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dulcissima foecunda mater liberorum XXIV.
placide in domino obdormivit anno M — — —
XVIII Nov.
post quam yixerat LIII — — —
I diem
Hospes — — — — — in rem tuam
omn — — — — aequa — funera disce.
Hane — — — am conjugi dulciss — — —
marit — — —
Einzelne Gräber wurden geöffnet. Die älteren
enthielten morsche Knochen, in den weniger alten
wurden Bruchstücke von Perücken, Fetzen von seidnen
Strümpfen u. dergl. außer den zerfallenen Skeletten
gefunden.
Die Grabesruhe Mel's und seiner Gattin wurde
nicht gestört. Ihre Gräber blieben unberührt.
Was mag aus Mel's 24 Kindern geworden sein?
Die meisten starben jung. Nur 1 Sohn und
3 Töchter haben den Bater überlebt. Ob Nachkommen
von diesen cxistiren? Wer weiß es!
Ein andrer Grabstein von Interesse ist der des
einst berühmten Mathematikers Friedrich R i s n e r.
Er lebte im 16. Jahrhundert als Professor der
Mathematik in Paris, stand in enger Verbindung
mit P. Ramus (de Ramee) und begab sich, als
dieser sein Freund ein Opfer der Bluthochzeit ge
worden, in seine Vaterstadt zurück. Er starb hier
1580, wie aus der nachstehenden Inschrift des sein
Grab deckenden, wohl erhaltenen Steins ersichtlich ist.
Anno Dni. 1580, 17. Cal. Octob. pie in
Christo obiit clariss. vir Frid. Risner, insignis
et praestantiss. Mathematicus, qui hic terrae
mandatus, sonitum tubae exspectat, aetatis suae 47.
Ein Engel mit ausgebreiteten Flügeln entrollt
eine Tafel, auf welcher zu lesen:
Convertere animam meam in requiem tuam, quia
Dns benefecit tibi.
Psalm 114.
Zu Füßen des Engels findet sich ein Wappenschild,
welches ein Hirschgeweih zeigt, oder einen zackigen,
dürren Ast, ein Reis, den Namen des Verstorbenen
andeutend.
Dem geöffneten Grabe wurde der gut erhaltene
Schädel Nisner's entnommen und in einer in der
nördlichen Mauer des Kreuzschiffes, in der nächsten
Nähe des Grabes zu diesem Zwecke angefertigten
kleinen Nische ausgestellt, die alsdann mit einem
leichten Eisengitter geschlossen wurde. Frevelnde
Hände sollen das schützende Gitter nach einigen
Jahren entfernt haben, worauf dann der Schädel
bald verschwunden sein wird.
Die Familie Risner hat noch lange Zeit in
Hersfeld fortgedauert.
Einer der ältesten der noch vorhandenen Grabsteine
(ein romanischer) deckt das etwa in der Mitte des
Hauptschiffs der Kirche befindliche Grab Heinrichs j
III. von Boyneburg, Abts zu Hersfeld von
1262 bis 1278.
Das sorgfältig konturirte Bildniß des Abts, welches
denselben in vollem Ornate darstellt, den schweren
Hirtenstab in der Rechten, ein kleines Wappenschild
in der Linken, ist wohl erhalten, die Inschrift aber
zum größten Theil verletzt. Deutlich zu lesen sind
die Worte:
— — — — Abbas sublatus cub -— — —
Heinric. Kunrat Boyneborg nat. Deus er — —
Am westlichen Ende des nördlichen Seitenschiffs
findet sich der Grabstein eines „Heinrich von
Hattenbach" eingemauert. Der 1402 Verstorbene
— jedenfalls ein höherer Geistlicher — erscheint
auf der Grabplatte in eingegrabenen Umrissen im
Begriff den Wein im Kelche, den seine Linke hält,
zu weihen.
Dieses Grabsteins wird auch in von Dehn-Rotfelser's
„Baudenkmäler im Regierungsbezirk Cassel" gedacht
und wird Heinrich von Hattenbach daselbst als „Abt"
bezeichnet. Einen Abt dieses Namens hat es aber
niemals gegeben.
Die Inschrift in Mönchslatein lautet:
Anno milleno quater atque secundo —
Junii Kalend. non. quasi media nocte, obiit
Henricus de Hattenbach sic nominatus.
Das Bildniß auf dem Grabstein, wennschon nur
konturirt, ist sehr gut, Gewandung und Faltenwurf
vortrefflich.
Endlich gedenke ich noch eines Steines, welcher
in Relief das Bildniß (jedenfalls Porträt) eines
sehr würdig aussehenden alten Herrn mit Schnurr
und Kinnbart trägt. Der Hals steckt in gefältelter
Krause, auf der gestickten Weste ruhen die Hände ;
weite Kniehosen und lange Strümpfe, eingehüllt im
faltigen Radmantel.
Der hier Beerdigte, Herr Georg Rüdiger,
hat 4 Aebten als Sekretär gedient. Die sehr gut
erhaltene Umschrift lautet:
Anno domini MDXCI, XXIV Novemb. Hers-
feldiae obiit Georgius Rüdiger, quatuor abbatum
secretarius.
Rüdiger hat unter den Aebten Erato -f 1556,
Michael Landgraf, dem Gründer des Gymnasiums
zu Hersfeld f 1571, Ludwig Landau f 1588 und
Erato Weiffenbach f 1592 gearbeitet und zwar
zu der Zeit, als die Reformation auch im Stift
ihren Einzug hielt.
Es schwebt mir noch sehr deutlich vor, daß viele
Hersfelder hofften und erwarteten, die Räumungs
arbeiten möchten nun auch das Grab ihres alten
„Bruder Lulls", des Stifters und ersten Abts des
Klosters und dadurch Veranlassers der Entstehung
der Stadt Hersfeld, an den Tag fördern. Dies
traf nun, wie vorauszusehen, nicht ein. In der
Krypta unter dem hohen Chor steht aber noch heute