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Beginn des achten Jahrhundertes, und widmet sich
einer Schilderung, solcher selischen Kämpfe in den
Gemütern. Nur ein so sittlich gediegenes Volk als
die Germanen ihrer ursprünglichen Art nach waren,
vermochte die Offenbarungs-Wahrheit in ihrer lau
tersten Tiefe voll und ganz zu erfaßen. Wenn uns
Grebe als durchaus gläubiger Christ entgegen tritt,
so kennzeichnet und ehrt es doch auch sein deutsches
Gemüt, die Liebe zu edlen Vorfahren, daß er gleich
wol dem Scheiden der alten Götter wehmütigen Ab
schieds-Gruß mit Nichten versagt.
Im Falle der Geismarer Donars-Eiche, womit
tatsächlich das Heidentum in unserer nördlichsten
Mark seinen Abschluß fand, gipfelt auch Greben s
lebenswarme Dichtung. Ebenwohl der Gunst ward
unser Chatten-Stamm teilhaft, daß ihm das Christen
tum germanische Raffen-Genossen übermittelten: dem
Südwesten der westgothische Adaling S. Goar, dem
Nordosten der große Angelsachse Winfrid Bonifaz.
In sechzehen Abschnitte, deren jeder wiederum in
einzelne Gesänge zerfällt, gliedert Grebe in reicher
Ausführung seinen Stoff: Einleitung; der Eichen-
Hain; Brunons Jugend; die Weißagung der
Priesterin; ein Volks-Fest; das Gastmahl; die Flucht
der Geister vor dem Kreuze; auf der Gerichts-Stätte;
die Klagen; Bruno und Priester Wolfram; der
Kampf; Berta; der Hohen Untergang; die Befreiung;
der Fall der Eiche; Schluß.
„Hoch im Nord am Urdaborne
Nah' dem großen Welten-See
Webt und wirkt die heil'ge Norne,
Kiest auf Erden Wol und Weh."
hebet, im Heidentume stehend, die Dichtung an;
„Engel-Fürsten schwebten nieder,
Die dem Trone Gottes nah';
Laut ertönten Jubels-Lieder:
Soli deo gloria!"
ist die den Ausgang feiernde Strofe. —
Ergreifend schön sind manche Seiten des Gedichtes;
das dem Verlaufe der Ereignisse eingewobene Liebes
Schicksal entwickelt sich ungekünstelt durch mancherlei
herbes Leid zu glücklichem Ende.
In ethnologischer Hinsicht ist einiges verfehlt:
namentlich muß der chattische Stamm in seiner Ge
samtheit als eigenster echter Kern fränkischer (istäwischer)
Völkerschaften gelten; nicht als verwandtes Anhängsel.
Zumal in den Kämpfen wider Thüringe und
Sachsen waren wir Träger fränkischer Reichs-Geschichte;
nicht einmal gelegentliches Liebäugeln selbst heidnisch
gebliebener Chatten mit jenen überlieferten Wider
sachern unseres Stammes dürfte jemals unterstellt
werden. Auch kleine geschichtliche und volkstümliche
Irrtümer laufen wohl hie und da mit unter.
Selbstredend tuet derlei rein dichterischem Werthe
der Schöpfung G r e b e n s keinen Abbruch. Wir
empfehlen das, von vaterländischem wie gottseligem
Sinne zeugende Büchlein — das dem Andenken des
seligen Herrn Metroplitanes Vilmar zu Melsungen
gewidmet ist — der Leserschaft unserer lieben Zeit
schrift „Hessenland" zu freundlicher Teilnahme und
etwa geneigter Beachtung als weihnachtliches An
gebinde. Die Ausstattung ist gefällig; Wahl wissen
schaftlicher germanistischer Schreibung, anstatt der
neuen schulmäßigen Alfanzerei hätte einzig zum Stoffe
gepasst. Kermann v. Pfister.
Wir verfehlen nicht, die Kunstliebhaber unter den Lesern
des „Hessenlandes" darauf aufmerksam zu machen, daß
am Montag den 26. November in Leipzig durch die Kunst
handlung von C. G. Boerner der Verkauf des sehr reich
haltigen Kunstnachlasses der Künstlerfamilie Ruhl aus
Kassel stattfindet. Begründer der sehr bedeutenden
Sammlung war der Hofbildhauer Professor Johann
Christian Ruhl (lebte von 1764 — 1842 in
Kassel); fortgesetzt wurde dieselbe von seinen beiden
Söhnen, dem in März 1887 dahier verstorbenen
Geheimen Hofrath Ludwig Sigismund Ruhl und
dem Ober-Hofbaudirektor Julius Eugen Ruhl (ge
storben in Kassel am 27. November 1871). Der
Katalog, welcher in der G. Klaunig'schen Hofbuchhandlung
dahier, einzusehen ist, umfaßt 569 Nummern, von denen
die meisten mehrere Blätter enthalten.
Briefkasten.
Mehreren Mitarbeitern. Wir bitten um Angabe
von Namen (nicht Buchstaben) zur Unterzeichnung Ihrer
Einsendungen. Das gilt insbesondere für C. R. (Hohen
stein bei Chemnitz); 0. W. F. (Kassel); Aug. R. (Kassel);
H. Ch. in N. (Bayern); M. S. (Haina).
E. Bn. Fulda. Wir sind Ihnen noch einen Brief schuldig
und gedenken in Bälde unserer Verpflichtung nachzukommen.
M. H. Regens bürg. Dürfen wir „Weihnachtsgebet"
verwenden und unter welchem Namen?
E. II. Kassel. 8. B. Trier. Warum hören wir nichts
von Ihnen.
H. R. H. Kassel. Soll im Frühjahr verwendet werden.
G. N. Hanau. C. H. Fulda. M. K. 0. in G. (bei
Schlüchtern). Nicht verwendbar. Probiren Sie es mit
einer zweiten Sendung.
R. in Berlin. Trabert's Gedichte erregen allgemeines
und berechtigtes Aufsehen. So kräftige Klänge schlagen
selten an unser Ohr. Das Büchlein eignet sich trefflich
zum Weihnachtsgeschenk.
Berichtigung.
In dem Artikel „Hessische Offiziere" in der vorigen
Nummer unserer Zeitschrift, Seite 327, Spalte 1, Zeile
28 ist statt Christian Bödicker zu setzen: Herm. Phil.
Reinh. Bödicker.
Verantwortlicher Redakteur und Verleger F. Zwenger in Kassel. — Druck von Friedr. Scheel in Kassel.