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regten sich mancherlei Vorurtheile gegen diese
Niederlassung, und die stammen opfermuthigen
Krankenflegerinnen hatten vielfach dagegen zu
kämpfen. Da wallte das für alles Gute und
Große begeisterte Herz der Dichterin auf, und
mit demselben ritterlichen Sinn, mit dem wohl
einst ihre Ahnen zum Schwert griffen, um die
Unterdrückten zu schützen, griff sie jetzt zur Feder
und, stei von aller konfessionellen Voreingenommen
heit, schrieb sie. die protestantische Stiftsdame,
eine Apologie des Ordens der barmherzigen
Schwestern. —
Die Fluth späterer belletristischer Erzeugnisse
hat hinweggeschwemmt, was einst von Sophie
von Gilsa aus dem Büchermarkt erschienen; zu
meist waren es Uebersetzungen aus dem Englischen
wie „Hypatia" von Kmgsley; denn die Dichter
England's waren es ja vorzugsweise, die ihr
Gemüth wie mit einem Zauber umsponnen hatten.
Mit Entzücken tauchte sie in die Gedankenfülle
und Bilderpracht eines Byron, Moore, Lonyfellow,
einer Felicia Hemans u. A., und was sie dort
lebendig erfaßt, das drängte dann wieder mächtig
zur künstlerischen Wiedergabe in der eigenen
Sprache.
Diesen Dichtern blieb sie treu bis an ihr
Lebensende, und so war denn auch ihre letzte
Gabe, ihr Schwanengesang, eine Anthologie
englischer Gedichte, die mit dem feinsinnigsten
Geschmack ausgewählt und mit leichter, sicherer
Formgewandtheit ins Deutsche übertragen sind.
Dieses Büchlein ist in hübscher Ausstattung im
Verlag von Aloys Maier in Fulda, 1858 er
schienen. Da der Herr Verleger so gütig war,
den Abdruck einiger Gedichte zu gestatten, so
mögen dieselben in der nächsten Nummer dieser
Zeitschrift folgen.
(Schluß folgt.)
Die 53. Z«l>ll»»ns»>«l»»- it» |tnin» fit hessische Geschichte i>>
Knsittsinnhe. °>
(Schluß.)
^Tadjbem der Vorsitzende des Vereins für hessische
1 Geschichte und Landeskunde, Herr Major C. von
^j^Stamford, in Fortsetzung seines Vortrages
über Ulrich von Hutten erwähnt hatte, daß Hutten
nicht bloß in Dürftigkeit seine mühevollen Tage hin
gebracht, daß er auch seit dem Jahre 1508 ein
schweres Leiden mit sich herumgetragen habe, welches
von jener seit der Entdeckung Amerikas nach Europa
verpflanzten Seuche herrührte, die so viel Unheil, so
viel Schmerzen und schweres Siechthum für die da
von Betroffenen zur Folge hatte, fährt Redner wie
folgt fort:
Huttens theuerer hochgehaltener Kaiser, der edle Max,
war am 12. Januar 1519 zur ewigen Ruhe einge
gangen. Im Reiche regten sich die nun ganz meister
losen Kräfte und der schwäbische Bund beschloß dem
Herzoge Ulrich zu Leibe zu gehen, gegen welchen
Kaiser Max nicht ernstlich eingeschritten war. Auch
für die Familie Hutten schien die Zeit der Vergeltung
des Mordes ihres Angehörigen durch den Herzog
gekommen, und unseren Ulrich finden wir im März
in dem verbündeten in Würtemberg einrückenden Heere.
Es hatte leichtes Spiel, da dem Herzoge die geworbene
Hilfe aus der Schweiz abwendig gemacht worden war
und er fast ohne Schwertschlag sein schönes Land auf
geben mußte. Einer der höchsten Führer des Bundes
heeres war Franz von Sickingen. Er und Hutten,
zwei große aus der Ritterschaft hervorgegangene Ge
stalten in deren letzter Zeit, der Eine das Schwert,
der Andere die Feder handhabend, Beide voll Geist
und Kraft, mußten sich anziehen. Bald schon wurde
das Verhältniß zur Freundschaft, die beiden Männer
waren fast stets zusammen.
Nach dem Feldzuge hielt sich Hutten zur Cur in
dem Wildbade auf und das Gefühl wiedererlangler
Gesundheit schwellte seine Brust mit neuen Lebens
hoffnungen, der Gedanke an eine Lebensgefährtin
tauchte in ihm auf. Wir können es wohl glauben,
daß dem durch die Verhältnisse wie durch die Unruhe
seines Geistes und Wanderlust so vielfach Umherge-
triebenen das Bild eines Hafens in stiller glüÄicher
Ehe lockend erscheinen mochte. Wie er aber sich da
rin gefühlt haben und wie sein dem Kampfe gewid
metes Leben sich unter einer solchen Fessel gestaltet
haben würde, muß unentschieden bleiben, da die ziem
lich lang geführten Verhandlungen nicht zum ge
wünschten Ende führten. Man wird gefesselt von
Huttens Aeußerungen, in denen er beschreibt, welche
Eigenschaften seine Frau haben müsse und was er
an äußeren Umständen zum Leben beanspruche. Eine
Edeldame Frankfurts scheint die Erkorene gewesen zu
sein, denn die Hutten befreundeten Haman von Holz
hausen und Arnold von Glauburg daselbst waren in
der Angelegenheit thätig. Woran der Plan scheiterte,
wissen wir nicht, vielleicht wär es besser so, der Ent
täuschte durfte mit einem anderen großen Kämpfer,
*) S. Nr. 17 unserer Zeitschrift.