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Hindernisse entgegenstellen könnten, so geben wir
in diesem Falle unserm General v. Dalwigk zu
gleich hiermit auf, zu deren Beseitigung und
zur Mitwirkung bei der Ausführung des ihm
übertragenen Geschäfts die Königlich Preußischen
Behörden um ihre Unterstützung und Hülfe um
so mehr zu requiriren, als, wie Uns officiell
bekannt geworden, von Seiten des
Königlich Preußischen Hofes selbst
jene Rückkehr gewünscht wird."
Weiter heißt es dann: „Ich überlasse es Ihrem
Ermessen, zu verfahren, wie es die Lage und die
Umstände erfordern."
v. Dalwigk fand bei seiner am 16. Dezember
1822 erfolgten Ankunft die Herzogin ganz in
der Gewalt zweier Damen, eines Fräuleins von
Hagen und einer Stiftsdame von Wenge, welche
die Herren und Damen ihres Gefolges voll
ständig von ihr fern hielten. Auch die Diener
schaft hatte sich möglichst von ihr fern halten
müssen, da sie häufig von ihren Ausbrüchen
leidenschaftlicher Gewaltthätigkeit zu leiden ge
habt; so hatte sie eine Kammerfrau, welcher sie
die Kleider vom Leibe gerissen, in einen bren
nenden Kamin zu stoßen versucht. Nach dem
Berichte des Intendanten hatte die Herzogin
bereits 6000 Thaler Schulden gemacht und war
im Begriff, mit Hülfe der genannten Damen
noch weitere Schulden zu kontrahiren.
Bei seiner ersten Audienz eröffnete v. Dalwigk
der Herzogin die Veranlassung seiner Sendung
und sprach den lebhaften Wunsch aus, daß sie
den guten und wohlwollenden Absichten des Kur
fürsten Gehör schenken möge. Die Herzogin
verweigerte die Annahme des Schreibens und
erst auf dringendes Zureden nahm sie es an und
übergab es dem mitanwesenden Fräulein von
Wenge, um es zu lesen, was aber auf lebhaften
Widerspruch v. Dalwigk's unterblieb. Erft am
andern Tage erbrach sie das Schreiben, welches
in den wohlwollendsten Ausdrücken herzlich brüder
licher Gesinnung abgefaßt war. v. Dalwigk nahm
dabei Veranlassung, ihr eindringlich die Pflichten
einer hessischen Prinzessin an's Herz zu legen,
was sie damit beantwortete, daß sie v. Dalwigk
auf Pistolen forderte.
Dieser versuchte nun, das Fräulein v. Hagen
um Unterstützung seiner Sendung zu bewegen,
aber gänzlich vergebens, und bald zeigte es sich,
daß diese Dame, welche v. Dorow als sehr
liebenswürdig und phantasiereich schildert, es
war, welche die Herzogin in ihrem Widerstand
bestärkte und zu der nachher erfolgenden Ka
tastrophe wesentlich mit beitrug. Dorow schreibt:
„die Herzogin lebte in Bonn in sehr angenehmen
geselligen Verhältnissen und sah auch häufig
hervorragende Persönlichkeiten der Universität
bei sich, namentlich A. W. v. Schlegel. Sie
bildete einen sehr angenehmen Kreis um sich,
zu dem auch ich gehörte. Wenn man von den
etwas exaltirten und sehr orthodoxen Ansichten
in Religions- und Glaubenssachen der Fürstin
absah, so konnte man dieselbe wohl nur als eine
höchst liebenswürdige, kenntnißreiche, gemüth
liche Frau bezeichnen, in deren Umgang man
Genuß für Geist und Herz finden mußte.
Fräulein v. Hagen liebte sie als Mutter, und
dieser Umstand macht das spätere Unglück der
Fürstin noch pikanter und unerhörter. Die
Fürstin empfing den General v. Dalwigk zwar
artig aber mit großer Besorgniß." Dorow ver
steigt sich dann zu der völlig unwahren und
sinnlosen Behauptung, dieser habe die Herzogin
dadurch beruhigt, daß er zu ihr gesagt: „noch
nie hat ein Dalwigk sein Wort gebrochen, hier
ist mein Ehrenwort und mein Handschlag , ich
habe durchaus keine unangenehmen Aufträge mit."
v. Dalwigk kam bald zu der Ueberzeugung, daß
sein persönlicher Einfluß keine Aenderung in
den Entschließungen der Herzogin herbeiführen
werde und reiste deshalb am 18. Dezember nach
Köln, um den dortigen Oberpräsidenten, Grafen
von Solms-Laubach von dem ihm ertheilten
Auftrag des Kurfürsten in Kenntniß zn setzen
und ihn um seine Unterstützung zu bitten. Graf
Solms erklärte, keine Instruktion zu haben, um
handelnd eingreifen zu können, versprach aber,
die Behörden von jeder nachtheiligen Einmischung
abzuhalten.
Nach seiner Rückkehr wollte v. Dalwigk noch
mals versuchen, persönlich auf die Herzogin ein
zuwirken, erhielt aber nach vierstündigem Warten
keinen Zutritt zu ihr, gleichzeitig aber die Mit
theilung, daß dieselbe unter Mitwirkung ihrer
Freunde ein Schreiben an Se. Majestät den
König von Preußen und den Fürsten von Har
denberg abgesandt habe.
Darauf berichtete er am 20. Dezember dem
Kurfürsten über den bisherigen Mißerfolg seiner
Sendung und daß bei dem ihm von allen Sei
ten gegen die Abreise der Herzogin entgegen
tretenden Widerstand eine Entführung derselben
als das einzige Mittel erscheine, zum Ziele zu
kommen. Hiermit stimmten die drei Herren des
Gefolges vollkommen überein und erklärten sich
bereit, für eine möglichst schonende, aber sichere
Ausführung derselben die Verantwortung zn
übernehmen, v. Dalwigk hatte die Absicht, vor
jedem weiteren Schritt in dieser Sache, die frei
lich erst nach Verlauf längerer Zeit in Aussicht
stehende Entschließung des Kurfürsten abzuwar
ten, als ihm am 22. Abends spät die drei Herren
des Gefolges der Herzogin in höchster Auf
regung und Bestürzung mittheilten, daß nach