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erfordert würde, ins Werk setzen.“ Zur anberaumten
Zeit versammelten sich daselbst zwanzig Fürsten und
Grafen, siebzehn Herren, zweiundfünzig Ritter und
zweihundertachtundsiebenzig Edle. Die Hessen allein
rückten mit hundertvierundvierzig, die Franken mit
huudertzwanzig Helmen ein. Der gelehrte Kanonikus
Franciscus Modius in seinem Werke „Pandectae
triumphales“ (Frankfurt 1586) und nach ihm
unser hessischer Historiker Johann Justus Winkelmann
in seiner Beschreibung der Fürstenthümer Hessen und
Hersfeld (Bremen 1697) führen die Teilnehmer an
dem Turniere namentlich an; sie hier einzeln aufzu
zählen, würde zu weit führen. Schon an den ersten
beiden Tagen offenbarte es sich, daß das Turnier
nicht ohne Blutvergießen enden würde. Um diesem
Uebel möglichst vorzubeugen, wurden statt der vier
Vögte zwölf (je drei aus den Vierlanden) gewählt,
welche die Schranken sorgfältiger als sonst errichteten
und wohl verwahrten. Außerdem wurde die Zahl der
Grießwärtel von vier auf zwölf erhöht, um in den
Schranken selbst die Ordnung aufrecht zu erhalten.
Am Mittwoch, da die Kämpfe beginnen sollten,
wurden nach dem Zeichen mit der Trommete die
Gesetze und Ordnungen verlesen und die Strafen für
diejenigen, so gegen Herkommen und Turnierfreiheit
handeln würden, verkündet. Sobald jedoch die Seile
abgehauen waren, vergaß man der Gesetze, welche
geboten, daß immer nur Einer aus Einer Familie
hervortreten solle. Es ritten oft zwölf zu gleicher
Zeit auf. Nicht lange, so erhob sich ein solcher
Kampf, daß weder die Vögte noch die Grießwärtel
die erbitterten Gemüther besänftigen konnten. Aus
dem Einzelkampfe war ein Massenkampf, aus dem
„Tiost“ ein „Buhurt“, um in der Turniersprache zu
reden, geworden. Die Grießwärtel öffneten die
Schranken, damit diejenigen Ritter, welche mit diesen
Händeln nichts zu thun haben wollten, sich aus dem
furchtbaren Getümmel retten konnten. Endlich, nach
dem viele schon verwundet, verstümmelt, siebenzehn
Franken und neun Hessen erschlagen waren, ritten
die Urheber von dannen, ohne die Dankausgabe ab
zuwarten. Doch wollte man die herkömmlichen Ge
wohnheiten nicht außer Acht lassen; durch einen Tanz,
an dem die Vornehmsten sich betheiligten, suchte man
die Schrecken des Tages aus dem Gedächtnisse zu
bringen, man theilte den Dank aus und schied erst,
nachdem für das folgende Turnier neue Vögte ge
wählt waren. Winkelmann schließt seinen Bericht
über das Turnier in Darmstadt mit dem Reime:
Zu Darmstadt in den Schranken
Blieben neun Hessen und siebenzehn Franken. —
F. Z.
Sprüche an Häusern in Hessen.
In Balhorn.
„Wenn ich Salomos Weisheit hätte,
Und Simsons Stärke,
Und wonte oben am Rhein,
Dann wollte ich hier kein Steinbrecher sein.“ —
„O schau mich an u. tu mich lesen:
Was du bist, bin ich gewesen,
Alle Menschen aus der Erden
Müssen Staub u. Asche werden.“ —
„Gottes Gnade, gesunder Leib,
Fromme Kinder, ein züchtig Weib,
Ein gut Gewissen und baar Geld
Das ist das Beste in der Welt.“ —
„Hüte dich vor Uebeltaten
Herz u. Mund kann dich verraten
Hoch auf Bergen, tief im Tal
Gottes Aug schaut überall.“ —
In MartinHagen.
„An zwei Acker sollst du denken:
Einen nur besäestu,
In den andern wird Dich senken
Gottes Vaterhand zur Ruh,
Darum sollstu heut' und morgen
Für ein gutes Saatkorn sorgen.“ —
„Was beredestu mich u. die Meinen
Besiehe erst Dich u. die Deinen
Wirstu Dich u. die Deinen recht erkennen
Dann magstu auch mich und die Meinen nennen.“—
„Allen, die mich könen (kennen)
Und meinen Namen nönnen —
Denen gebe Gott, Was sie mir gönnen.“ —
N. S.
— ,; ff.
Die in der Nummer des „Hessenlandes“ vom 15.
September 1887 aufgeführten Sprüche an alten
Bauernhäusern riefen in uns die Erinnerung an eine
Inschrift wach, welche sich an einem Querbalken eines
großen Gebäudes auf dem s. g. Renthof — des unter
kurmainzischer Herrschaft erbauten steinernen Renterei-
gebäudes mit großen Fruchtböden — zu Naum
burg, Kreis Wolfhagen, befand, welches 1867 an
den Zimmermann Lattemann in Balhorn auf Ab
bruch verkauft und in diesem Orte unter Wieder
einfügung des Jnschriftbalkens vom Käufer wieder
aufgerichtet wurde.
Die in den äußeren Tragbalken eingemeiselte Schrift
lautet: