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Wir gingen sofort. Beim Anblick der düstern
und kriegerischen Gestalten der drei Brüder, denen
der Vater zum Schwur die Waffen entgegen hält,
überlief es mich eiskalt. Lange stand ich sprach
los davor. David versicherte mich wiederholt
feiner ganzen Freundschaft. „Sagen Sie mir
offen, was Sie denken." Das will ich, antwortete
ich. Nun, wenn Sie die weibliche Gruppe ebenso
ausführen wie die männliche, so wird Ihrem
Bilde Niemand den ersten Rang streitig machen.
„Mein Bild ist fertig und ich rühre es nicht
inehr an." Mcm sieht aber noch die Unter
malung, die Frauengruppe braucht ewas mehr
Licht. „Ich mache nichts mehr daran, mein Bild
bleibt, wie es ist." Ich schwieg."
Der Ruhm Tischbeins, den David auf diese
Weise bestätigt hatte, verbreitete sich nun reißend
schnell. Der russische Staatsrath v. Wiessen in
Rom wünschte den Konradin für die Kaiserin
Katharina zu erwerben. Der Künstler verweigerte
es und gab als Grund an, daß die Dankbarkeit
gegen den Herzog von Gotha, der ihm den
Aufenthalt in Rom ermöglichte, ihm die Pflicht
auferlege, das Gemälde diesem Fürsten anzubieten.
Er war nicht zu bewegen, von dieser Auffassung
abzugehen. Als das Bild in Gotha angekommen
war, ließ es der Herzog in seinem Arbeitskabinet
aufstellen, das nur er betrat. Das war ein
grausamer Schlag für den armen Tischbein, als
er es erfuhr, nachdem er zwei Jahre ohne irgend
eine Nachricht über seine Sendung geblieben.
Nicht nur die Gelegenheit, auf einmal seiner
Sorgen enthoben zu sein, war ihm entgangen,
er hatte auch, was für die empfindliche Seele
eines wahren Künstlers das Schlimmste war, den
Schmerz, um den wohlverdienten Ruhm gekommen
zu sein.
Seine pekuniären Mittel waren geschmälert
und um weitere Arbeiten unternehmen zu können,
glaubte er sich berechtigt einen größeren Betrag
für seinen Unterhalt fordern zu dürfen. Die
Antwort ließ nicht auf sich warten. „Da Tisch
bein nicht zufrieden ist mit dem, was ich ihm
gebe, so halte ich mich fernerer Verpflichtungen
gegen ihn für überhoben."
Tischbein war außer sich über diesen Bescheid,
aber wie ein echter Künstler warf er sich mit
doppeltem Eifer auf seine Studien, namentlich
die von Thieren und dem Leben des Volkes.
Im Jahre 1787 verließ er Rom und ging in
Goethe's Begleitung nach Neapel.
(Fortsetzung folgt.)
ßarl Herquet.
Nekrolog.
Von F. Sw eng er.
(Schluß.)
In dem Reskripte des königl. preußischen Staats
ministeriums vom 20. Mai 1878, unterzeichnet in
Vertretung des Präsidenten durch den Minister der
Justiz, Leonhardt, durch welches Karl Herquet,
seit dem 1. April kommissarischer Leiter des Staats
archivs in Aurich, zum Vorsteher dieses Archivs mit
dem Amtstitel „Staatsarchivar" ernannt wurde,
heißt es ausdrücklich, daß die Ernennung in Berück
sichtigung der seitherigen Leistungen Herquet's erfolgt
sei. Man sieht daraus, daß die verdienstvolle Thätig
keit des ebenso fleißigen wie tüchtigen Gelehrten auch
höheren Ortes die gebührende Anerkennung und Wür
digung gefunden hatte.
In Aurich gab es für Karl Herquet viel zu thun.
Seine dienstlichen Verrichtungen nahmen viel Zeit in
Anspruch. Das hinderte ihn aber nicht, seine schrift
stellerische Thätigkeit in erfolgreichster Weise fortzu
setzen. Schon ein Jahr nach seinem Amtsantritt in
Aurich (1879) erschien seine „Geschichte des
Landesarchivs von Ostfriesland (1454 bis
1744)". Es folgten dann 1883 „Die Mis-
cellen zur Geschichte Ostfrieslands "; 1885
die sorgsame Untersuchung über die „Renaissance
decke im Schlosse zu Jever, ihre Entstehungs
zeit und ihr Verfertiger", in welcher Schrift sich
Karl Herquet als einen feinen besonnenen Kunstkenner
zeigte; 1886 „Die Insel Borkum in kultur
geschichtlicher Hinsicht".
Roch in Breslau hatte er die Schrift „Jean
Fernand ez de Heredia, Großmeister des
Johann iterord ens (1377—1396)“ verfaßt, der
dann 1880 „Die Chronologie der Groß
meister des H o spi 1 a l ord ens w ührend der
Kreuzzüge" und 1887 „Der Johannitergroß
meister Herediain seiner literarischen Bedeutung“
folgten. DieseSchrift war seine letzte Publikation, abge
sehen von den zahlreichen Artikeln, die er noch in wissen
schaftlichen Zeitschriften veröffentlicht hat. Sie war
entstanden zu Osnabrück, wohin er am 1. Juli 1886
versetzt worden war. Eine Schrift über die Insel
Norderney blieb leider unvollendet, doch ist sie so
weit gediehen, daß sie leicht druckreif gemacht werden