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bestrebt, vorhandene Mißstände gründlich zu be
seitigen, die vielfachen Schäden, welche der Krieg
verursacht, zu heilen, die zwischen den verschie
denen Gemeinden schwebenden Prozesse zu
schlichten. So verglich er auch jene Rechts
streitigkeiten, welche zwischen den Stiftslanden
und der buchischen Ritterschaft anhängig waren,
an Zahl nicht weniger als elf. Die Beamten
ermahnte er zur treuen Pflichterfüllung, un
parteiischen Rechtspflege und zur Beschleunigung
ihrer Amtsgeschäfte. Zurückgekehrt in seine Re
sidenzstadt Fulda, legte er unablässig und biszu
seinem Tode in allen Zweigen der Staatsverwal
tung, und zwar mit sichtbarem, von seinen Unter
thanen auch stets dankbarst anerkanntem Erfolge
die bessernde und fördernde Hand an. Auf ihn
paßt so recht der alte klassische Spruch nulla
dies sine linea.
Treffliche Stützen in der Ausführung seiner
Pläne hatte Fürstbischof Heinrich von Bibra an
seinem Kanzler Johann Eberhard Kaiser, dem
Superior des Benediktinerstiftes Freiherrn Karl
von Piesport und seinem Leibarzte Dr. Melchior-
Adam Weikard. Er hatte überhaupt die bei
Fürsten nicht hoch genug zu schätzende Gabe,
für die höheren Staatsämter stets die geeig
netsten Persönlichkeiten auszuwählen. Groß ist
die Zahl der Gesetze und Verordnungen, die er
erlassen; in der hiesigen Landesbibliothek ist
eine Sammlung derselben vorhanden, die mehrere
Bünde umfaßt, ebenso in der Landesbibliothek
zu Fulda. Selbstverständlich können wir uns
hier nicht mit denselben im Einzelnen beschäf
tigen, das würde zu weit führen und den uns
bemessenen Raum weit überschreiten, nur der haupt
sächlichsten Regierungshandlungen dieses erleuch
teten Fürsten wollen wir gedenken, die alle den
Beweis liefern, wie sehr ihm das leibliche und
das geistige Wohl seiner Unterthanen am Herzen
lag und mit welcher hohen Einsicht und welchem
sicherem Verständniß er dabei zu Werke ging.
Beginnen wir mit den wirthschaftlichen Ver
hältnissen, die damals in dem Stiftsgebiete noch
arg darnieder lagen. Um einen tüchtigen wohl
habenden Bauernstand allmälig heranzubilden,
ließ Fürstbischof Heinrich durch seinen Kanzler
Johann Eberhard Kaiser die ökonomischen Ver
hältnisse des Landes untersuchen und denselben
eine Belehrung für den Landmann abfassen, die
dann unter dem Titel „Bauernphysik" im Druck
erschien und unter die Gemeinden vertheilt wurde.
Ebenso ließ Heinrich von Bibra eine gedruckte
Anweisung über den Anbau der Futterkrünter
verbreiten, welche die Veranlassung zur Ein
führung des Kleebaues im Lande wurde. Unter
seine Justiz- und Verwaltungs-Beamte ließ er
hiernach „Bernhard's Dorfpolizei" vertheilen
und verlangte von jedem derselben ein schrift
liches Gutachten über die Anwendbarkeit der
darin enthaltenen Vorschlüge in dem betreffen
den Amtsbezirke. Der Fürst hatte dabei einen
doppelten Zweck im Auge: er wollte seine
Beamten dadurch nöthigen, sich mit dem In
halte jener Schrift genau bekannt zu machen,
dann wollte er aber auch aus den eingegangenen
Berichten ersehen, welche Männer sich unter
ihnen befänden, denen er die Ausführung der
von ihm beabsichtigten Verbesserungen anver
trauen könnte.
Als in den Jahren 1771 und 1772 im Ful-
daer Land in Folge von Mißwachs und Hagel
schlag, sowie durch die den Wucher fördernde
Sperre der Nachbarstaaten, eine Hungersnoth
auszubrechen drohte, war der landesväterliche
Fürst eifrigst bestrebt, diesem Uebel mit eigenen
großen Opfern, namentlich durch Verabfolgung
der Domanialfruchtvorräthe und Zuführung
ausländischen Getreides, vorzubeugen.
Im Jahre 1772 setzte Heinrich von Bibra eine Lan-
des-Oekonomie-Kommission nieder, welche zur Em
porhebung der Landwirthschaft bestimmt, und welche
noch besonders mit der Vertheilung der Wüstun
gen und mageren Hutweiden, die sich im Ge
meindeeigenthum befanden, beauftragt war.
Durch sie wurden mehrere tausend Morgen
Land urbar gemacht und konnten die letzteren
bis zum Jahre 1784 zu 615 Hüttneransiede
lungen verwendet werden. Auch eine landwirth-
schaftliche Versuchs- und Musteranstalt wurde zu
Erlenhof bei Neuhof gegründet und der dort an
gestellte Vorarbeiter angewiesen, allen Anordnungen
derOekonomie-Kommission nachzukommen, um aus
eigener Anschauung zu prüfen, ob die Vorschläge
derselben auch einen praktischen Erfolg hätten
und zur Nachahmung empfohlen werden könnten.
Von 1770 an wurden die suldaischcn Kalender
dazu benutzt, durch Aufnahme populär geschrie
bener landwirthschaftlicher Artikel, die zum Theil
der Feder des fürstlichen Leibarztes Dr. M. A.
Weikard entstammten, belehrend auf den Land
mann einzuwirken. Auch eine mineralogische
Durchforschung des Hochstifts Fulda ließ Fürst
Heinrich vornehmen. Er beauftragte zu diesem
Zwecke den Mineralogen I. K. W. Voigt von
Weimar mit der Untersuchung, „ob und welche
Mineralien sich im Lande befänden, die bau
würdig seien." Die Schrift Voigts: „Mine
ralogische Beschreibung des Hochstifts Fulda,"
Dessau und Leipzig 1783, ist das Resultat dieser
Untersuchung. Daß ein so einsichtsvoller Fürst
wie Heinrich von Bibra, auch dem Obstbau und
namentlich dem Weinbau seine ganz besondere Auf
merksamkeit zuwenden würde, ist selbstverständ
lich. Und in der That verdankt der „Johannis