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Eine Radikalkur.
Lrzäßlung von Wilhelm Bennecke.
(Fortsetzung.)
Bevor wir mit Franz und Dora an der auls er sich das Getränk nach seiner Methode
Gesellschaft im, Schröder'schen Staatszimmer nischte, bei welcher die Caraffe eines betracht—
Theil nehmen, sei noch kurz berichtet, welches lichen Theils ihres Inhalts entledigt wurde.
Gespräch soeben daselbst stattgefunden. „So ist's recht, Hollerchen, so gefällst Du mir,
Frau Hulda hatte, wie wir bereits vernommen nein Erzengel.“ — „Ich finde es übrigens
haben, mit der Frau Pfarrer den Schützenhof durchaus nicht hübsch von Ihnen, Herr Schröder,“
derlassen, um sich nach Hause zu begeben, unter? egann darauf die eine der Daͤmen, nachdem
wegs waren beide Damen von der Frau Haupt- vie andere sich unwillig geräuspert hätte, „daß
zollamtskontroleurin eingeholt worden und das -„ie den Namen Ihrer lieben Frau auf eine
wohl zusammen harmonirende Trio beschloß, den olche Weise verunstaͤlten.“ — „Das verstehen
Abend auch in trauter Vereinigung zu be- Sie nicht, Frau Hauptzollamtskoniroleurin,“ ent—
schließen, zu welchem Zweck bei Frau Schröder gegnete der Angegriffene in großer Seelenruhe
ein Täßchen Thee getrunken werden sollte, ob- nit dem Löffelchen in seiner Taͤsse herumrührend,
gleich der Letzteren bei ihrem Sparsamkeitssystem „Hollerchen ist ein ganz allerliebster Name für
es schon lieber gewesen wäre, wenn sie einen neine theure Ehehälste, ein Name, wie er gar
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hätte, aber sie mußte schließlich gute Miene zum Er hat nichts Christliches an sich,“ warf die
»ösen Spiel machen. Kaum war jedoch das Frau Pfarrer ein, „und ich würde mir Solches
erste der in Aussicht genommenen vielen Täßchen in der Stelle Ihrer Gattin durchaus nicht ge⸗
zeschlürft, als die im besten Zug befindliche allen lassen.“ — „Hollerchen ist auch keine
Anterhaltung, in welcher natürlich nur dem hristliche, sondern eine heidnische Tikulatur, Frau
Zlatsch gehuldigt wurde, eine unliebsame Stö— hastorin,“ belehrte sie der unerschütterliche Daniel,
rung dadurch erfuhr, daß Herr Daniel auf der „Sintemalen das Wort von der Frau Holle
Bildfläche erschien und zwar in keiner sehr herkommt, die eine heidnische Göttin und dabei
sosigen Laune. Frau Hulda hegte anfangs die ine recht böse Sieben gewesen sein soll und da
doffnung, daß ihr Eheherr sich kurzer Hand neine Eheliebste auch halb eine Götlin, halb
vieder aus dem ihm sonst nicht sehr sympathischen ine —“ Hulda ließ ihren Mann nicht ausreden,
Damenkreise zurückziehen werde, aber sie sollte ie schnitt ihm den Schlußsatz seiner Auseinander?
iich getäuscht haben. „Willst du nicht lieber tzung ab, indem sie mit schneidender Stimme
mit Franz in der Wohnstube eine Cigarre agte: „Ich finde es von Franz sehr unrecht,
cauchen?“ hatte sie, ihn gefragt, und darauf daß er nicht, wie es sich gehoͤrt, wenn man bei
von ihm die brummige Ankwort erhalten, daß. einen Eltern zu Besuch ist, um die übliche Zeit
wenn er mit Franz eine Cigarre rauchen solle, iach Hause kommt.“ — „Laß doch dem Jungen
er rechts um kehrt machen und auf den Schützene ein Plaisir,“ rief der Vater dagegen und setzte
Matz zurückmarschiren müsse. „Was?“ rief Frau die bekannten Worte hinzu: „Wir sind ja auch
Hulda mit noch spitzerer Nase, „Franz ist nicht inmal jung gewesen — und haben lieber ein
bei dir geblieben? Ich sah euch aber doch zue Tänzchen gemacht, als bei den Frau Basen ge—
sammen fortgehen.“ — „Ja wohl, Frau Spionin! essen. Bitte tausend Mal um Entschuldigung,
Ihnen zu dienen!“ erwiderte der Gatte, „wir neine Damen, daß mir das so herausgefahren
waren auch zusammen beim „Geneverschatz“, k.“ — „Und mit wem glaubst du denn,“ fuhr
wenn Ihnen dies etwa wissenswürdig dünkt, zulda fort, um dem Gespräch eine andere Weu—
aber der Franz ist wieder auf den Berg dung zu geben, „daß der Franz da oben tanzen
gegangen, höchstwahrscheinlich um noch 'mal vird?“ — „Nun zum Kukut, mit wem denn
einen ordentlichen Hopser zu tanzen, aber nun Unders, als mit der Dora!“ — Bei diesen
gebt mir eine Tasse von eurem Gebräu da Worten setzten alle drei Damen a tempo ihre
und die Caraffe mit dem Rum, denn als Haus- Theetassen, die sie gerade zum Munde führen
herr kann ich ja wohl auch uneingeladen an den vollten, auf den Tisch und jchienen wie hypno—
Vergnügungen, die hier abgehalten werden, Theil isirt zu sein.
nehmen.“ Mit sichtlichem Widerstreben schenkte „Nun, was ist da auf einmal zu sitzen, wie
Hulda ihrem Manne eine Tasse Thee ein und doth's Salzsäule,“ fuhr Herr Daniel fort wenn
holte aus einem Wandschränkchen die Rumcaraffe. dem Franz die Dora gefällt und er sie zur
„So ist's recht, Hollerchen,“ sagte Herr Daniel. Frau nehmen will. meinen Segen hat er. Ich