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eschLchte der
Räuberbande des „allen Druckers."
Von Ludwig Mohr-
«Schluß.)
Nach dem Ziegenhainer Raube ist es, als ob
der schwarze Hann-Adam spurlos verschwunden
sei, die bereits angezogene Anklageschrift des
Generalprokurators wenigstens erwähnt seiner bei
den von ihr behandelten später ausgeführten
Raubunternehmen als aktiven Spießgeselle der
Bande nicht weiter. War er inzwischen, wie so
mancher Andere der Gesellschaft dingfest gemacht?
War etwas Wahres daran, was später der Volks
mund fabelte, daß eines Tages bei der hohen
Polizei zu Kassel ein anonymes Schreiben ein
gelaufen sei, in welchem sich einer der Räuber
gegen Zusicherung von Straflosigkeit und Ueber-
tragung des Postens eines Polizei-Agenten an
heischig gemacht habe, die Schlupfwinkel sämmt
licher, auf freiem Fuß sich befindender Mitglieder
der Drucker'schen Diebesgenossenschaft nachzuweisen
und bei ihrer Einsaugung behilflich zu sein, daß
man den Brief als die Ausgeburt eines Wahn
witzigen unbeachtet bei Seite gelegt habe und erst
dann wieder darauf aufmerksam geworden, als
nach geraumer Zeit ein zweiter gleichen Inhalts
eingetroffen sei; daß man dann dem Könige die
Sache unterbreitet, der die Tragweite des Aner
bietens erkannt und dieBegnadigung desSchreibers,
sofern er sich freiwillig stelle, zugesagt; daß sich
darauf hin der schwarze Hann-Adam gemeldet
habe, die Begnadigung erfolgt und er Agent der
Hohen Polizei geworden sei; daß er als solcher
sein Wort gelöst und alle seine früheren Spieß-
gesellen an das Messer geliefert habe?!
Aus dem uns vorliegenden Material haben
wir über das Gesagte nichts weiteres festzustellen
vermocht, als daß Wenderoth von dem Könige
begnadigt wurde, und daß er als Kronzeuge bei
den Kriminal-Verhandlungen auftrat, wo er
hauptsächlich die Identität der, Namen und Person
verleugnenden Räuber, festzustellen hatte. Das
zuverlässige von Grolmannsche Werk* **) ) nennt
gelegentlich der Besprechung eines durch Vogels
berger Räuber verübten Einbruchs bei dem Geld
erheber Bretthauer zu Ziegenhain vom 3. auf 4.
November 1809 den schwarzen Hann-Adam als
Theilnehmer und bemerkt dazu, er säße in
Marburg; auch Fr. Müller's „Kassel seit
sieben zig Jahren"*) läßt die Begnadigung
des Wenderroth erst in dem Gesammt-Urtheil
*) F. L. A. von Grolmann. Aktenmäßige Geschichte der
Vogelsberger und Wetterauer Räuberbanden. Seite 338
u. 463. Anklageschrift des Generalprokurators des Königs.
Seite 18 u. 21.
**) Fr. Müller. „Kassel seit siebenzig Jahren." Seite 51.
ausgesprochen werden, das am 11. November
gegen die Räuber in Kassel gefällt wurde; dar
nach wäre also die Briefgeschichte und freiwillige
Gestellung Wenderoths in das Reich der Märchen
zu verweisen. So viel aber entspricht der Wirk
lichkeit: der Räuber schwarzer Hann-Adam ward
als Johann Adam Wenderroth der menschlichen
Gesellschaft zurückgegeben und machte als Polizei-
Agent, dem später der Ruf eines gefürchteten
Diebes-Fängers zur Seite stand, wett, was er
früher gegen dieselbe gesündigt hatte.
Nach und nach füllte sich das Gefängniß zu
Marburg. Außer dem bei der Razzia auf der
Bredelarer Hütte eingefangenen, zu Arnsberg
verurtheilten und requirirten Räuber, wurden
noch dahin eingeliefert: „Weidenbaums Görg;
den Wenderroth angegeben; Hann-Jost Mein;
Mannes; dessen Bruder Kaspar Kreuz; der
Erkel'sche Schuster; der scheele Rößler, der Lieder-
Konrad; der rothe Becker u. a. m., so . daß die
Matadoren der Bande jetzt erst vollzählig hinter
Schloß und Riegel waren.
Ein ungeheures Material hatte der Kriminal-
Gerichtshof zu bewältigen; denn außer den zehn
Raubfällen, welche die Bande von dem Zeitpunkte,
wo der alte Drucker zurückgekehrt war, bis zu
dessen Gefangennehmung verübte, und den weiteren
fünfzehn, die von diesem Zeitpunkte bis zur
Schließung der Acten registrirt sich finden, lagen,
noch ihrer sechzehn vor, die in die Zeit fallen,
wo der alte Räuber in der Karre zu Braun
schweig ging. Der Umfang mag aus der An
gabe erhellen, daß die Ausmittelung und die
Untersuchung dieser Räubereien 118 Bände Akten
füllten. Und dennoch waren das nur die zur
Anzeige gekommenen, wie viel aber wurden von
den Bestohlenen verschwiegen, weil sie zu ihrem
Schaden sich nicht noch verdrießliche Gerichtsgänge
machen wollten.
Von den verhafteten Räubern wurden in
Marburg abgeurtheilt: „Weidenbaums-Görg; der
schwarze Liborius; Gilbert Eller; der große Hann-
Peter; der rothe Konrad; Leyser; Gäul-Afronche;
Philipp Schäfer; Johannes Noll und Auscher-
Leib-Doktor.
Bezüglich des alten Drucker entstanden jedoch
Meinungsverschiedenheiten zwischen den Kriminal
gerichtshöfen des Werra-Departements zu Mar
burg und des Fulda-Departements zu Kassel,
welche beide über denselben abzuurtheilen ver
langten ; der Staatsrath, dem die Sache vorgelegt
wurde, entschied darauf unter dem 8. Febr. 1812