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Aus Heimath und Fremde.
Kassel. (Aus dem Kunsthanse.) In letzter
Zeit bekundet die ständige Ausstellung im Kunst
hause wieder ein besonders reges Schaffen hiesiger
Künstler. Da hat u. A. Johannes Kleinschmidt,
dessen wir an dieser Stelle schon des Oefteren mit
besonderer Auszeichnung Erwähnung thun konnten,
nicht weniger als vier Porträts und daneben einen
Studienkopf, ausgestellt. Alle diese Arbeiten gehören
zu dem Besten, was wir von dem reichtalentirten
Künstler bisher gesehen, einzelne sogar — wie das
Porträt eines Herrn mit blondem Vollbart und
das des königl. Schauspielers Herrn Jürgensen -
zeigen eine bedeutend vorgerückte Meisterschaft gerade
in dem Fach der Porträtmalerei. Jndividnalisirung,
Zeichnung und Farbe sind gleich trefflich. — Als
vielversprechendes koloristisches Talent stellt sich ein
jugendlicher Eleve der hiesigen Kunst-Akademie,
I. Fehrenberg, vor. Derselbe bringt eine stim
mungsvolle in den glühendsten Farbentönen gehaltene
Jdeallandschaft, deren Staffage darauf hindeutet, daß der
Maler eine Darstellung des Paradieses geben wollte. Ist
auch noch manches nicht tadellos, so bleibt doch
die Wirkung eine gute. Bei rüstigem Fort
schaffen und tüchtigem Studium der Natur wird
Fehrenberg gewiß seinen Weg machen. — Ein an
derer hiesiger Landschafter, Fritz Barth, sucht mit
Vorliebe Motive in unserer näheren Umgebung auf.
In dem hier ausgestellten Bilde hat er in anziehen
der Weise ein Stück des „Ahnathals" wiedergegeben.
Recht gut ist ihm vor Allem die Beleuchtung ge
lungen. — Frl. A. Sch epp, die treffliche Stillleben-
Malerin, ist mit einem Frühstück vertreten.
W. W.
— (G r i m m - D e n k m a l.) An Professor
Hassenpflug dahier ist bekanntlich die ehrenvolle
Einladung ergangen, sich an der Konkurrenz für den
Entwurf des Grimm-Denkmals, das vor dem Rath-
haus in Hanau aufgestellt werden soll, zu betheiligen.
Er folgte dem um so lieber, als ihn selbst nahe ver
wandtschaftliche Bande an die Familie des hessischen
Dioskurenpaares knüpfen. Wir hatten nun neulich
Gelegenheit, Hassenpflug's bereits fertig gestellten, in
Gyps ausgeführten Entwurf zu sehen und empfingen
von demselben den besten Eindruck. Der Künstler
hat das Ganze als in Verbindung mit einem Brun
nen gedacht, ausgeführt. Aus einem Bassin erhebt
sich das Postament, welchem am Fuße aus mehreren
Thierköpfen das Wasser entfließt. Auf dem Sockel
erscheinen beide Brüder in aufrechter Haltung. Jakob,
der in sich gekehrtere, ist mit einem Mantel um
hüllt, in der einen Hand hält er die Feder, in der
anderen eine Rolle. Wilhelm stützt sich mit dem
rechten Arm auf den älteren Bruder, während er in
der linken Hand ein Buch (das Märchenbuch) hält.
Die ganze Art und Weise, wie Wilhelm Grimm
hier aufgefaßt ist, charakterisirt den im Gegensatz zu
Jakob mehr dem Leben Zugewandten. Das Posta
ment ist von vier Figuren, bezw. Gruppen um
geben, die Muse der Geschichte, Dornröschen (die
Erweckung der Sprachforschung), Aschenbrödel (das
Märchen) und die Märchen-Frau von Niederzwehren,
von lauschenden Kindern umringt, darstellend So
erscheint der Entwurf in seiner Gesammtheit als
eine charakteristische und künstlerische Lösung der dem
Meister gewordenen -Aufgabe. Ml. M.
Universitätsn ach richten. Der außerordent
liche Professor der orientalischen Sprachen, Licentiat
der Theologie und Dr. phil. Konrad Keßler an
der Universität Marburg, ist in gleicher Eigen
schaft an die Universität Greifswald versetzt, an
welcher er bereits seit längerer Zeit den beurlaubten
ordentlicher Professor der orientalischen Sprachen
Dr. Ahlwardt vertreten hat. — Der ordentliche
Professor für mittlere und neuere Geschichte, Dr. Max
Lenz zu Marburg ist in gleicher Eigenschaft an
die Universität Breslau versetzt worden.
Fünfzigjähriges Jubiläum des Bades
Salzschlirf. Am 2. Juli waren fünfzig Jahre
verflossen, seit Dr. Eduard Martiny die Heil
quellen der Gemeinde Salzschlirf käuflich erwarb
und dort Bäder einrichtete. Das Bad Salzschlirf wurde
wegen seiner Heilkraft bald bekannt und namentlich
von kurhessischen und hessen-darmstädtischen Beamten
viel und gern besucht. Die von dem Badearzte,
Sanitätsrath Dr. Ed. Martiny getroffenen Bade
einrichtungen waren musterhaft. Die hauptsächlich
benutzte Quelle ist der Bonifatius-Brunnen, ein jod--,
brom- und lithionreicher salinischer Säuerling, die
lithionreichste Quelle Deutschlands. In früheren
Zeiten wurden die Mineralquellen Salzschlirfs zur
Gewinnung von Kochsalz benutzt. In Folge falscher
Behandlung der Quellen durch einen Berg- und
Salzmeister aus Schwaben zur Zeit des Fürstbischofs
von Fulda, Heinrich VIII. von Bibra (regierte von
1759—1788), verloren dieselben an Gehalt und es
mußten nun mit vielen Unkosten Gradirhäuser an
gelegt werden, die sich aber auch nicht bewährten. Das
Volk hohnneckte jenen „Schwabenstreich" durch folgen
den Knittelvers:
Die alte Sod ist nichts geachi,
Die neue ist nichts nutz gemacht,
Unser Herr ist um's Geld gebracht.
Nachdem das Fürstenthum Fulda an Kurhessen ge
fallen war, wurde (1816) die Saline Salzschlirf
gänzlich eingelegt. Im Jahre 1836 unternahm es
der Ende 1839 verstorbene Graf Friedrich Wilhelm
von Schlitz, genannt von Görtz, die Salzschlirfer
Heilquellen wieder dem Gebrauche zu erschließen.
Mangelhafte Vorkehrungen vereitelten jedoch alle Ver
suche und erst, nachdem Dr. Eduard Martiny die