202
Aus alter und neuer Zeit.
— Stiftung des Gymnasiums zu Hers
feld. Am 2. Juli 1850 gründete der Abt Michael
Landgraf (regierte von 1556 bis 1571) das Gym
nasium in Hersfeld. Abt Michael besaß ein nicht
unbedeutendes Vermögen, von dem er 40,000 Gulden
für das Gymnasium verwendete. Zum Sitz der
Anstalt bestimmte er das Minoritenkloster und zu
Gegenständen des Unterrichts außer der Religions
lehre das Trivium: Grammatik, Dialektik, Rhetorik,
denen noch die Anfangsgründe der griechischen und
hebräischen Sprache, sowie Arithmetik und Musik hin
zugefügt wurden. Die Stiftsurkunde wurde noch in
demselben Jahre in allen ihren Theilen von Kaiser
Maximilian II. bestätigt. Als Rektoren des Gynmasii
illustris zu Hersfeld wirkten von 1570 bis 1584
Uranius, Gudenus, Waltenberger, von 1584 bis
1616 Beutefering, Rullmann, Goldenhauer, von da
bis 1620 Georg Thalmüller, ihm folgte als Rektor
und Inspektor der Kirchen und Schulen der Dr.
theol. Heinrich Wetzel. 1632 wurde Johannes
Piscator, ein verdienter Schulmann aus der Pfalz,
1652 Johannes Croll, nach diesem Daniel Krug
Rektor des Hersfelder Gymnasiums. 1688 wurde
ein neues Gymnasialgebäude aufgeführt und dem
selben bei Einweihung nach dem Landgrafen Karl
von Hessen der Namen „Carolinum Hersfeldense“
gegeben. Am 1. April 1704 starb Rektor Krug,
sein Nachfolger war Br. Konrad Mel von Gudens-
berg. Bon 1734 bis 1738 war Walther, von 1738
bis 1772 Johann Konrad Endemann Rektor. Diesem
folgte Georg Erich Schirmer, nach dessen Tode im
Jahre 1787 Wilhelm Wille, ihm folgte Wilhelm
Endemann und diesem 1804 Wilhelm Faber, der
dem Hersfelder Gymnasium bis 1832, in welchem
Jahre die Anstalt reorganisirt wurde, vorstand. Nach
ihm wurde Br. Wilhelm Münscher Direktor des
Hersfelder Gymnasiums. Unter diesem vortrefflichen
Schulmanne erreichte die Anstalt in neuerer Zeit ihre
höchste Blüthe. Sein Nachfolger wurde 1868 Dr.
Georg Friedrich Eysell und nach dessen im Jahre
1876 erfolgten Pensionirung wurde Br. Duden von
Gera zürn Direktor des Hersfelder Gymnasiums be
rufen. A. Z.
Rudolf Goclenius. Am 8. Juni 1628
starb zu Marburg der Professor Rudolf Goclenius
der Aeltere, eigentlich Rudolf Göckel geheißen. Er
war ein Sonderling, dem die originellsten Züge nach
erzählt werden. Geboren am 1. März 1547 zu
Corbach in Waldeck, studirte er in Marburg und
Wittenberg und war von 1575 bis 1581 Rektor des
Pädagogiums in Kasiel, dann in Marburg zu
erst Professor der Physik, von 1589 Professor der
Logik und später auch der Mathematik. Er war ein
hervorragender Gelehrter nicht nur in den genannten
Wissenschaften, sondern auch in den Sprachen.
Während seiner 44jährigen Amtsthätigkeit in Marburg
soll er mehr als 600 Studirenten den Magisterhut
aufgesetzt haben. Der gelehrte Landgraf Moritz hielt
große Stücke auf ihn und würdigte ihn seines be
sonderen Vertrauens. Strieder in seiner hessischen
Gelehrten und Schriftstellergeschichte erzählt manche
lustige Geschichte von ihm und gibt Proben seines
ungewöhnlichen Talentes im Epigrammatisiren. So
soll er einst, als er zur fürstlichen Tafel befohlen
war, und der Landgraf demjenigen der Gäste den
vor ihm stehenden vergoldeten Becher als Geschenk ver
sprach, welcher einen Trinkspruch auf den Landgrafen
selbst, dessen Gemahlin, den Prinzen und die Prinzessin
in einem einzigen Hexameter ausbrächte fast in dem
selben Augenblicke den Becher genommen, eine Ver
beugung gemacht und geantwortet haben:
In Domini, Dorninao, Nati Nataeque salutem
trank ihn aus und steckte ihn, gleichsam von Rechts
wegen, in die Tasche.
Vilmar erzählt von ihm, daß er eines Morgens
als lateinischer Feldherr hoch zu Roß, mit seinen
sieben Regimentern: Grammatik, Dialektik, Rhetorik
u. s. w. nach Frankenberg gezogen, aber Abends
wieder in Marburg angekommen sei, statt in Franken
berg, ohne es zu merken. K. Z.
J a m a i s, jamais, zwei inhaltsschwere
Worte Kaisers Napoleon I. Am 21. Juli
1807 richtete der Geheime Kriegsrath Buderus von
Carlshausen an den Kurfürsten Wilhelm I. von
Hessen nach Prag, wo sich dieser in Folge der Okku
pation Hessens durch die Franzosen damals aufhielt,
das nachstehende Schreiben:
„Am Sonntage wurde es in Gelnhausen bekannt,
daß Se. Majestät, der Kaiser von Frankreich, durch-
passiren würde. Ich entschloß mich sogleich, Sr.
Majestät eine Vorstellung zu überreichen und um die
Wiedereinsetzung Ew. Kurfürstlichen Durchlaucht zu
bitten, bedachte indessen nachher, daß es mehr im-
poniren müsse, wenn die Vorstellung durch den Amt
mann Weil, den Stadtrath von Gelnhausen und die
Schultheißen und Landschöffen aus den nahegelegenen
Orten eingereicht werden könnte. Der Amtmann
Weil war hierzu sehr willfährig, er durfte aber ohne
die Beistinlmung der Regierung zu Hanau nichts
veranstalten, daher ich denselben eine Anfrage an die
selbe aufsetzen ließ und diese gestern durch einen Eil
boten absendete. Ich ersuchte sogleich den Geheimen
Rath von Geyling in Hanau, für die Genehmigung
des Antrags zu wirken, und dieser zu allen guten
Zwecken immer bereitwillige brave Mann, hat meinen
Wünschen vollkommen entsprochen und antwortete mir,
daß es den besseren Mitgliedern in der Regierung,
obgleich mit Mühe und Zank, gelungen sei, die ge
wünschte Genehmigung durchzusetzen.