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falls mit polizeilicher Hülfe, nöthigte Lepel im
Januar 1839 auch seine Entlassung als Minister
zu erbitten und ein Portefeuille niederzulegen, zu
dessen Erlangung er selbst keinerlei Schritte ge
than hatte.
Außer der ihm von seinem ersten Herrn sicher
gestellten Pension von 1200 Thlr. erhielt er
nur 300 Thlr. Staatspension.
Dem in seinen Gefühlen durch solchen Aus
gang der Dinge wenig gehobenen Mann eröff
neten sich unerwartet im Herbste 1840 Aussichten
seine Lage zu verbessern und wieder ein Feld
der Thätigkeit zu erlangen.
Der regierende Herzog Ernst I. von Coburg-
Gotha bot ihm die, durch den Tod des Ministers
von Carlowitz erledigte Stelle eines dirigirenden
Geheim-Raths und Staatsministers an. Er
zögerte nicht mit der Annahme des gut dotirten
Vertrauenspostens und nachdem er seine Loslös
ung aus hessischem Verbände durch Verzicht auf
die Staatspension und Niederlegung der Kammer
herrnwürde — bei welcher Gelegenheit er jedoch
erklärte, „sich immer noch als Kammerherrn des
Hochseeligen Kurfürsten zu betrachten", erlangt
hatte, siedelte er zu noch 33 Jahre dauerndem
Aufenthalt nach Coburg über.
So lange der damalige Herzog lebte, welcher
die konservativen Grundsätze seines ersten Be
amten billigte und theilte, ging Alles vortrefflich.
Im Januar 1844 starb aber der Herzog, und sein
Sohn Ernst II. folgte ihm in der Regierung.
Der junge, von liberalen Ideen durchhauchte, zu
Neuerungen neigende Fürst mußte mit seinen
Anschauungen vielfach in Widerspruch treten mit
den Ansichten des peinlich gewissenhaften, von
den Rechten und Pflichten fürstlicher Autorität
im höchsten Grade durchdrungenen und wenig
zu Konzessionen neigenden Vertreters der alten
Schule. Namentlich trat diese Verschiedenheit
der Ansichten bei Abwägung der Rechte hervor, die
der Herzog seinen Ständen gegen den Rath
Lepels einräumte. Dies veranlaßte ihn, zurückzu
treten. Der erbetene Abschied wurde ihm zu
Anfang 1846 in gnädiger Weise und unter, für
damalige Verhältnisse sehr günstigen Bedingungen
gewährt.
Auf den Wunsch des Prinzen Albert, Gemahls
der Königin Victoria, übernahm • der nun für
immer aus dem Staatsdienst Geschiedene die
Vertretung dieses nächsten Agnaten und präsum
tiven Thronerben des Hauses, in allen seinen
heimischen Angelegenheiten, namentlich die Fidei-
kommißverwaltungen der Coburgischen Besitzungen.
Eine sehr freigebig angebotene Entschädigung für
seine Mühewaltung lehnte er ab.
Dann kam das Jahr 1848 mit seinen Hoff
nungen und seinen Alles in Verwirrung bringen
den Umstürzen und Enttäuschungen. Es brachte
in seinem Gefolge auch für Lepel manchen Kampf.
Im Interesse seines Mandanten und der übrigen
Agnaten: des Königs Leopold der Belgier und
des Herzogs Ferdinand kämpfte er für die Rechte
derselben am Domamen-Vermögen, welches der
Herzog in eine Allodialrente umwandeln wollte.
Es liegt ein umfangreicher Briefwechsel über
diese Fragen mit dem Prinz Gemahl vor, der
sich indessen der Benutzung resp. Veröffentlichung
aus mancherlei Gründen entzieht. Es ist aber
doch daraus zu ersehen, daß der Prinz später in
seinen Ansichten sich dem herzoglichen Bruder
anschloß und daß Lepel, welchen die Erlebnisse in den
Jahren 1848 und 1849 nur noch mehr in seinen
Grundsätzen des Beharrens auf konservativer
Basis bestärkt hatten, deshalb auch dies letzte Amt im
Sommer 1851 niederlegte. Kurz vorher hatte
er den Schmerz erlitten, seine treue Gattin zu
verlieren.
Lepel blickte auf ein ungewöhnlich langes und
erfahrungsreiches Dienstleben, welches ihn in
Beziehungen mit den meisten der für Deutsch
land maßgebenden Persönlichkeiten gebracht hatte,
zurück. War seinem redlichen Wollen, seiner
rastlosen Thätigkeit, nicht immer Anerkennung
und Erfolg verliehen, so hat er doch genug
Gutes geleistet, um sich für alle Zeiten das
rühmlichste Andenken zu erhalten. An äußeren
Ehren hat es ihm nicht gefehlt, beide Hessen,
Baden, die thüring'schen Staaten, sogar Portugal
hatten ihm ihre höchsten Orden verliehen.
Noch eine lange Reihe von Jahren dauerte
der Lebensabend des Greises. Im 86ten Lebens
jahre schloß er das dritte Ehebündniß mit Wil
helmine Freiin von Meyern-Hohenberg. Der
Mann, der dem alten Reiche gedient hatte, der
aufrichtige Anhänger Oesterreichs und des
Staatenbundes sah noch, wenn auch nicht leichten
Herzens die Wandlungen, welche das Jahr 1866
brachte, er sah noch die Entstehung des neuen
Reiches und einer seiner Söhne hat durch seinen
Heldentod mit dazu beigetragen, daß es wieder
einen Kaiser über Deutschland gibt.
Daß die Größe des Vaterlandes erreicht
wurde, obgleich auf anderem Wege wie auf dem
von ihm eingeschlagenen und für richtig gehal
tenen — mußte dem alten deutschen Patrioten
die letzte Freude bereiten.
Er starb am 10. November 1873 im fast
vollendeten 94. Lebensjahre in Coburg. —