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Bevölkerungsstand schließen und die Annahme
ist wohl berechtigt, daß derselbe im Herzen des
Landes in und um den so stark geschützten Haupt—
ort Mattium am dichtesten gewesen sein möge,
zumal die Umgebung zu den fruchtbarsten Strichen
des Chattenlandes gehörte und sicherlich schon dem
Ackerbau diente. Denn es ist nicht denkbar, daß
eine dichte Bevölkerung ohne solchen habe be—
stehen können. Lediglich von Jagd und Fischerei
konnte sie nicht leben und wenn uns die rö—
mischen Schriftsteller das Bier als Nationalge—
tränk unserer deutschen Vorfahren nennen, so
fetzt das nothwendig Getreidebau voraus.
Dafür, daß dieser Landstrich dicht bewohnt
gewesen sei, spricht auch die große Zahl der
Ortsanlagen in seinem Bereiche. Außer den
noch vorhandenen Dörfern zählen wir eine lange
Reihe solcher, welche in der historischen Zeit und
bis in das Mittelalter untergegangen und deren
Namen uns überliefert sind. Nicht geringer
wohl ist die Zahl der Orte und Siedelungen,
welche schon in dunkler Vorzeit verschwunden
sind, von denen man nicht einmal die Namen
mehr kennt und von denen man nur hier und
da die Spuren findet. Sie kommen vielfach in
dersteckten Thalwinkeln und an vereinsamten
Quellen, auch oft in Lagen vor, welche nicht
einmal diese bieten und auch dies spricht dafür,
daß einst eine gedrängtere Bevölkerung hier lebte,
welche sich zum Theil auf unwirthliche Wohn—
punkte verwiesen sah.
II. Die Mark Wichdorf.
An die Ebene von Gudensberg schließt sich
nördlich eine Thalbucht an, aus welcher der
Wiehoftbach (ursprünglich „Wichaffa“ und noch
in der Theilungs-Urkunde der Gebrüder Mel—
chior und Daniel Heß v. Wichdorff von 1565
„Wichoffe“ genannt) vereint mit dem Rheinbache
und dem Matzoftbache (früher eaan her⸗
abkommt und sich in das Emsflüßchen ergießt.
Diese Thalbucht mit ihren Umgebungen bildet
die Wichdorfer Mark, welche nördlich und
westlich von erwähntem Emsflusse, südlich von
der Metzer Gemarkung und östlich von dem
Langenberge begrenzt war.
Hauptort dieser Mark war Wichdorf. Erst
im X. Jahrhundert wird dieser Ort in einer
um 950 ausgestellten Urkunde erwähnt, mittelst
deren ein gewisser Hunold das Dorf Gerestädt
in Thüringen, gegen das Dorf Almundehusen
„jacens in finibus Uuihdorphorum et Bala-
hornorum“ an das Stift Hersfeld vertauschte.
Im Jahre 1004 schenkte eine edle Matrone
Frederuna mit ihrer Schwester Imma dem Kloster
Kemnaden Güter zu Wittorp und zu Witilah
Weisel in Oberhessenn. Dann kommt Wichdorf
145 in einem Fritzlarer Stiftsregister vor und
169 vergleicht sich zu Grünberg Hugo Hesso
vir nobilis in Vichedorphe“ mit dem Stift
Fulda über strittige Güter in Treyß ꝛc. — Dies
ind die ersten urkundlichen Nachrichten, welche
yon dem Dasein dieses Ortes Zeugniß geben,
rwar aber unstreitig viel älter und wahr—
cheinlich schon in der alten Chattenzeit vorhanden.
Pichdorf ist, wie wir später sehen werden, die
MNutter der Stadt Niedenstein geworden, und
vir werden auf diesen denkwürdigen Ort später
urückkommen. Außer demselben gab es in der
Nark Wichdorf noch eine größere Anzahl von
Zurgen und Dörfern, welche aber größtentheils
m Laufe der früheren Jahrhunderte verödet
ind zu Wüstungen geworden sind. Wir führen
dieselben in folgendem vor:
4. Almundeshusen, dessen vorerwähnte Ur—
unde von 950 schon neben Wichdorf gedenkt.
5s lag an der Ems, dicht neben dem Orte, wo
päter das Kloster Merxhausen gegründet wurde
ind ist von dem Stift Hersfeld diesem Kloster
inno 1225 geschenkt worden. Ende des XIP.
Fahrhunderts war es bereits Wüstung.
2. Die Altenburg — eine uralte Bergfeste,
oahrscheinlich schon altchattischen Ursprungs —
ag auf dem gleichnamigen Berge nordwestlich
»on Niedenstein. Dilich bemerkt darüber in seiner
üChronik, es solle da vor alten Zeiten eine Stadt
selegen haben. Nur Spuren von Wällen und
ßräben sind von ihr noch übrig, während Mauer—
este nicht vorhanden sind. Die Zerstörung muß
chon in vorhistorischer Zeit erfolgt sein, denn
nan hat von dieser Burg keine urkundliche
Nachricht.
3. Elmshagen (Elwineshayn, Ellenshein“)
ioch vorhandenes Dorf am oberen Endeé des
Vichoffethales am Götzenberge (Gynzenberge)
‚elegen, gehörte ursprünglich den Herren v. Wich—
orff Wackermaul'scher Linie, von denen 1834
heribert Wackermaul seinen Antheil des Ortes
ind des Gyncenbergs an Theoderich Hund und
dunigunde dessen Hausfrau verkaufie. — Auch
donrad Wackermaul verkaufte an sie in demselben
Jahre seinen antheiligen Besitz an diesen Gütern
jebst Gerichten und allem Zubehör. Einen dritten
luntheil an Elmshagen besaß als Mainzisches
ehen Widukind Wackermaul, nach dessen erben—
osem Tode Erzbischof Heinrich von Mainz 1346
»ie v. Dalwigk damit belieh. 1449 gelangte
er Ort unter landgräfliche Hoheit, wurde aber
on denen v. Dalwigk zu ihrem Gericht Schauen—
urg gezogen und so aus dem Wichdorfer Mark—
erband herausgerissen.
4. Emserberg ( Imbsenbergk, Mensebergk“)
in Dorf am Fuße des gleichnamigen Berges
nordöstlich von Merxhausen. Es gehörte früher