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betroffen hatte, einen ausführlichen Bericht, in
welchem es am Schluffe heißt:
„Die Stadt war bei dem großen Feuer um-
„fomehr in größter Gefahr und Aengsten, indem
„der dazumal wehende gar starke Wind die
„Funken über die ganze Stadt trieb und aus
streute. Gott der Allmächtige hat aber das
„Unglück abgewendet und die Stadt behütet, daß
„es darin! cn nicht gebrannt ; es ist aber in der
„Stadt und auf den Dörfern vieles geplündert
„und hinweggenommen worden, daß also der
„Schade allermaßen groß. Das Fener unter
„den Rui ien glimmt noch stets und dürfte so-
„bald noch nicht völlig gelöscht werden können.
Im Jahre 1830 ließ der damalige Landbau-
mcister zu Hersfeld, Leonhard Müller das
Innere der Kirche — welche als städtisches
Holzmagazin benutzt wurde, aber auf seine Ver
anlassung geräumt werden mußte — herrichten
und den 2 bis 3 Fuß hohen Schutt fortschaffen.
Bei dieser Gelegenheit fand man stellenweis
fußhoch verkohltes Korn, von dem noch jetzt hie ,
und da Ueberreste sich zeigen.
Nach der Aufräumung kamen die Grabsteine
mehrerer berühmter Männer zum Vorschein,
welche in Hersfeld gestorben und in der Stifts- !
kirche begraben sind, darunter auch der Denk- I
stein des im Jahre 1606 gestorbenen Abtes Jo- *
achim Roll, des letzten einer langen Reihe von
Aebten, welche über 800 Jahre dem Stifte i
vorgestanden hatten. Als man die Ruine der !
Stiftskirche noch als städtisches Holzmagazin be- !
nutzte, wurde auf dem schönen und großen Grab- i
steine des Gelehrten Friedrich Risner, gebürtig
aus Hersfeld, gestorben daselbst 1580, Holz ge
spalten. Risner lebte größteutheils in Paris
als Professor der Mathematik und Gehilfe des i
berühmten Petrus Ramus. Als letzterer 1572 !
ein Opfer der Pariser Bluthochzeit geworden
war, zog sich Risner in seine Vaterstadt Hers
feld zurück und als er daselbst starb, widmete .
ihm der Abt Ludwig jenen Denkstein. Im
Mittelsckiff befindet sich das Grabmal des Dr. Mel, j
geboren zu Gudensberg 1666, gestorben zu Hers- >
feld 1733. Dieser erhielt seine erste Bildung
auf dem Gymnasium zu Hersfeld und wurde
später Rektor desselben, zugleich geistlicher In
spektor der Kirchen und Schulen des Fürsten
thums Hersfeld.
Er war ein hochgebildeter Mann, ein tiefer
Kenner der alten Sprachen. Unter seinen hinter
lassenen Schriften verdienen sein Gebetbuch und
„die Posaunen der Ewigkeit" besonders erwähnt
zu werden."
Bei dem Brande waren die Gewölbe der
Krypta durch den Einsturz des Dachwerks durch
geschlagen und die Krypta selbst ganz verschüttet
worden. Man reinigte dieselbe bei Aufräumung
der Kirche gleichfalls vorn Schutt, fand aber
nirgends eine Spur von einem Grabe oder Ge
denkstein.
Schon im Jahre 1828 war mit geringen
Mitteln die Rundung des Chores, welche sehr
schadhaft geworden war, so ausgebessert worden,
daß ihr drohender Einsturz verhütet wurde.
Dagegen waren damals weitere Mittel zur Aus
besserung der übrigen schadhaften Theile nicht
zu beschaffen. Späterhin veranlaßte der ge
nannte Landbaumeister Leonhard Müller die da
malige Kurfürstin Auguste, Schwester des Königs
Friedrich Wilhelm III. von Preußen, auf einer
Durchreise durch Hersfeld, die aufgeräumte
Stiftskirche in Augenschein zu nehmen. Dieselbe
wurde von dem Anblick der großartigen Ruine
so ergriffen, daß sie deren Erhaltung lebhaft
wünschte, und da sie erfuhr, daß Geldmittel
nicht zur Verfügung stünden, so ließ sie kurz
nachher aus ihrer Schatull-Kasse zu diesem Be
hufe 600 Thaler anweisen. Diese Summe
wurde so verwendet, daß die Erhaltung des
Mauerwerkes auf längere Zeit gesichert er
scheinen konnte. Und so bleibt unter den zahl
reichen Ruinen, welche französische Zerstörungs
wuth im westlichen Deutschland hinterlassen hat,
neben dem Heidelberger Schloß die Stiftskirche
zu Hersfeld eine der denkwürdigsten.
Prof. vr. Adolf Müller.
Mi-piae Engelhard, ged. Gatterer.
(Schluß).
Die erste Sammlung von Gedichten, welche Philippine
Engelhard noch vor ihrer Berheiralhung mit dem
Kriegsseeretär Johann Philipp Engelhard unter ihrem
Mädchennamen Philippine Gatterer herausgegeben
hat, erschien mit 4 Kupferstichen von Chodowiecki ge
schmückt, 1778 in Göttingen, die zweite Sammlung
unter dem Titel „Gedichte von Philippine Engelhard,
geb. Gatterer", gleichfalls mit 4 Kupferstichen geziert,
1782 zu Güttingen. Im Jahre 1787 gab sie „Neujahrs
geschenk für liebe Kinder", ein Erziehungsbuch für
Kinder, wie sie diese Gedichte selbst nannte und zuerst
für ihre eigenen Kinder bestimmte, 1789 „Neujahrs
wünsche" heraus. Die dritte Sammlung ihrer Ge
dichte erschien 1821 zu Nürnberg unter dem Titel
„Neue Gedichte", mit dem Bildniß der Verfasserin
und einem Kupferstiche versehen. Eine große Anzahl
von Gedichten veröffentlichte sie in dem von Voß und