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es hatte nämlich das Institut der Werbungen,
so daß Wagen er in seinem Gesellschaftslexikon
(IX. S. 386) sehr richtig sagt: es sei „eine
Umkleiduug der alten Landsknechtspraxis" gewesen,
„in welcher das Kriegshandwerk eben ein Hand
werk ist." Wer mag nun daran den Maßstab
eines späteren Jahrhunderts legen, ohne sich nicht
selber einzugestehen, daß er sich damit lächerlich
macht? Geradezu albern aber ist cs, darüber einen
Einzelnen zu geißeln und alle klebrigen frei aus
gehen zu lassen.
Kriegsbündnisse, Traktate abzuschließen, dies
Recht stand schon in den ältesten Zeiten denjenigen
Fürsten zu, welche das Völkerrecht hatten, welche
souverän waren. Und noch mehr: Subsidien-
verträge znm Zwecke der Kriegsführung kannte
sogar schon das graue Alterthum, denn die
10,000 Griechen, die Xenophon dem jüngeren
Cyrus gegen den Artaxerxes zuführte, waren
gerade so gegen Geldzahlung geliehene Truppen,
wie diejenigen es waren, welche König Agesilaos
II. von Sparta dem Tachos gegen die Perser in
eigener Person zu Hülfe brachte.
Im deutschen Mittelalter ist der Brauch häufiger
zu finden. Erst recht aber treten die Subsidien-
verträge in Deutschland nach dem 30 jährigen
Kriege zu Ende des 17. Jahrhunderts auf und
bei der Belagerung von Negroponte 1688 standen
gleichzeitig Subsidientruppen aus Hessen, Baden,
Würtemberg, Waldeck und Meiningen in ve-
netianischem Solde gegen die Türken.') Die
s. g. Werbeheere waren übrigens in Frankreich
längst bekannt, bevor man in Deutschland daran
dachte.
Aus dem Umstande, daß schon Kaiser Friedrich
I. bei abzuschließenden Reichsbündnissen und
Kaiser Friedrich III. bei Schließung des Konkor
dats mit dem Papste den Rath der Stände
hörten, haben verschiedene Schriftsteller •) schließen
wollen, daß ehedem selbst der Kaiser zum
Abschluß derartiger Verträge keine freie Gewalt
gehabt hätte. Das ist jedoch falsch und dabei
offenbar übersehen, daß es einem so unumschränkten
Monarchen, wie es anfangs die deutschen Kaiser
waren, wohl frei stand, der Reichsstände Rath
zu hören, daß er jedoch dadurch keineswegs
eine Pflicht auf sich nahm, nach deren Rath zu
handeln.
Später freilich haben die Reichsstände es ver
mocht, dahinzugelangen, daß ihre Stimme nicht
nur gehört, sondern auch befolgt wurde, so daß
Maximilian Kundin Folge der Wahlkapitulatiou
i) Siehe die hessische Ehrentakel auf S. 320 des
.Hessenlandes".
fi Scheitemantel, Repertorium des deutschen Staats-
rcchts I, 432, §. 5.
weitmehr »och Carl V. sowie Ferdinand III. sich
ausdrücklich ihres Rechtes begaben. Man kann
sagen, daß erst unter dem erstgenannten Kaiser
auf die eigentliche Befugniß, Bündnisse zu schließen,
besonders aufmerksam gemacht wurde.')
Das war nun zwar eine Einschränkung,
aber gewiß keine A u f h e b u n g des Bündnißrechtes.
Indem jedoch die Kaiser selbst, schon aus dem
einfachen Grunde, weil die jährlichen Ver
sammlungen nicht regelmäßig abgehalten wurden,
sich ihrerseits gar nicht so streng an das dieser-
halb nachmals in ihren Wahlkapitulationen ge
gebene Versprechen banden, entstanden verschiedene
Beschwerden der Reichsstünde, obwohl ihr Protest
noch auf dem Wahltag von 1658 ohne alle Folge
blieb. Zwar wurden die Forderungen der Fürsten,
in den Kapitulationen Joseph I. und Carl VI.
berücksichtigt, aber trotzdem schlossen sich §. 1 und
2 des Art. 6 der Kapitulation Carl VII. wieder
ziemlich der Fassung unter Ferdinand IV. an.
Dessen ungeachtet aber bildete sich das Bündniß-
rccht, freilich „unbeschädigt des Reichs und nach
Inhalt des Instruinsnti Pacis" immer weiter
aus. Sogar die Reichskreise — wie die
Association der Kreise von dem Jahre 163tz
mit Schweden, desgleichen von 1682, 1683, 1686
rc. k. beweisen — erlangten dies Recht; ja der
Kaiser bot 1674 dem schwäbischen Kreise selbst
einen Allianzvertrag an; wie denn überhaupt
Partikularallianzen des Kaisers, der mächtigen
Reichsstände und der Kreise nunmehr gar nichts
mehr Neues waren. * 2 )
Es steht unumstößlich fest, daß die Reichsstände
nicht sowohl zeitliche Bündnisse schlossen, wie z. B.
der schwäbische Bund und die Geschichte von
Bayern, Brandenburg, Würtemberg rc. beweisen,
sondern auch s. g. ewige Bündnisse, z. B. zwischen
Böhmen und Polen. Ja, als einst Kaiser Rupprecht
dem Kurfürsten von Mainz das Recht, Bündnisse
zu schließen, untersagen wollte, drohte König
Carl VI. von Frankreich mit dem Kriege.
Den einzelnen Reichsständen aber geradezu
garantirt wurde dies Büudnißrecht, zur Hebung
aller Zweifel, im Osnabrück'schen Friedens-
Instrument Art. VIII, 8- 2, und im Münster'schen
Friedens-Instrument §. 63, daher wir denn später
in der Wahlkapitulation lesen:
„Sv viel aber die Stände des Reichs be
langt, soll denenselben in allen und jeden
das Recht, Bündnisse unter sich und mit
Auswärtigen zu ihrer Sicherheit und
Wohlfahrt zu machen .... frei bleiben."
Es war dann nur geboten, bei Offensiv-Bünd-
'1 z. B. in der Handhabung des Friedens von Worms
149.-,, §. 7.
2 ) Moser. Von Reichstagsgeschäften, S. 255, 615 u. 78ks.