Das „Hcjscnlan-", Zeitschrift für hessische Geschichte und Literatur, erscheint zweimal monatlich, zu Ansang
und Mitte jeden Monats, in dem Umfange von I.1/2—2 Sogen Quartformat. Der Älbonnementspreis beträgt gleichmäßig
für hier und auswärts vierteljährlich l Mark 50 sifg. Einzelne Nummern kosten je 30 pfg. Auswärts kann unsere
Zeitschrift durch direkte Bestellung bei der Post, oder durch den Buchhandel, auf Wunsch auch unter Streifband bezogen
werden; hier in Kassel nimmt die Redaktion, Jordanstraße l5, und die Buchdruckerei von Fried r. Scheel, Schloßplatz 4.
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sie letzte Mchwester öe§ letzten Kurfürsten.
Nekrolog von Carl Preser.
cu nsänglich mehr nur der Ruhe bedürftig, mehr
nur unwohl als wirklich krank, ruht eine
<2* Fürstin, Mutter, Großmutter und Urgroß
mutter, auf ihrem von reichem Frieden umgebenen
Lager. Ihr blaues Auge, daraus eine ganze
Welt von Liebe und Güte spricht, betrachtet still
ein ihr liebgewordenes, au den Tod erinnerndes
Oelgemälde in der Beleuchtung einer winterlichen,
röthlich untergehenden Sonne. Das Bild stellt
die vereinigte Grabstätte der letzten Kurfürstin
von Hessen, des letzten Kurfürsten und dessen
Schwester, der Prinzessin Caroline, aus der Resi
denzstadt Kassel dar, und zwar von jenem
winterlichen Januartage, an welchem die sterb
liche Hülle des Kurfürsten beigesetzt und die
Grabstätte reich mit Kränzen und frischen Blumen
geschmückt war. — Wir haben Sylversternacht.
Von den Thürmen der Stadt zeigen die Glocken
eben die Mitternachtsstunde an und die hohe
Kranke wendet sich mit Glück wünschendem Hände
druck und den Worten an den neben ihr stehen
den bewährten ärztlichen Freund: „Nehmen Sie
es mir nicht übel, daß ich Ihnen den Abend so
verpfuscht habe!" Dann später treten ihre er
lauchten Kinder und Enkel ein; sie Alle em
pfangen die innigsten Wünsche eines liebenden
und wieder geliebten Mutterherzens, ja noch
mehr, sie Alle empfangen diesmal auch den
mütterlichen Segen. Die Kranke beugt sich hier
nach auf ihr Lager zurück und es tritt plötzlich
ein, was bisher nur der Arzt geahnt hatte: ihre
herrliche Seele schwingt sich auf den Fittigen des
Friedens in das ewige Heim der Unendlich
keit! ... So starb in Meiningen am letzten
Neujahrstage in der Frühe die 83jührige un
vergeßliche Schwester unseres letzten Kurfürsten,
die Gemahlin des im Tode ihr vorausgegangenen
Herzogs Bernhard, die Herzogin - Mutter-
Marie von Sachsen-Meiningen. Wahr
lich : ein Tod, wie er reicher und schöner an
Frieden und Liebe nicht gedacht werden kann,
und doch — seine Kunde wirkte erschütternd ans