
Regierung zu Kassel bei der Erhebung der Zölle be
schäftigt sei. Carvacki? fragte der Pfarrer. Etwa
Karl Carvacki, der Sohn von Anton Carvacki?
Allerdings, antwortete der Andere. Aber wie kommen
Sie denn zur Kenntniß dieser aus Ostpreußen
stammenden Familie? O, erwiderte der Pfarrer, die
Glieder dieser Familie sind mir sehr wohl bekannt.
Der Vater von Anton war Franz Carvacki, der sich
mit seinen beiden Brüdern Joseph und Felix in das
väterliche Erbgut theilte. Sein Begleiter saß während
dieser Rede wie erstarrt da. Endlich hob er an:
wissen Sie denn, mit wem Sie fahren? Nein, sagte
der Pfarrer, ich habe bis jetzt nicht die Ehre. Nun,
prach der Andere, so erfahren Sie denn, daß ich
jJoseph Carvacki, Antons Sohn bin, aber selbst nicht
soviel von meinen Vorfahren weiß, als Sie. O, da
könnte ich, erwiderte der Pfarrer, die Genealogie
Ihres Hauses noch weiter hinauf angeben, wenn Sie
es wünschten. Denn für Familienverhältnisse habe
ich ein so treues Gedächtniß, daß ich niemals etwas
von dem vergesse, was ich irgendwo darüber gehört
oder gelesen habe. Genealogie ist mein Steckenpferd.
Und in der That war es so. Er besaß eine
Kenntniß einigermaßen namhafter Familien, die an
das Unglaubliche grenzte. Dies zeigte sich namentlich
in den Kriegsjahren von 1813 — 15. Damals soll
er einem preußischen Husaren-Offizier, der bei ihm
einquartiert wurde, mit der Frage entgegengetreten