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wurden sie ein Brautpaar." Am 24. September 1780 ?
fand die Verlobung statt, welche die Braut durch ein Ge
dicht feierte, und am 23. November wurde die Trauung
in der Kirche zu Roßdorf bei Göttingeu vollzogen.
Wie glücklich die Ehe war. beweist Philippinens eigenes
Geständniß: „sie habe in derselben ganz das Ideal,
welches man ihr oft als übertrieben auszureden ge
sucht, wo Freundschaft und Liebe, Hochachtung und
Vertraulichkeit sich vermengen, gefunden, sodaß sie
ihre. Ehe als das Vorzüglichste betrachte, was sie
ihrer Dichtkunst zu danken habe." Und ihr Gatte, eine
wegen seines Charakters, seiner Kenntnisse und seiner
Berufstreue in Kassel hochangesehene Persönlichkeit,
der Sohn jenes Regnerus Engelhard, der als Muster
bild eines hessischen Beamten der damaligen Zeit an
gesehen wird, äußerte sich in ganz ähnlicher Weise
über das Heil, das ihm seine Ehe gebracht. Phi
lippine Engelhard wurde hier in Kassel bald eine der
Unsrigen; wiederholt hat sie sich in ihren Gedichten
dahin ausgesprochen, daß sie sich glücklich fühle durch
ihre Berheirathung eine Hessin geworden zu sein, und
daß sie ihre neue Heimath über alles liebe. Die
zweite Sammlung ihrer Gedichte, welche 1782 er
schien, widmete sie dem Landgrafen Friedrich II. mit
folgendem schwungvollen Gedichte:
O daß an meiner Leser Spitze
Auch meines Fürsten Name glänzt!
Daß Friedrich, von dem Fürstensitze,
Die Dichterin mit Beifall kränzt!
Ihr wäret schüchtern, meine Lieder,
Faßt Muth! Ihr seid geehrt genug.
Werft euch zu seinen Füßen nieder;
Gesammelt in dies kleine Buch.
Ja Fürst! an Deines Hessens Grenzen
Wuchs ich zur Sängerin empor.
Nur singen wollt ich, niemals glänzen,
Doch hörte mich manch lauschend Ohr.
Anch hört's ein Mann aus Deinem Lande,
Der Dienst und Herz geweiht Dir hat,
Und zog mich, durch der Liebe Bande,
In diese stolze Fürsten-Stadt!
Dein Kassel — cs ist Deutschlands Ehre,
Durch Anmuth, Seltenhett und Pracht!
Du schätzest hoch der Musen Chöre
So kriegerisch Du stets gedacht.
Voll Hoffnung seh' ich es und schweige —
Und les' in Deinem Vaterblick,
Bor dem ich erfurchtsvoll mich neige,
Mein und der Meinen künft'ges Glück!
(Schluß folgt.)
Arr Keirrrirh Koenig.
Gedicht von Fr««? Dinzelßett.
Der bekannte Romanschriftsteller Heinrich Koenig, unser
hessischer Landsmann, war im Frühjahr 1840 als
sog. „Zobelfänger" von Hanau nach seiner Vaterstadt
Fulda versetzt worden. Dein bisher an der Finanz
kammer beschäftigten Beamte» und Nichtjnristen war
die Stellung eines Secretärs am Fuldaer Obergericht
übertrage». In Fulda traf er mit Franz Dingelstedt,
welcher damals Lehrer am dortigen Gymnasium war,
zusammen. Trotz der Verschiedenheit des Charakters
und der Lebensauffassung herrschten doch zwischen beiden
die freundschaftlichsten Beziehungen, welche in einem
Gedichte von tiefer Empfindung wiederklangen, das
Franz Dingelstedt an Heinrich Koenig richtete, als
diesen der schmerzliche Verlust seines einzigen Söhnchens
betroffen hatte. Man hat oft Dingelstedt den Vorwurf
gemacht, daß ihm das Gefühlsleben fremd wäre, daß
ihm die edleren Regungen des Gemüthes abgingen.
Dieses Gedicht beweist das Gegentheil. Dasselbe findet
sich nicht in der bei Gebrüder Paetel in Berlin er
schienenen Sammlung von Dingclstcdt's Dichtungen,
ist überhaupt nur sehr wenig bekannt geworden und da
empfiehlt es sich denn, daß es der Vergessenheit cnt-
riffen werde. Hier ist es:
. . . Xe forte ereclti*
lnteriturum! . . .
Gib Sie zurück, die früh geknickte Blüte,
Ach! in des Lebens Kranz die liebste dir,
Daß sie der Erde Mutterschooß behüte
Besser, als du's im Stande warst und wir!
Sie schien zu zart, drum ward sie abgeschüttelt,
Der Märzwind griff sie kalt und tödlich an;
Doch wenn er auch an dir, dem Stamme rüttelt,
Steh' fest, mein Freund, bewähre dich als Mann!
Ich fühle mit, glaub' mir, was du verloren.
Ob gleiches Leid mich nie betroffen hat:
Das letzte Kind, so Liebe dir geboren.
Den Erben deines Namens, deiner That;
Er war dein Trost in ungeliebten Räumen,
Ein Glied der Welt, die deine Kraft gebar,
Und Dämmerstunden ließen herrlich träumen
! Von seiner Zukunft, die auch deine war.
i Ja, schäme dich der seltnen Zähre nimmer,
Sie rinnt aus Quellen tief und übervoll.
Ein Vaterherz bricht sich in ihrem Schimmer,
Und die Natur heischt lindernd ihren Zoll.
Ja, wein' ihnsnach, wie aus des Himmels Schleiern
Ein leiser Thau wohlthätig niederfällt,
; Und beug' das Knie, das Hochamt mitzufeiern,
! Das Mond- und Lenznacht deinem Engel hält.