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kurze Angaben aus der Geschichte des Städtchens
Hünfeld werden unseren Lesern nicht unerwünscht sein.
Im Jahre 782 schenkte Karl der Große das Feld,
welches Hünfeld genannt wurde, dem Stifte Fulda.
Dieses legte daselbst ein Kloster an, neben welchem
ein Dorf entstand, das schon frühe durch eine Burg
befestigt wurde, die nach 1274 als die alte Burg
Hünfeld bezeichnet wird. Nachdem das Kloster in
ein dem heiligen Kreuze gewidmetes Chorherrenstift
verwandelt worden war, und Hünfeld schon einen
Marktplatz und auch befestigte Häuser besaß, wurde
es zu einer Stadt erhoben und 1310 von Kaiser
Ludwig IV., dem Bayer, mit dem Stadtrechte von
Gelnhausen begnadigt. Als 1359 zwischen dem
Abte von Fulda, Heinrich VII. von Kralucke und
dem Landgrafen von Hessen Heinrich II., dem Eisernen,
sich eine Fehde erhob, eroberte Otto der Schütz, der Sohn
des Landgrafen, Hünfeld, indem er dasselbe in der
Nacht vom 25. November mittelst Sturmleitern
erstieg. Aber nur kurz war der Besitz, denn bald
erschien ein fuldischer Heerhaufen und warf die
hessische Besatzung siegreich hinaus. Als Landgraf
Philipp der Großmüthige 1525 gegen die auf
rührerischen Bauern zog, welche bei Fulda lagerten,
wurde auch Hünfeld besetzt und 1526 in dem Streite
wegen Vertragserfüllung nochmals von den Hessen
erobert. Die Wandlungen, welche das Fuldaer Land
zu Anfang dieses Jahrhunderts betrafen, erstreckten
sich auch auf Hünfeld, bis es mit dem größeren
Theile des alten Fürstenthums Fulda 1816 an
Kurhessen siel. 1803 war vom damaligen Regenten
von Fulda, dem Erbprinzen Wilhelm Friedrich von
Oranien, das Chorherrenstift zu Hünfeld aufgehoben
und das Vermögen desselben größtentheils zur Stiftung
des Landkrankenhauses in Fulda verwandt worden. —
Aus Hünfeld stammte eine große Anzahl hervor
ragender Geistlicher der Diözese Fulda, von denen
wir hier nur des unvergeßlichen Bischofs Johann
Leonard Pfaff (geb. am 15. August 1775 zu Hünfeld,
gest. am 3. Januar 1848 zu Fulda), einer Zierde
des deutschen Episkopats, gedenken wollen.
Universitätsnachrichten. Professor der Rechts
wissenschaft Dr. Paul Jvers, seither in Kiel, ist
an die Universität Gießen berufen worden.
— Der Rücktritt des berühmten Professors der
Chemie, Geheimen Raths Dr. Robert Wilhelm
Bunsen in Heidelberg von seinem Lehramt ist
jetzt offiziell verkündet worden. Professor Bunsen
steht in seinem 78. Lebensjahre — er ist geboren
am 31. März 1811 zu Göttingen — und war be
kanntlich von 1836 — 1838 Lehrer der Chemie an
der polytechnischen Schule zu Kassel, von 1838—1851
Professor an der Universität Marburg, von wo er
zunächst nach Breslau, dann nach Heidelberg berufen
wurde.
— An der technischen Hochschule zu Darmstadt
hat Dr. Adolf Hansen aus Altona die venia
docendi für das Fach der Botanik erworben.
Todesfälle. Am 2. November d. I. starb zu
Hannover in seinem 77. Lebensjahre der vor-
hinnige Direktor des Hersfelder Gymnasiums Dr.
Georg Friedrich E y s e l l. Derselbe war ge
boren am 23. März 1812 zu Heiligenstadt, besuchte
das Lyceum zu Kassel, studirte von 1830—1833 zu
Marburg Philologie, war nach bestandenem Fakultäts
examen von 1834 bks 1835 Praktikant am Mar-
burger Gymnasium, wurde dann Hilfslehrer am
Gymnasium zu Fulda und von da im Sommer 1836
an das Gymnasium zu Rinteln versetzt, wo er bis zu
seiner Ernennung zum Direktor des Gymnasiums
zu Hersfeld im Jahre 1867 verblieb. 1876 trat er
in Ruhestand. Der Verstorbene war ein tüchtiger
Philologe; seine — unseres Wissens nicht im Druck
erschienene — Uebersetzung des Horaz war von
musterhafter Knappheit und Schönheit des Ausdrucks.
Dr. Eysell hat außerdem ein Werk über die „Jung
frau von Orleans« geschrieben, das in mehreren Auf
lagen erschienen ist. —
Am 13. d. M. verschied zu Marburg der seit
einer längeren Reihe von Jahren daselbst wohnende
Herr Major z. D. v. G ir on court. Der Verblichene
war im Jahre 1831 in Kassel geboren, absolvirte
die Kadettenschule und trat im Jahre 1849 als
Offizier in das kurhessische Artillerie-Regiment ein.
Im Jahre 1866 als Hauptmann in das schlesische
Artillerie-Regiment versetzt, machte er mit diesem den
Feldzug von 1870/71 gegen Frankreich mit, nahm
dann, da seine Gesundheit durch denselben angegriffen
worden, seinen Abschied und im Jahre 1878 seinen
dauernden Aufenthalt in Marburg. Hier widmete
er sich insbesondere historischen Studien und zeichnete
sich durch reiche Kenntnisse der neueren, namentlich
der hessischen Geschichte aus, wie er denn auch als
einer der eifrigsten Förderer der Bestrebungen des
hessischen Geschichtsvereins galt und auf diesem Ge
biete namentlich durch seine gediegenen Vorträge über
frühere hessische Militärverhüllnisse in: Marburger
Geschichtsverein, sowie durch einen, im Jahre 1886
gelegentlich der Generalversammlung des hessischen
Geschichtsverein in Homberg gehaltenen großen Vor
trag, in weiteren Kreisen bekannt wurde. Seit Jahren
leistete der Verblichene auch als Volontär auf dem
Marburger Staatsarchiv die besten Dienste, wo er
sich um die Sichtung und Ordnung der Militär
urkunden ein großes Verdienst erwarb. In gleich
vortrefflicher Weise wirkte er als langjähriger Biblio
thekar der Museumsgesellschaft in Marburg, deren
Bibliothek er mit großem Fleiße in die beste Ver
fassung brachte und sich, neben seinen sonstigen rühm
lichen persönlichen Eigenschaften, durch welche er sich
die allseitige Liebe und Achtung seiner Mitbürger er-