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6. Lehrbuch der gothischen Konstruktionen in
vier Lieferungen mit 47 lithographirten Tafeln.
(1859—1864).
7. Sammlung mittelalterlicher Ornamente.
Von diesem auf vier Lieferungen berechneten
Werk war es Ungewitter nur vergönnt, die erste
Lieferung zu vollenden. Ein schnell verlaufendes
Lungenleiden endete am 6. November 1864
allzufrühe die rastlose Thätigkeit des für seine
Idee so begeisterten Künstlers in dessen kaum
vollendeten 44. Lebensjahre.
(Fortsetzung folgt.)
Karl Herquet.
Nekrolog.
Von Ij. Iwenger-
Als ich den Entschluß faßte, dem am 6. März
d. I. zu Osnabrück verstorbenen Archivrath
Dr. Karl Herquet, in welchem ich einen
Freund und Gönner verehre, einen Nekrolog zu
schreiben, da war ich mir der Schwierigkeit
meines Vorhabens wohl bewußt. Obgleich eine
lauge Reihe von Jahren ihm nahestehend, waren
mir die Einzelnheiten aus seinem Leben doch
nicht so bekannt, daß ich, darauf allein bauend,
meinen Plan Hütte ausführen können. Erst
durch gütige Mittheilungen von nahen Ver
wandten des Dahingeschiedenen, namentlich von
der Schwester desselben, dem Fräulein Therese
Herquet in Münster, die ihm in seinen letzten
Tagen eine treue Pflegerin war, ist es mir
möglich geworden, wenigstens die Hauptmomente
aus dem Leben unseres hessischen Landsmannes
den Lesern unserer Zeitschrift schildern zu können.
Daß aber Karl Herquet, bei seinen wissen
schaftlichen und literarischen Leistungen einen Ne
krolog verdient, und daß namentlich unsere Zeit
schrift für hessische Geschichte und Literatur, in
welcher er noch wenige Wochen vor seinem Tode
einen hochinteressanten Artikel über die einst so
berühmte fuldaer Porzellaufabrik veröffentlicht
hat,*) berufen ist, ihm einen Nachruf zu widmen,
das wird aus nachstehender Lebensskizze un
zweideutig hervorgehen.
Karl Herquet entstammte einer hoch-
angesehenen Familie, die aus politischen Grün
den 1668 aus der Picardie in das Fürstenthum
Fulda eingewandert war. Sein Urgroßvater,
Martin Herquet, war propsteilicher Amt
mann auf der bei Fulda gelegenen Propstei
Johannesberg. Karl Herquet's Großvater
war der rühmlichst bekannte Präfekt und Re
gierungsdirektor Lothar Herquet, ein ebenso
*) S. Nummer 24 der Zeitschrift .Hessenland", vom 15.
Dezember 1887.
ausgezeichneter Jurist wie Verwaltungsbeamter,
geb. am 30. Mai 1767 zu Johannesberg, gestorben
am 7. April 1849 auf seinem Landsitze Bronzell.
Lothar Herquet war ein eifriger Freimaurer
und Sprecher der Loge „Zum Frieden", die in Fulda
1807 oder 1808, also zur Zeit der französischen
Herrschaft, gestiftet worden war. Im Jahr 1813
wurde er durch den Kosackenführer General
Tschernitscheff, bei dessen Ueberfall von Fulda am
27. Oktober, als Präfekt des Großherzogs von
Frankfurt, des Fürstprimas K. Th. von Dal
berg, verhaftet und als Geißel nach Hanau ab
geführt, dort aber von General von Wrede
wieder entlassen. Karl Herquet's Vater,
Obergerichtsanwalt Or. Franz Herquet, geb.
zu Fulda am 9. Sept. 1802, gest. daselbst am
30. März 1869, war ein vorzüglicher Jurist
und trefflicher Kenner des fuldaischeu Privat
rechts. Beide, Großvater und Vater, haben sich
durch ihre schriftstellerischen Leistungen einen
geachteten Namen in der Gelehrtenwelt erworben.
Seine Mutter, geb. Schenck, war eine hoch
gebildete Dame, die auf das Gemüthsleben ihres
ältesten Sohnes Karl einen wesentlichen Einfluß
übte, während der Vater die Ausbildung der
geistigen Eigenschaften des talentvollen Sohnes
sich angelegen sein ließ. So konnte es nicht
fehlen, daß seine Erziehung eine sehr sorgfältige
wurde.
Geboren war Karl Herquet am 5. Okto
ber 1832 zu Fulda. Von Ostern 1843 bis
Ostern 1852 besuchte er das Gymnasium seiner
Vaterstadt. Er verließ dasselbe nach trefflich
bestandenem Maturitätsexamen, um Rechtswissen
schaft auf der Landesuniversität Marburg zu
studiren, wandte sich jedoch bald dem Studium
der Philologie und Geschichte zu. In Marburg
war er Corpsbursche der Hasso-Nassovia; er
hat diesem Corps sein Leben lang die treueste
Anhänglichkeit bewahrt. Außer auf der Univer-