SG
unter Mercier's Führung so geschickt ausgeführt
wurde, daß das vereinigte schwedisch-hessische Heer
fast ohne jeden Verlust nach Münden entkam.
Auch daß Baudissin im Oktober desselben Jahres
ungehindert seinen Zug nach dem Rhein aus
führen konnte, war in erster Linie das Verdienst
des kleinen Jakob, der ihm den Rücken deckte.
— Noch zu Ende des Jahres 1632 am 8. De
zember überfiel Mercier in einem Dorfe des
Amtes Zierenberg (der Name war nicht genau
zu ermitteln) mit nur 150 Reitern drei feind
liche Fähnlein mitten in der Nacht, nahm den
kommandirenden Offizier gefangen, während der
größte Theil der feindlichen Reiter in den
Flammen der von den Hessen angezündeten
Häuser umkam. *)
Vor allem gehört aber hierher die allein seiner
persönlichen Kühnheit zu verdankende Eroberung
der Stadt Dorsten. **) — Mit Beginn des
Jahres 1633 faßte Landgraf Wilhelm den Ent
schluß, zur Erweiterung und Sicherstellung seiner
westfälischen Eroberungen sich in den Besitz der
unteren Lippegegend zu setzen und war ihm
namentlich viel an der Eroberung der Stadt
Dorsten gelegen, welche ein fester Stützpunkt für
seine weiteren Unternehmungen werden sollte.
Schon am 10. Januar 1633 rückte ein starkes
hessisches Heer, dessen Vorhut der Oberst Mercier
kvmmandirte, gegen Brakel vor. Da die Ueber-
gänge der Lippe von einigen tausend münster
ländischen Bauern besetzt waren, zog er auf dem
Südufer nach Dortmund und Recklinghausen und
legte das schwarze Regiment zu Fuß unter Oberst
Johann von Uffeln in erstere Stadt. Landgraf
Wilhelm hatte mit dem Gros seines Heeres bei
Horneburg (zwei Meilen östlich von Reckling
hausen) Stellung genommen, um nach kurzer
Rast von da aus seinen Angriff auf Dorsten zu
richten. Diese Stadt war mit einer starken,
auf Drängen des Erzbischofs von Köln von
„den westischcn Ständen" gemeinsam geworbenen
Kompagnie besetzt, und hätte diese in Verbin
dung mit der wehrhaften Bürgerschaft dem Feinde
einen energischen Widerstand entgegensetzen können.
Trotzdem faßte Jakob Mercier den kühnen,
seinem Charakter durchaus entsprechenden Ent
schluß, den Versuch zu wagen, vor dem gewalt
samen Angriff des Landgrafen, sich mit List in
den Besitz der so wichtigen Stadt zu setzen. Als
Bettler verkleidet, schlich er sich ganz allein am
8. Februar, es war Fastnacht-Dienstag, in die
schlecht bewachte Stadt und überzeugte sich per
sönlich davon, daß sowohl seitens des Bürgcr-
*) Rommel. Geschichte von Hessen. 8. Bd. p. 220.
**) Dr. Evelt, Beiträge zur Geschichte von Dorsten in
der Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alter
thumskunde. 26. Bd. p. 89. Münster 1866.
Meisters Johann Burich, als auch seitens des
Hauptmanns Wolfrath, der die oben erwähnte
Kompagnie befehligte, in unverantwortlicher Sorg
losigkeit nichts geschehen war, um dem drohenden
hessischen Unwetter zu entgehen. Im Hause des
Bürgermeisters war gerade eine lustige Hoch
zeitsgesellschaft versaminelt. Mercier begab sich
dahin und verlangte eine Unterredung mit Burich
und Wolfrath, die ihm auch gewährt wurde. Es
gelang ihm, die beiden Aiänner, in deren Hand
das Schicksal der Stadt ruhte, ihnen die Nutz
losigkeit eines dauernden Widerstandes vorhaltend,
zu einem Vertrage zu überreden und noch ehe
die Bürgerschaft etwas von den Verhandlungen
ahnte, rückten die vor dem Thore harrenden
hessischen Truppen den 9. Februar, am Ascher
mittwoch Morgen, in die Stadt ein.
So war es dein waghalsigen Auftreten eines
einzigen Mannes gelungen, einen wichtigen
Straßenknotenpnnkt und gesicherten Lippeübergang
in hessischen Besitz zn bringen, der namentlich
für die Verbindung mit den Niederlanden von
besonderer Bedeutung war. Zwölf Kanonen,
darunter sieben eiserne, fielen dem glücklichen
Besitzer in die Hände. Hauptmann Wolfrath, der
freilich keinen Beweis seiner militärischen Leistungs
fähigkeit geliefert hatte, trat in. hessische Dienste
und seine Mannschaft wurde nach der Sitte oder
vielmehr Unsitte der damaligen Zeit untergesteckt,
d. h. in andere Truppen vertheilt.
Der größte Theil des hessischen Heeres zog
bereits andern Tages weiter nordwärts in das
Münsterländischc, es blieben zunächst acht Kom
pagnien des rothen Regiments zu Fuß unter
Oberst Otto Reinhard von Dalwigk in Dorsten
als Besatzung zurück. Mit Hilfe der aus der
Umgegend requirirten Bevölkerung wurde die
nur mangelhaft befestigte Stadt unter Leitung
des Ingenieurs Johann Adriansch zu einer
Festung umgebaut und nach und nach mit 16
Bastionen umgeben. Gleichzeitig wurden große
Magazine errichtet, und unter der Aufsicht des
hessischen Generalproviantmeisters Obersten Kurt
von Uffeln Proviant und Kriegsbedürfnisse aller
Art angehäuft. — Noch acht Jahre lang blieben
die Hessen in der durch Mercier's Verdienst er
worbenen Feste, bis nach ruhmreicher Verthei
digung unter General Geise, durch ehrenvolle
Kapitulation die Kaiserlichen 1641 wieder in
den Besitz der Stadt gelangten.
Von den weiteren Waffenthaten Mercier's
wäre noch Folgendes zu erwähnen. Am 22.
Mürz erschien er plötzlich mit seinen Reitern vor
Paderborn, überrascht die Besatzung, welche mit
Hülfe der Bürgerschaft gerade im Begriffe war,
einige vor den Thoren gelegene Gebäude nieder
zureißen, vollständig und schneidet ihnen den