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vorliegende historische Erzählung betrifft, so entrollt
sie uns ein lebensvolles Bild der sozialpolitischen
Kämpfe, die sich am Ende des 15. Jahrhunderts
auf dem Boden der freieil Reichsstadt Frankfurt ab
spielten. Der aufstrebende Bürgerstand, in den Zünften
verkörpert, ringt um Licht und Luft, welche ihm die
besitzesstolzen Adelsgeschlechter streitig machen. Der
Ausgang ist tragisch für die Zünfte; noch ist die
Zeit nicht gekommen, wo ihr gutes Recht triumphiren
sollte; aber das Morgenroth einer besseren Zukunft
zeigt sich schon am Himmel. Bon dem historischen,
durch die Anwesenheit des Kaiser Max (1495) mar-
kirten Hintergründe hebt sich eine wundersam lieb
liche Herzensgeschichte ab, der Liebesbund zwischen
Job Rohrbach, dem edelgesinnten Patricier und der
holden Afra, Tochter Peter Becker's, des kraftvollen
Führers der Zünfte. Es ist der Kampf der Mon-
tecchi und Capuletti, deutschen Verhältnissen angepaßt,
der vor unsern Angen vorüberzieht. Das junge
Glück der Liebenden muß zerschellen an den starren
Felsen des Borurtheils und der Beschränktheit.
Rühmenswerth ist die Charakterisirung der Gestalten,
welche uns in der Novelle entgegentreten. Sie sind
knapp und außerordentlich scharf gezeichnet: Peter-
Becker, der knorrige Plebejer, Hainann von Holz-
hausen, sein edler Widerpart, Eilchen von Rohrbach,
Job's Mutter, Hans von Bidlembach, vor Allem
aber auch das Liebespaar. Sie alle erwecken unsere
Theilnahme, weil wir fühlen: das sind keine aus
geklügelten Romanmenschen, sondern Wesen von
Fleisch und Blut. Wir wünschen der „Maikönigin"
(so heißt das Buch nach seiner Heidin Afra) einen
recht weiten Leserkreis und sind überzeugt, daß wir
für den Hinweis auf das treffliche Werk den Dank
des Lesers ernten werden. S.
Sriefkastcn.
Nach Davos. Ueber die Entstehung des Namens
„Konräderchen" für das kurhessische 1. Infanterie-
Regiment (Leibregiment) ist uns noch folgende gefällige
Mittheilung zugegangen, die auf diesbezüglichen Er
klärungen früherer kurhessischer Offiziere beruht: „Der
Name stammt allerdings aus dem Anfang der 30er
Jahre und hat folgende Entstehung: Um dem musikali
schen Gedächtniß der Soldaten zu Hülfe zu kommen,
werden den verschiedenen Signalen Worte unterlegt,
welche theils in den Kasernen entstanden, theils über
liefert sind und welche die Rekruten lernen müssen.
Diese Worte zu einem der Signale (irren wir nicht,
zum Essen) lauteten:
Kamerad komm', Kamerad komm'!
Kommst Du nicht, so hol' ich Dich
Und bring' Dich in Prison!
Bei einer Rekruten - Examination fragt der exami-
nirende Offizier einen Soldaten, der zufällig „Konrad"
hieß: Wie lautet das Signal zum Essen? worauf
dieser, der sich besser als „Konrad", denn als „Kamerad"
kannte, wohlgemuth antwortete:
Konrad komm', Konrad komm'! rc.
Danach wurde denn zuerst nur die 1. Kompagnie,
später das ganze Regiment die „Konräderchen" genannt.
Unter den Soldaten wurde diese Bezeichnung als
Spottname betrachtet und gab häufig zu Streitigkeiten
Veranlassung.
0. kl. Marburg. Ihr Gedicht „Liebesmai" ist ent
schieden verfrüht un) zwar in doppelt r Hinsicht; ein
mal verbietet der Kalender heute derartige lyrische
Ausschreitungen, dann aber dürsten Sie' kaum die
väterliche und mütterliche Erlaubniß zur Veranstaltung
eines „Liebesmai" haben. Sie müßten mindestens den
Berechtigungsschein zum Einjährigfreiwilligendienst be
sitzen, wenn sie so bedenklich unglücklich lieben wollen.
X. Rotenburg. Ihr Wunsch ist unerfüllbar.
R. R. Hanau. Wie Sie sehen, ist in gegenwärtiger
Nummer dem Mangel abgeholfen.
M. H. Melsungen. ' Letztgesandtes mit Dank er
halten. Brief folgt.
F. St. Kassel. Ihre freundliche Einsendung wird
in aller Kürze erledigt werden, worauf Ihnen Mit
theilung zugeht.
L. M. Nordhausen. Nr. III empfangen. Besten Gruß.
K. N. Kesselstadt. Stoffüberfülle ist Schuld daran.
Wir bitten noch um einige Mundartgedichte.
C. W. Kassel. Der „Blumen Geister" ist sehr
stimmungsvoll und wird erscheinen.
9t ach Salm ü n st e r. Das betreffende Gedicht
soll in einer der nächsten Nummern kommen. Sie
haben allerdings Grund zur Beschwerde, wir hoffen
aber, daß Sie uns entschuldigen.
A. R. Kassel. C, H. Kassel. K. R, Fulda. Wir
bescheinigen den Empfang Ihrer Sendungen und werden
Ihnen Näheres mittheilen.
R. T. Kassel. Sehr erfreut, wieder Etwas von
Ihnen zu hören.
Dringende Sitte an edle Menschenfreunde
um gütige Unterstützung einer unverschuldet in groste Armuth
gerathenen 86 Jahre alten, tauben und fast blinden Frau,
Tochter eines hessischen Bsfifiers, der den amerikanischen
Krieg im vorigen Jahrhundert mitgemacht hat,. Zur
Empfangnahme milder Gaben erklären sich die Redaktion
der Zeitschrift „Hestenlnnd", Jordanstraste 15, sowie die
Duchdruckerei von Friedr. Scheel, Schtostptatz 4, bereit.
MM- Es sind noch einige Einbanddecken für
den Jahrgang 1887 unserer Zeitschrift „Hessen-
land ' vorräthig. Abonnenten, welche darauf re
flektiern, werden ersucht, dies bei der Redaktion
zu melden. Sollten bei der Verthrilung der be
stellten Einbanddecken in der vorigen Woche Ver
sehen vorgekommen sein, so wird gebeten, die
Redaktion davon zu benachrichtigen, worauf sofort
Abhilfe erfolgen wird.
Redaktion und Verlag des „Hessenlandes".
Inhalt der Nr. 4 des „Hessenlandes": „Meine Vater
stadt", Gedicht von C. Mentzel; „Ueber die angeblich nach
Amerika verkauften Hessen", von Carl Preser (Forts.);
„Wie ich Soldat wurde", Kleines aus großer Zeit
(Fortsetzung); ..Hessische Ehrentafel" von I. Schwank
(Forts.); „St. Elisabeths Rosen", Skizze von E. Mentzel;
„Beiträge zur Geschichte der kurhessischen Artillerie", von
August von Baumbach; „Im Lauf der Zeit", Gedicht von
Nataly v. Eschstruth; „Auf den Tod einer jungen Schwester",
Gedicht von CH.; „Aus alter und neuer Zeit"; „Aus Hei-
math und Fremde"; Hessische Bücherschau; Briefkasten.
Verantwortlicher Redakteur und Verleger F. Zwenger in Kassel. — Druck von Friedr. Scheel in Kassel.