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münzergeschichte hineingelebt, daß es Anfangs schwer
hielt, die schlichte und natürliche Lösung zu verstehen
und zu glauben Eine Falschmünzerverurtheilung, sie
wäre doch so schön gewesen, behüte Gott! sie hat
nicht sollen sein.
Am Tage nachher wurde im Hoftheater das Lust
spiel „Die Schwestern von Prag" gegeben, darin sang
der beliebte Komiker Birnbaum als Einlage eine
Travestie des Liedes „Ich bin der Schneider-
Kakadu", worin cs unter andrem hieß:
In einer Stadt gar wohl bekannt,
Gelegen an der Fulda Strand,
Da ist mir etwas arrivirt,
Was g'wiß nicht alle Jahr passirt.
Ich trete in ein Wirthshaus ein,
Den Durft zu stillen mir,
Und mit 'nem Thaler blank und fein,
Zahl ich mein' Schoppen Bier.
Der Wirth zu meinem Mißgeschick,
Hat einen scharfen Kennerblick
Und sagt zu mir: Mein Herr!
Sie sind ein Falschmünzer.
Nun ruft er nach der Polizei,
Und seht, die ist auch gar nicht weit,
Die ist stets, wo ein Wirthshaus steht,
Zu hindern Zank und Streit.
Die nimmt mich, ohn' zu fackeln lang,
Sammt meinen Thalern in Empfang,
Und führt mich statt auf's Herbergel,
Zur Hauptwach und dann zum Kastell.
Nun wird ’ne Kommission ernannt,
Und die spricht tief gelehrt,
Das Geld ist falsch, 's liegt auf der Hand,
Doch nach 6 Tagen „hört.",
Da macht ein Münzmardein ihr klar,
Wie sehr sie auf den Holzweg war u s. w.
Von den näher Betheiligten an diesem Falschmünzer-
processe lebt niemand mehr als die Hauptperson,
der junge P-, der heute noch mit gutem Humor jenes
Vorkommnisses gedenkt. ^ tz. S.
Aus Heimat!) und Fremde.
Kassel. Am l. Februar starb zu Frankfurt a/M.
nach schwerem Leiden der kurfürstliche hessische Ge
heime Legationsrath Eduard von Goeddaeus in
seinem 72. Lebensjahre. Der Verblichene hinterläßt
den Ruf eines ebenso geistreichen wie liebenswürdigen,
durch die trefflichsten Charaktereigenschaften und die
umfassendsten Kenntnisse ausgezeichneten Mannes.
Sein Tod wird von allen, die dem feinsinnigen,
edelmUthigen Manne nahe standen, auf das Lebhafteste
betrauert. Die Redaktion unserer Zeitschrift ^Hessen-
land “ hat noch besonderen Grund, das Hinscheiden
des Herrn von Goeddaeus zu beklagen. War er
doch seit Begründung unserer Zeitschrift ein treuer
Freund und Gönner, ein eifriger Mitarbeiter der
selben. Der Nekrolog folgt in der nächsten Nummer.
— Am 2. Februar starb dahier nach langen!
schwerem Leiden der Pfarrer Professor Dr. Georg
Lindenko h l. Derselbe war am 17. März 1823
zu Dennhausen (Kreis Kassel) geboren, besuchte das
hiesige Gymnasium, welches er Ostern 1842 absol-
virte, studirte hiernach zu Marburg Theologie und
Philologie. Zu Anfang der fünfziger Jahre war er
zweiter Repetent der SUpendiaten-Anstalt zu Mar
burg (sog. Stipendiaten Major), ging hierauf nach
Italien, wo er zu Messina mehrere Jahre als evan
gelischer Prediger wirkte. In sein Vaterland zurück
gekehrt, wurde er im November 1855 beauftragter
Lehrer am Kasseler Gymnasium; zum ordentlichen
Lehrer wurde er Ostern 1856, zum Oberlehrer am
14. Juli 1869 befördert. Den Titel „Professor^
erhielt er am 21. December 1881. Hier war er ein
eifriges Mitglied des italienischen, des pädagogischen
und des mittelhochdeutschen Kränzchens. Zeitweilig
leitete er hier ein Pensionat, das namentlich auch
von Ausländern besucht war. Der Verblichene, wel
cher vor wenigen Jahren in den Ruhestand getreten
war, erfreute sich der allgemeinen Hochachtung. Seine
Kollegen, wie seine Schüler, seine zahlreichen Freunde
und Bekannten werden sein Andenken stets in Ehren
halten.
— Aus Steinau erhalten wir die Nachricht,
daß dort am 5. d. M. der Justizrath Rechtsanwalt
Wilhelm Zimmer m amt, fast 88 Jahre alt,
verschieden ist. Er war geboren am 12. Mai 1800.
Nach beendigtem Vorbereitungsdienst wurde er am
11. Januar 1830 als Anwalt nach Steinau reskri-
birt und in dieser Eigenschaft — seit 1867 auch als
Notar — hat er bis zum Sommer 1887 fungirt.
Er war bis zu seinem Ende geistesfrisch und würde
auch im vorigen Jahre sein Amt als Rechtsanwalt
und Notar noch nicht niedergelegt haben, wenn ihn
nicht das fast völlige Erlöschen seines Augenlichtes
dazu genöthigt hätte. Am 11. Januar 1880 wurde
sein fünfzigjähriges Anwalts-Jubiläum in Steinau
festlich begangen. Es wurde ihm bei dieser Gelegen
heit der Titel ^Justizrath", sowie seitens der Stadt
Steinau das Ehrenbürgerrecht verliehen. Z.
— Die diesjährigen Osterprogramme unserer
heimathlichen höheren Lehranstalten werden an
wissenschaftlichen Beilagen folgende bringen:
Kins, Die Athenische Kleruchie (Friedrichs-Gym
nasium Kassel).
Manns, Ueber die Jagd bei den Griechen
(Wilhelms-Gymnasium Kassel).
Wittich, Ueber Euripides' Iphigenie unter den
Tauriern und Goethe's Iphigenie auf Tauris
(Real-Gymnasium Kassel).