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bekannt sei, was ja auch aus seiner Handlungs
weise hervorgehe. Uebrigens wohne er nur zur
Miethe, ihm selbst könne kein Haus angezündet
werden, wohl aber könnten Häuser unschuldiger
Nachbarn mit abbrennen. Der Oberst nahm den
Befehl wegen Anzündens des Hauses zurück, mit
dem es ihm wohl überhaupt nicht Ernst gewesen
sein mochte. Es wollten zwar einige meiner
Landsleute von lebhafter Phantasie schon die
Pechkränze gesehen haben, die aus dem Pulver
wagen genommen seien, aber ich habe weder Pulver
wagen, noch Pechkränze gesehen und bin dabei doch
keinen Augenblick vom Kriegsschauplätze entfernt
gewesen. Wohl ober nahm ich zu meiner großen
Freude davon Kenntniß, daß der Oberst den
Befehl gegeben, es sollten achtzig Mann dieser
prächtigen Kürassiere als Exekutions-Kommando
in der Stadt zurückbleiben. Doch auch dieser
Befehl wurde zurückgenommen, als der Onkel
immer neue Batterien gefüllter Burgunderflaschen
auffahren ließ, und das schon aufmarschirte Kom
mando rückte zu meinem großen Bedauern wieder
ab.
Unterdessen zogen Abtheilungen aller Waffen
gattungen mit Geschützen gegen Eschwege durch.
So viel ich weiß, ist es dort zu keinem Gefecht
gekommen. Die Stadt wurde den Franzosen
übergeben und die entwaffneten hessischen Soldaten
gingen nach Hause. Das Kurfürstenthum war
unterworfen und wurde vom General Lagrange
solange verwaltet, bis Napoleon durch den Frieden
von Tilsit aus Hessen, Braunschweig, Süd-Hannover
und den auf dem linken Elbufer gelegenen preußischen
Landestheilen das Königreich Westfalen bildete
und die neue Königskrone seinem Bruder Jorüme
verlieh. (Fortsetzung folgt.)
Das Kloster In Uordshonftn
bei Kassel.
Als der mächtige Geist Luther's das Land durchzog,
Auch im hessischen Gau stürmisch im Fluge drang
Durch die Pforten der Kirche,
Traf das Kloster ein gleiches Loos.
Hochaltar und das Kreuz, Kerzen und Bild
verschwand,
Meßbuch, Kelch und Monstranz wanderten in
den Schrein
Zn antikem Geräthe,
Oder in der Zerstörer Hand.
Und das Becken von Stein, welches zur Taufe einst
Diente, ward als Altar anderem Brauch geweiht,
Einem Trauergewande
Glich die Decke, die schwarze, jetzt.
Stürme nagten gar bald an dem verlass'nen Haus
Mit der Zelle, in der einsam die Braut des Herrn
Einst ihr Ave Maria
Beim Geläute der Vesper sprach.
Ein verwitterter Stein kindlicher Bildnerkunst,
Seinem Grabe entrückt, deutet dem Wand'rer nur,
Daß die heilige Stätte
Frommer Schwestern Asyl einst war.
Doch kein anderer Stein zeigt uns die Gräber heut,
Wo vermodert ihr Staub, Schleier und Ordenskleid,
Unter welchem das Herz, der
Welt entsagend, für Gott nur schlug.
Nur die Kirche allein mit dem zerfall'nen Thurm
Und ein altes Gebänd', das mit dem Thurm vereint,
Sind die einzigen Zeugen
Eines Klosters vergangener Zeit.
Oed', versunken in Schutt, lieget die Sakristei,
Dornen, Nesseln und Gras sprossen aus ihr empor,
Und die Spinne umwebt des
Tabernakels geweihten Raum.
Scheiben, wettergetrübt, füllen die Fenster, die
Einstmals Bilder gezieret, herrlich im Farbenspiel,
Das die Betenden hüllte
In ein magisches Dämmerlicht.
Jahre haben zerstört gothischer Fenster Zier,
Blinder Eifer verbannt jegliches Heil'genbild;
Graue Tünche der Wände
Spottet früherem Bilderschmuck. —
Nimmer wieder ersteht, was da verschwunden, doch.
Ein empfänglich Gemüth findet Ersatz und Trost
Für das Untergegang'ne
In dem Gemälde der Gegenwart:
Freundlich schmiegt sich das Dorf an das geweihte
Hans,
Und im sonnigen Thal ringsum erfreu'n das Aug'
Dörfer, blühende Felder
Und bewaldeter Berge Pracht.
An der Kirche empor bis zu dem Dachgebülk,
Rankt im ewigem Grün mächtiger Epheu sich,
Mit den« grünen Gewände
Gab Natur ihr erneu'ten Schmuck.