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Und iverns gelingt, am Bergeshang
Die Wunderblume )u pflücken,
Der mag im tiefen Bergesgang
Den alten Kaiser erblicken,
Der sieht in schimmernder Pracht fürwahr
Ihn auf krystallenem Throne,
Mit silberweißem Bart und Haar
Und mit der güldenen Krone.
Er winkt Dich lächelnd )u sich herein
Wohl in die weilen Gänge;
Wie blitzt und gleißt das edle Gestein,
Das rote Gold in Menge.
Ja, selbst des Kaisers Angesicht,
Wie leuchtet es so milde,
Schier gleich dem goldnen Sonnenlicht
Da draußen im Gefilde.
Und wenn er winkt mit seiner Hand,
Dir von dem Schatz )u spenden,
Wirst Du der reichste Mann im Land,
Kaufst Zinsen Dir und Renten.
Rur in dem Drang nach Golde darfst
Das Eine Du nicht versehen:
Wenn Du die Blume von Dir warfst,
Ists um den Schatz geschehen. —
So hofft' auch ich, nach Kinder Art,
Die Blume einst )u finden.
Doch da ich mählich älter ward,
Sah ich die Hoffnung schwinden;
Und hab' im Rausch der Jugend gar
Des lieben Bergs vergeffen,
Da ich der Heimath ferne war
Und fern dem Land der Heffen.
Run kehre ich als Mann zurück
Zum Ddenberg, dem alten.
Richt sucht die Blume mehr mein Blick
Rm Gold in Felsenspalten.
Doch was im Thäte mir gelacht,
Beglänzt vom Sonnenscheine,
Das hat mich reicher noch gemacht,
Als Er; und edle Steine.
Mir liegt im goldnen Sonnenstrahl
Der gan)t Gau )u Füßen;
Es kann der Blick mit einem Mal
Das weite Land umschließen.
——
Und Dich vor allem grüß' ich dort,
D alte Stadt der Chatten!
Wie steigst Du auf, mein Heimatsort,
Im Kran) von grünen Matten.
Du lehnst so still am Berge dort,
Als waltete der Frieden
Des hohen Gottes fort und fort,
Des Name Dir beschieden,
Du Heimath, wo der Liebe Hauch
Die Jugend mir umhegte,
Und wo ich möchte, daß man auch
Mich einst )u Grabe legte.
Dach weg! Laß l)cut 1 die Thräne nicht
Umschleiern Dir die Augen!
Es witl im hellen Sonnenlicht
Melancholie nicht laugen.
Hörst Du? — schon tönt der Pauken Klang,
Der Flöten und der Geigen.
Schon stellt man an des Berges -Hang
Sich auf )um lustigen Reigen.
Sieh nur, die Mägde schlank und hoch,
Wie schau'« sie so verwegen! '
Sie würfen sich wohl heute noch
Dem Römerfeind entgegen,
Wenn um das Dorf der Kampf entbrannt,
Die Schlacht verloren wäre, —
Und schwängen mit gewaltiger Hand
Das Schwert um ihre Ehre.
Und auch die Männer sind nicht fein,
Zum Streite leicht )u regen;
Dann schlagen sie gewaltig drein
Mit ungefügen Schlägen.
Doch bieder sind sie, schlicht und recht,
In Sitten streng gemeffen,
Ein urgermanisches Geschlecht,
Der edle Stamm der Heffen.
Und wie des Volkes Her)e schlug
Bereits vor tausend Jahren,
So woll' es Gott vor Lug und Trug
Auch fernerhin bewahren.
Roch manches lange Säkulum
Wohn' es und baue Häuser
Rm seinen Ddenberg herum,
Und glaub' an seinen Kaiser!
Kugo ZLrunner.