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dargethan, wie es mit der fachen bewandt undt
daß solch geschrey erlogen, ist es doch darbey blieben.
Anno 1626 anst Crucis-Abendt, da Melchior
Heß v. Wichdorff von Marpurgk, allwo er
gescheffte gehabt, wiedter nacher Ahmeneburgk
reitten wollen, ist er hinter Weydtenhaußen auß
ernen hintterhaldt in's Knye geschoßen wordten,
daß er 8 monath in Marpurgk hat liegen
müßen, undt lahm blieben ist. Untterdessen hat
seine Haußfrau sich mit denen Kindtern nacher Vach
zu denen verwandten begeben, wohin nachgehends
auch Melchior gar kranck undt schwach kommen.
Haben sich allda nothdürsftiglich behelffen müßen,
Wehlen alles verwüst geweßen, kein Acker noch
guth etwaß abgeworffen, auch nit zu verkauffen,
noch zinß odter Capithal zu erlangen geweßen.
Melchior hat sich zwart noch einmahl bei Landt-
graff Wilhelmen gar sehr bemühet, seine Lehne
wiedter zu gewinnen, sind auch Hermann von
der Malßpurgk, Philippus Scholeh undt andtere
seiner Gefreundte gar wohl bemühet geweßen,
ihme darzue zu verhelffen, aber umbsonst, da
der v. P. . ., des Landtgraffen stalmehsier dar-
wiedter agiret. Ist darnach anno 1628 aufs
St. Blasn Melchior Heß v. Wichdorff
schlich in Herrn entschlaffen, seines altters 79
Jahr undt in Closter zu Vach begraben, hat
seine fach Gott anheymb gestellet. Hinterließ
seine Haußfrau Annam v. Bohnenburgk
beneben 5 Kindern, Curth, Hanß-Geörg,
Anna-Regin, Catharinen undt Elspeth
in gar betrüebten zeitten und ümbstendten. —"
«Forts, folgt.)
otichius II.
von 3s. W. Iunghsns.
c Hu dem grünen Thal der oberen Kinzig, rings
Is von bewaldeten Bergen umgeben, liegt das
Hanauer Städtchen Schlüchtern, die Gründung
frommer Benediktiner, welche hier einstens ihre
Zellen errichteten und von hier aus Kultur und
Christenthum verbreiteten, unweit davon aber
Niederzell, der Geburtsort eines Dichters, dessen
Name einst neben dem eines Euricius Cordus
und Eobanus Hessus genannt wurde und dessen
lateinische Gedichte man seiner Zeit denen des
Ovid und Virgil gleichstellte, PetrusLotichius,
zum Unterschied von seinem Oheim, dem berühmten
Abt und Reformator des Klosters, der Zweite
genannt.
Peter Lotz oder wie er sich nach dem Vorgang
seines Oheims nannte, Lotichius, war geboren den
2. November 1528. Seine Eltern waren arme
Bauersleute, welche von dem Ertrag ihres kleinen
Landguts lebten. Sie hatten außer Petrus noch
zwei Söhne, einen älteren, Christian, der 1568
als Pfarrer zu Schlüchtern starb, und einen jüngeren,
Georg, der seinen Eltern schon als elfjähriger
Knabe entrissen wurde. Den ersten Unterricht
in den klassischen Sprachen empfing er im Kloster,
welches sein großer Oheim, der Abt Lotichius,
nachdem er zur Erkenntniß der evangelischen
Lehre gekommen war, in eine Bildungsstätte
für künftige Diener des Staats und der Kirche
umgewandelt hatte. Sein Lehrer war außer seinem
Oheim Johannes Pedionäus Rheins. Aber so
groß waren die Fortschritte, die er machte, daß
ihn der Oheim bald nach Frankfurt sandte, wo
er den Unterricht des großen Philologen Jakob
Mycillus genoß, welcher der griechischen und la
teinischen Sprache gleich mächtig war. Diesem
Manne bewahrte er stets ein besonders dankbares
Andenken, denn er war es, der ihn in den Geist
des Alterthums einführte. Ihm widmete er die
erste seiner Elegien. Kaum 17 Jahre alt, bezog
er die Universität Marburg, mit ihm eine ganze
Schaar von Schlüchterner Landsleuten, Zöglingen
der Klosterschule, welche der Abt selbst nach Mar
burg geleitete, um dort ein Jahr lang mit ihnen
zu lernen und ihre Studien zu beaufsichtigen.
Er wohnte in dem Hause des berühmten Pro
fessors der Theologie, Johannes Drakonites, und
hier schloß er den Bund der Freundschaft mit
einem Alters- und Studiengenossen Johannes
Hagius aus Franken, der bei dem Schwager des
Drakonites, dem Juristen Hildebrand, wohnte.
Diesem verdanken wir eine ausführliche Lebens
beschreibung des Dichters, welche 1586 im Druck
erschien. Johannes Hagen oder Hagius lebte
damals als Arzt zu Neumarkt in Schwaben und
widmete dieselbe einem früheren Freund und
Kollegen Lotichs, dem fränkischen Ritter Eras
mus Neustetter, genannt Stürmer.
Lotick widmete sich wie Hagen dem Studium
der Medizin, ebenso eifrig aber studierte er die
alten Dichter. „So oft uns", so schreibt Hagen,
„von den öffentlichen Vorlesungen und den noth
wendigen Studien Muße gegeben war, eilte er
mit einem Gefährten und mit seinem Ovid oder
Tibull in der Tasche auf das Land" und weiter:
„oft saßen wir, irrend am Ufer der Lahn,
schweigend im Gras mit unserm Büchlein, oft