358
Unsere zwei alten Frelheitsbänme.
I.
Auf dem Forste.
Sei gegrüßt vor asten Eichen
Du, die fern von Waldespracht
Unter wackern Heldenleichen
Auf dem Forste hält die Wacht.
Wenn die Stürme dich umsausen,
Wenn der Nebel dich umwallt,
Wie dann deutschen Geistes Brausen
Sich erhebt mit Sturmgewalt!
Bald ist es wie Zornesgrollen
Und es färbt der Plan sich roth,
Und es tönt wie Donnersrollen:
Emmerich und Hasserodt!
Doch nicht immer hat dein Wipfel
Fluch der welschen Macht gerauscht,
Dein herbstlich gefärbter Gipfel
Hat auch Hymnen einst gelauscht.
Fünfzig Jahre war'n verronnen
Seit der großen Völkerschlacht,
Da hat der Oktobersonnen
Schönste deinem Fest gelacht.
Fahnenwallen, Jubelrufen,
Und, trotz welschem Hohn und Spott,
Braus't von des Altares Stufen
Ein „Nun danket alle Gott!"
Und dann zog ein mächtig' Mahnen
Durch manch' tapfres Hessenherz,
Und es stieg mit hehrem Ahnen
Das „Alldeutschland" himmelwärts.
Wohl liegt nicht in deinem Schatten
Dieses Tages Denkmal nun,
Uns'rer Aue grüne Matten
Seh'n den Heffenleuen ruh'n.
Aber über deinem Moose
Schweben Geister Tag und Nacht,
Die für's Vaterland, das große,
Wie das kleine treu gewacht.
Der dies schreibt, sah oft im Traume
Solchen stolzen Heldenreih'n,
Seit sein Wort am Freiheitsbaume
Heil'gen Boden durfte weih'n.
II.
In der Karlsaue.
In des Wintergartens Saale
An der Aue grünem Saum
Steht, nicht fern vom Leu'ndenkmale
Unser and'rer Freiheitsbaum.
Sechs und sechzig Jahre trugst du
Noch dein immergrünes Kleid,
Sechs und sechzig Jahre schlugst du
Brav dich durch im Sturm der Zeit.
Und es streuten deine Blüthen
Noch so lange duft'gen Staub,
Helle Goldorangen glühten
Noch in Deinem dunkeln Laub,
Seit die Kugel des Kosacken,
Der damals in unsern Reih'n
Beugen half des Korsen Nacken,
Dich traf in das Herz hinein.
Wolltest selber noch gern schauen
Wie der blinden Hessen Schaar
Dort auf Wörth's und Sedan's Auen
Fest gepackt den welschen Aar!
Hast erlebt, wie in der Nähe,
Jäh gestürzt von seinem Thron
Auf der stolzen Wilhelmshöhe
Einsam saß Napoleon.
Erst als nach neunjähr'gem Frieden
Fest gefügt des Reiches Bau,
War dir sanfter Tod beschieden
In der winterlichen Au'.
Doch aus Todesbanne ringen
Lebenskeime sich hervor,
Grüne Epheuranken schlingen
Sich am grauen Stamm empor.
Hoffnungsbild in dunkeln Tagen,
Wenn einst neue Wetter drohn,
Laß uns nimmermehr verzagen,
Gott ist unser Schild und Lohn.
Kassel, im November 1887. vr. 35. A.
Winter.
Frost und Eis und tiefer Schnee,
Winter rings auf Höh'n, in Gründen;
Keine Blume will sich künden —
Winterzeit und Winterweh!
Aber mir tief innen ist
Eine Rose aufgegangen,
Daß mein Herz bei ihrem Prangen
All' des Winters Leid vergißt.
3». John.