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Wenn man vor dem Frankfurter Thor unter der
von der Bellevue nach der Rondelstraße führenden Brücke
durchgegangen ist, gewahrt man gleich neben derselben
zur linken in der Steinwand eine große steinerne
Tafel eingemauert, in welche mit großen lateinischen
Buchstaben folgende Inschrift eingehauen ist:
Pavente Deo T. 0. M.
Carolus Hassiarum Landgr.
Princeps optimus
Porticum haue cum fortalitio posuit
Et suis et posteris conservavit.
Anno aerae Christianae MDCC1V.
Diese Tafel war früher über den vom Landgrafen
Karl erbauten, von Wilhelm IX. 1802 abgebrochenen
Frankfurter Thor angebracht. Wilhelm IX. verlegte
das Thor weiter nach der Stadt zurück, ließ aber
an der Stelle, an welcher das von Landgraf Karl
nach Erbauung der Oberneustadt errichtete Thor ge
standen, die Steinplatte mit vorstehender Inschrift
einmauern.
Wir glauben, es wird manchem der verehrlichen
Leser dieser Zeitschrift vorstehende Mittheilung von
Interesse sein. J. Schwk.
Aus Anmuth und Fremde.
Landgraf Friedrich Wilhelm Am 16.
Oktober traf telegraphisch die Nachricht ein, daß
der Landgraf Friedrich Wilhelm von Hessen
auf der Reise von Batavia nach Singapore durch
einen Sturz über Bord verunglückt sei. Der
selbe ist geboren am 15. Oktober 1854 zu Kopen
hagen als der älteste Sohn des am 14. Oktober 1884
verstorbenen Landgrafen Friedrich, des Thronfolgers,
wie man ihn früher als den nächsten Erben zu der
Herrschaft in Kurhessen und in Dänemark nannte.
Die Jugendjahre verbrachte Prinz Friedrich Wilhelm
von Hessen in Kopenhagen. Von 1865 bis 1872
besuchte er das Vitzthum'sche Gymnasium zu Dresden.
Im Jahre 1873 bezog er die Universität Bonn, wo
er zwei Jahre Rechts- und Staatswissenschaft studierte,
in Poppelsdorf sich auch mit der Land- und Forst
wirthschaft vertraut machte. Für das Studentenleben
hatte er eine große Vorliebe und stand im
engeren Verkehr mit dem aristokratischen Corps Bo
russia. Nach beendigter Studienzeit trat er in die
preußische Armee ein, der er eigentlich schon seit dem
Jahre 1871 als Seconde-Lieutenant ä la suite des
Thüringischen Ulanen-Regiments Nr. 6 angehört hatte.
Im Königs-Husaren-Regiment, 1. Rheinischen Husaren-
Regiment Nr. 7, verblieb er bis 1882, in welchem Jahre
er zum Garde-Husaren-Regiment versetzt wurde. Durch
den Tod seines Vaters am 14. Oktober 1884 wurde er
Chef seines Hauses. Er trat nunmehr aus dem aktiven
Dienste aus und wurde als Major äla suite der Armee
gestellt. Im Frühjahr 1885 begann er seine größern
Reisen und im Sommer 1886 trat er eine Reise um die
Erde an. Im April d. I. traf der Landgraf, der
unter dem Namen eines Barons von Klemp reiste,
an Bord des „Hohenzollern" in Adelaida in Australien
ein, von wo er eine Rundreise durch die australischen
Kolonien machte. Von da begab er sich nach Java,
wo er sich längere Zeit aufhielt. Zum Frühjahre
1889 sollte seine Heimkehr stattfinden. In seiner
Begleitung befanden sich Major von Hugo, Landrath
von Trott von Höchst und Graf Werner von der
Schulenburg. Nach Zeitungs - Mittheilungen soll
übrigens die Reise des Landgrafen keine reine Ver
gnügungsreise gewesen, sondern zum Theil wenigstens
im Interesse der deutschen Kolonialpolitik unter
nommen worden sein. Vom Reichskanzleramte soll
der Landgraf wichtige auf die Kolonialpolitik bezüg
liche Aufträge in Empfang genommen haben. Sein
Nachfolger als Chef des Hauses und Landgraf von
Hessen ist sein Bruder Alexander, geboren am 25.
Januar 1863 zu Schloß Panker in Holstein.
I. G e g e n b a u r. (Schluß.) Besonderes Ver
dienst hat sich Professor I. Gegenbaur durch seine
gründlichen Forschungen auf dem Gebiete der Geschichte
Fulda's erworben, die bekanntlich vom frühesten
Mittelalter bis in die neuere Zeit in kulturhistorischer
Beziehung von größter Bedeutung ist. Hierin
gipfelt seine Thätigkeit als Schriftsteller, die allge
meine Anerkennung in der Gelehrtenwclt sowohl,
wie bei dem größeren gebildeten Publikum gefunden
hat. Wir verdanken ihm eine große Anzahl vor
trefflicher historischer Monographien, die er größten
teils als wissenschaftliche Abhandlungen der Fuldaer
Gymnasial - Programme veröffentlichte. Nachstehend
gestatten wir uns ein Verzeichniß seiner Schriften
aufzuführen, soweit uns dieselben bekannt geworden
sind. Im Jahre 1856 erschienen seine „Beiträge
zur Gelehrtengeschichte Fulda's, 1. die Klosterschule" ;
1861 veröffentlichte er „Geschichte der religiösen
Bewegung im Hochstifte Fulda während des 16.
Jahrhunderts"; 1863 gab er die Schrift „Gangolf
Hartung, eine fuldaische Chronik aus der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts" heraus. Von 1872
bis 1874 erschien in drei Abtheilungen das Werk
„Das Kloster Fulda im Karolinger Zeitalter":
I. „die Urkunden", II. „Buchonia und das Grab
feld", 111. „das Grabfeld." Als im Juli 1877 der
Verein für hessische Geschichte und Landeskunde seine
Jahresversammlung in Fulda abhielt, war es
Gegenbaur, der als Festredner auftrat und durch
seinen gediegenen formvollendeten Vortrag über die
Gründung Fulda's neues Licht über manche bisher
noch dunkle und zweifelhafte Punkte verbreitete.
Dieser Vortrag ist als wissenschaftliche Beilage des
Fuldaer Gymnasial-Programms von 1878 im Druck
erschienen. Im Jahre 1881 gab Gegenbaur an
läßlich der Errichtung einer Gedenktafel für den