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von Braunschweig, der Landgraf Karl von Hessen,
der Prinz von Hohenlohe-Jngelfingen, der Prinz von
Salm-Kyrburg, der Prinz von Sachjen-Koburg u. s. w.
Zu den eifrigsten Freimaurern Kurhessens ge
hörte bis an sein Lebensende deren Protektor Kurfürst
Wilhelm I., sowie dessen Bruder Landgraf Karl. Der
Sohn des Kurfürsten Wilhelm I., Kurfürst Wil
helm II., war dagegen den Freimaurern nichts weniger
als freundlich gesinnt; kurz nach seinem Regierungs
antritte verfügte er die Schließung der Logen in
Kurhessen (1822), wie man wissen will, aus Aerger
darüber, daß ihm der Orden nicht das erwartete
Entgegenkommen bezeigt und seiner Favoritin Emilie
Ortlöpp, Gräfin Reichenbach, nicht diejenige Ehrer
bietung bewiesen habe, welche dieselbe zu beanspruchen
sich vermaß.
Der Schütze Klaus. Freunde des Pittoresken
und Romantischen, welche das Rhönbad Brückenau
besuchen, sollten es nicht versäumen, einen kleinen
Abstecher nach Dorf und Ruine Werberg bei
Kothen zu machen. Auf dem Gipfel eines mehrere
hundert Fuß hohen, fast senkrechten Basaltfelsens,
gebildet aus 6 Zoll dünnen, nach Norden geneigten
Säulen, erheben sich die Trümmer der einst der
Familie von Küchenmeister gehörigen Burg Werberg.
Nur ein einziger in den Spalten des Basalts sich
aufwärts windender Pfad führt zu diesem Felsen
neste. Trotzdem wurde es vom Grafen Hermann
dem Streitbaren von Henneberg 135! durch List er
stiegen, wenige Jahre darauf aber von dem kampflustigen
Fürstabte Heinrich VII. von Kralucke (regierte von 1353
bis 1372) dem Hochstifte Fulda wieder zurückerobert. Her
mann von Henneberg, der diesen Verlust nicht verschmer
zen konnte und dem Abte überhaupt feindlich gesinnt
war, zog abermals vor Werberg und umschloß es
von allen Seiten. Wieviel bei der damaligen Kriegs
kunst ein einzelner Mann galt, davon liefert uns
diese Belagerung ein treffendes Beispiel. Die
Hutten vom Steckelberg waren Gauerben des
Schlosses Werberg und Vasallen des Abtes. Sie
hatten einen Knecht namens Klaus, der mit der
Armbrust ein ausbündig guter Schütze war. Den
vermochten sie, sich mit einem Sack voll Pfeilen auf
dem Rücken in das Schloß zu schleichen, und von
dort sandte er nun Schuß auf Schuß und keiner
fehlte. Da erkannten die Belagerer, daß der weit
berühmte Schütze Klaus auf dem Schlosse sein
müßte, und da sie auch das Herannahen des Ful-
daer Abtes Heinrich von Kralucke fürchteten, zogen
sie ab. — (Vorstehende Notiz ist dem interessanten
Schriftchen von Hänle und von Spruner über die
Bäder Brückenau, Bocktet und Kissingen, Würzburg
1844, entnommen.) A. Z.
Ein Ukas des Kaisers Nikolaus vou
Rußland. Der uns von einem Freunde unserer
Zeitschrift mitgetheilte interesiante Ukas des Kaisers
Nikolaus betrifft den Uebertritt des ehemaligen kur
hessischen Garde du Corps-Lieutenants Freiherrn
Alfred Otto Rabe von Pappenheim in russische
Dienste, die Feldzüge, die er als russischer Offizier
in dem türkischen Kriege (Bulgarien) 1829 und in
dem polnischen Kriege 1831 mitgemacht, die Aus
zeichnungen, welche er in Folge seiner Tapferkeit er
halten, und seine auf eigenen Wunsch erfolgte Ent
lassung aus dem russischen Dienste im Jahre 1836.
Wir bemerken hier noch, daß Freiherr Alfred Otto
Rabe von Pappenheirn-Stammen als zweiter Sohn
des großherzoglich sachsen-weimarischen Kammerherrn,
früheren Majors im kurhessischen Leibgarde-Regiment,
Freiherrn Wilhelm Maximilian Rabe von Pappen
heim, am 2. September 1806 zu Kassel geboren
war, seine militärische Erziehung auf der Ritterakademie
zu Neustadt bei Dresden von 1824 —1826 erhalten
hatte und am 15. Juni 1826 zum Lieutenant in
dem kurhessischen Garde du Corps-Regiment ernannt
worden war. Ein Säbelduell mit dem damaligen
kurhessischen Artillerielieutenant F. W K. Ed. von
Haynau (nachmals Kriegsminister und Divisions
Commandeur, si 24. Januar 1863), in welchem der
letztere den Kürzeren zog, und die sich daran knüpfenden
Folgen veranlaßten den Freiherrn Alfred von Pappen
heim in russische Dienste zu treten. Dies voraus
geschickt, lassen wir den Ukas selbst folgen:
Laut Ukas
Seiner Majestät des Kaisers
Nikolai Pawlowitsch
Selbstherrschers aller Reußen rc. rc.
Der Inhaber dieses, Lieutenant Freiherr Alfred,
Sohn des Wilhelm von Pappenheim ist, wie
man aus seiner Dienstliste ersehen kann, 28 Jahre
alt, Ausländer, ererbten oder erworbenen Grundbesitz
hat weder er noch seine Eltern (nämlich nicht in
Rußland). Gewesener Hessen -Kassel'scher Unter
lieutenant, trat er am 30. März 1829 (nach
russischem Kalender, nach deutschenl Kalender an:
11. April 1829) als Körnet in das Husaren-Regi-
ment „Prinz von Oranien". — Wurde am 16. Ja
nuar 1834 (russ. Kal.) mit einem Patent vom I. Ja
nuar zum Lieutenant befördert. Am 24. Dezember
desselben Jahres wurde er zum Leib-Garde-Grenadier-
Regiment zu Pferde durch Armeebefehl, Abtheilung
des Garde-Corps, kommandirt. An Feldzügen, Ex
peditionen rc. machte er mit: I) 1829 im
Kriege gegen die Türken außer der Grenze in
Bulgarien: den 6., 7., 8. Juni die Einnahme des
Fleckens Dschumai; am 18. Juni Unterwerfung der
Festung Silistria; 26. Juni erneute Eroberung des
obengenannten Fleckens; den 27. Juni Rekognoscirung
des Dorfes Dernkoi; den 14. August nächtliche Ex
pedition zur Abfassung der türkischen Fouragierer: