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also hier schon verzweigt. Es ist vielleicht durch
Erbschaft in den Besitz gelangt, denn es war
schon damals mit den angesehensten Familien in
der Gegend verwandt und besaß auch außerhalb
an der Eder (uUngedenken, Rothhelmshausen,
Giflitz, Mandern, Hessenstein, Treißbach, Lotheim,
Diffenbach) im Ryndathale (Hessenrode, Helms—
hausen, Reddehausen) an der Lahn (Erbenhausen,
Hessenhausen, Rosseberg, Pfaffenwinden, Hubela,
Treyß ꝛc.) bedeutende Güter. Aber schon früh
schwächte sich die Familie durch Erbtheilungen
und schon Hugo's Söhne bildeten bereits zu
Anfang des XIII. Jahrhunderts vier besondere
Linien. Mit den auswärts lebenden Linien
wollen wir uns hier' nicht beschäftigen, sondern
uns auf die in Wichdorf seßhaft gebliebenen, die
Wackermaul'sche und Heß'sche beschränken. Die
erstere, welche zur Mainzischen Lehens-Clientel
gehörte, starb schon 1345 aus, die letztere finden
wir schon sehr früh unter landgräflicher Lehens—
herrschaft, obwohl sie auch ansehnlichen Allodial—
besitz behielt. In der Zeit vom XIV. bis XVI.
Jahrhundert wurden neben ihr auch andere
adelige Familien in und um Wichdorf ansäßig,
die v. Vennen, v. Schartenberg, v. Wildungen,
Schaden v. Reimbold's, Hundt v. Kirchberg,
v. Buttlar u. a. — Die letztgenannten nebst denen
v. Papenheim gelangten nach dem Aussterben der
Daniel'schen Linie des Heß'schen Geschlechts in
den Besitz der meisten Güter und Lehen desselben.
Der Rittmeister Werner v. Treyß kaufte dann
ungefähr anno 1651 den Heß'schen Burgsitz zu
Wichdorf nebst dem Reste der dazu noch gehörigen
Güter und seine Familie behauptete denselben
bis zum XVIII. Jahrhundert, worauf der Besitz
in bäuerliche Hände überging. Später erwarb
ihn die Familie v. Buttlar wieder, entäußerte
sich aber desselben in neuerer Zeit, worauf das
Gut zerschlagen worden ist.
Die Melchior Heß'sche Linie hatte sich nach
dem Verluste ihrer Mitbelehnschaft der nur noch
geringen freiritterlichen, durch den 30jährigen
Krieg gänzlich verwüsteten Allodialgüter in Wich—
dorf, Niedenstein, Maden, Möllrich und Sand
nach dem Kriege auch entäußern müssen. —
Melchior's Sohn Georg verkaufte noch 1661
den letzten Rest, das Scheffergut in Wichdorf an
Nickel Wollenhaupt — und nahm ihren Wohn—
sitz in Schmalkalden, wo Georg später ein neues
Lehn erwarb.
Der v. Heß'sche Burgsitz war dicht am Dorfe
gelegen, später aber von Dorfnachbarn umbaut,
eine Thalburg, mit Mauern, Thoren und tiefen
Wassergräben umgeben. In der Mitte des ge—
räumigen Hofes stand die Kemnade, ein fester
Bau mit einem Treppenthurm und vier kleinen
Eckthürmen, daßs Ganze hoch überragend. —
lebrigens war diese Burg, vielleicht schon vor
ünf Jahrhunderten, eine in zwei Hälften getheilte
ZBesitzung der beiden Geschlechtslinien und diese
ßeschiedenheit — selbst noch heute in dem reducirt
senug aussehenden ehemaligen Herrenhause be—
tehend und erkennbar — wird in dem bereits
„ben angezogenen Theilungs-Vertrage der Ge—
rüder Melchior und Daniel von 15685 schon als
on altersher bestehend erwähnt. Aber das alte
herrenhaus ist dieses noch vorhandene Gebäude
licht mehr. Denn 1631 wurde jenes mit allen
Wirthschaftsgebäuden zugleich mit dem Dorfe
»on den Croaten niedergebrannt und nach dem
Zriege — bei dem Elende, welches er in Hessen
zurückließ erklärlich genug — nur nothdürftig
hne die Eckthürme wieder aufgeführt. Nur der
S5tumpf des Treppenthurms (woran noch die
Stelle ersichtlich, an der das Wappen eingefügt
var, dasselbe wurde bei Uebergang des Sitzes in
zäuerliche Hände entfernt) blieb bis an das Dach
rhalten, Mauern, Wälle und Gräben wurden
päter eingeebnet, die Wirthschaftsgebäude dürftig
yon Holz wieder hergestellt — das Ganze ein
rauriger Gegensatz zu dem stattlichen Burgsitze
der früheren Zeit, von welchem uns eine noch
yorhandene Ansicht aus den ersten Decennien des
XVII. Jahrhunderts erhalten geblieben ist. —
(Bezüglich des Wappens der Familie schreibt
Wynkelm. Dipl. 21: „Nachdeme die Hessen v.
Wichdorff, Treyß, Difenbach, Heßerode u. s. w.
ahnfenglich von uhraltten Zeitten her einen
auffgerichten Leuen im Wappen gehabt, wie
solchen auch die Heßen v. Rynach undt in
Schleßingen beybehalten, ist ein Heß v. Wich—
dorff, so Henxrich geheißen, mit Kayßer Adolpho
in den Krieg gen Meyßen gezogen. In solchem
Krieg ist einstmahlen der Kayßer in der Stadt
Muelhausen in große Gefahr leibß undt Lebens
gerathen, dannen der Feindt ohnversehens die—
elbige stadt eingenommen undt, weilen sich
die bürgere darzue geschlagen, den Kayßer so
hjart bedrenget, daß er sich mit genawer noth
in die Burg des orts salvieren können. Weilen
iun damahlen eben ein new schuß-Gattier
in die Burg-portten gemachet wordten, so aber
noch nit niedter-gelassen geweßen, so sindt die
Feindte in hellen haufen über die Zugbrücken
gestürmet undt wehre umb ein haar die Burg
berloren undt der Kayßer sambt den seinen
gefangen wordten, so nicht Henrich als ein
lapferer Rittersmann für den riß gestandten
undt das thor mit dermeßiger furie verdefen—
diret hette, daß die Feindte weichen müssen,
bis endtlich das schuß-gattier in der eyl noch
zurecht bracht undt herniedter gelaßen wordten.
Alß dannen der Kayßer in den hoff kommen
undt gesehen, wie untter der portten alles voll