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eine bürgerliche Nahrung und Handlung zu bringen,
eine neue Stadt an dem Einflüsse der Diemel in die
Weser zu bauen und derselben den Namen Carls-
hasen gegeben. Gestalten dann Höchstgedachte Jhro
HochfürstÜche Durchlaucht den jetzt (1722) noch daselbst
wohnenden Ingenieur Major Friedrich Conradi zum '
Baudirektor besagter neuen Stadt gesetzt und aus !
landesväterlicher hohen Vorsorge herrliche Gebäude !
Don Steinen und insbesondere das kostbare Lazareth j
Dor die in Kriegsdiensten verdient grmachten und |
blessirten Invaliden aufbauen lassen und mit genug- !
samen revemie^ begnadigt, damit die Invaliden reich
liche Verpflegung darin haben können. Auch hat er,
damit Jedermann heilsame Justiz widerfahre, einen
Oberamtmann und drei evangelische Prediger in be
sagte neue Stadt gesetzt und dieselben mit reichlichen !
Besoldungen versehen. Der erste Oberamtmann ist !
Nathanael von Stoff gewesen, wie dann anjetzo Carl
von Mannsbach als Oberamimann und Wolrad
ReichhMdt, Ueentiatim juris, als Oberschulrheiß das !
Oberamt heilsamlich administriren. ,
Anno 1722. Da in diesem Jahre 30 Familien, !
welche wegen der wahren evangelischen Religion aus j
Piermont vertrieben worden, bei unserem regierenden *
lieben Landesfürsten um Schutz und Aufnahme unter- *
thänigste Ansuchung gehan; so haben Ihre Hoch- ,
fürstliche Durchlaucht aus geborener Hochfürstlichen .
Gnade und Clemcnz diesen vertriebenen aus Piemon-
tesischem Lande väterlichen Schutz geaebeben und
15 Familien zwischen die Weilehütte und Gieselwerder
bei die Spiegelglashütten und 15 Familien zwischen
das hiesige Fsrsterhaus gegen Wahnbecke zu bauen •
angewiesen, darneben mit Baumaterialien und Saat- !
fruchten in Gnaden versehen lassen, zugleich dem ersten -
Orte den Namen Gottestreu und dem zweiten Ort '
den Namen Gewissensruhe geben lassen.
Itter schließt seine Aufzeichnungen am 24. Novbr. ,
1722 mit dem Wunsche:
„Der große Gott, welcher aller Fürsten Hertze in j
Händen hat, wolle unseren regierenden theueren Landes- j
fürsten und Herrn ferner in seinem gnädigen Schutz j
erhalten, denselben leiten und führen, daß er wie bis
her in der wahren Religion und Gottesfurcht seinen
Unterthanen vorstehe und dieselben so lange glücklich
regiere, bis er lebenssatt und altersmüde sein Leben
beschließe. — R.-L.
*
* *
Als die Landgrafen Ludwig und Heinrich !
am 2. März 1460 die hessischen Länder unter sich !
theilten, wurde rühmend hervorgehoben, daß Hessen j
die Schutzgerechtigkeit über Fulda, Hersfeld und !
Corvey habe. Im hessischen Archiv zu Ziegenhain ,
fanden sich mehrere hierher gehörige Urkunden/ welche !
in dem nach dem Ableben Philipp des Großmüthigen
angefertigten Repertorium wie folgt zusammengestellt
sind:
Reversalia Derjenigen, welche die Fürsten zu Hessen !
in Berspruch (Schutz) genommen. !
Es haben die Fürsten zu Hessen etliche Städte, j
Klöster und Gemeinden in Ihren Berspruch genommen j
gegen einen gewissen Versprach — oder Schutzgeld,
wie hiernach folgt:
Barchfeld.
Landgraf Wilhelm der Mittlere zu Hessen re. Und
haben die Inwohner dagegen 16 Gulden jährlich zu
liefern bewilligt anno 1494.
Bredelar.
Das Kloster Breydeler Landhofmeister und Re
genten des Fürstenthums zu Hessen (während der
Minderjährigkeit Philipp d. G.) anno 1511.
Erfurt.
Landgraf Ludwig zu Hessen gegen 300 Gulden
jährliches Schutzgeld auf 20 Jahre, anno 1446.
Frankfurt.
anno 1450. Graf Philipp von Catzenelenbogen
gegen 100 Gulden Verspruchsgeld jährlich.
Flechdorf (Kloster).
Landgraf Wilhelm zu Hessen gegen eine jährliche
Summe anno 1507.
Goßlar.
anno 1501 Landgraf Wilhelm aus 8 Jahre gegen
200 Guldeu jährlich.
Göttingen.
anno 1493 Landgraf Wilhelm auf 8 Jähre uud
anno 1500 auf 12'Jahre gegen 200 Gulden jährlich.
Heina.
Landgraf Wilhelm „Gegen Ihr Gebett und Gottes
dienst" anno 15(8 Freytags post Martini.
Es folgen nun noch weiter: Hildesheim —
Marsbergk — Mühlhausen — Nürnberg
— Ober-Möllerich — Höxter — die rittet-
schaftlichen Orte Mellbach und Florstadt —
Notdhansen — Oberwes el — Waldeck —
Wetzlar — theils unter Festsetzung einer jährlichen
Geldzahlung, theils als Gegenleistung: Gebet und
Gottesdienst, auch unter Zusicherung gegenseitigen
Beistandes.
Man ersieht hieraus, welches Zutrauens und An
sehens, welcher Macht und Gewalt unsere hessischen
Fürsten sich damals erfreuten. *£4***.
Hessische Mcherschan.
Das neueste (Februar-)Heft der Rodenberg'schen
„Deutschen Rundschau" enthält S. 303—306
einen kleinen Aussatz von A. Duncker: „das erste
Schreibbuch Friedrichs d. Gr. und einige Briefe des
selben aus seiner Knabenzeit."
Unter den Merkwürdigkeiten der Kasseler Landes
bibliothek wird bekanntlich auch das erste Schreibbuch
des großen Königs aufbewahrt, welches von dem
Kronprinzen Friedrich 1717, als dieser 5 Jahre alt
war, begonnen wurde. Auf welche Weise das Heft
in die Landesbibliothek gekommen ist, steht nicht fest.
Sicher ist, daß es derselben schon vor dem I. 1794
angehört hat. 1885 war das Heft auf Ersuchen des
Direktors des Hohenzollcrnmuseums im Schlosse
Monbijou bei den Erinnerungen an König Friedrich II.
ausgestellt. In dem erwähnten Aufs atz giebt der Verfasser
eine Beschreibung des Heftes, sowie weitere Angaben
über dessen Schicksale. Am Schluffe gelangen Priese