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einbogen, letzteres unter dem Hess. General
Caspar Cornelius Montaigne.
1647 10. Mai. Eroberung von Friedberg, Caub,
Gutenfels und Reichenberg durch denselben.
„ 1. Juli. Belagerung von Rheinfels, wo
bei dem General Montaigne der linke
Fuß abgeschossen wurde, was am 8. Juli
seinen Tod zur Folge hatte. Die Festung
mußte sich nachher ergeben.
„ Juli. Eroberung der Stadt Schotten.
„ „ Eroberung des Schlosses Hohenstein
in der Grafschaft Katzenelnbogen.
„ 1. Oktober. Einnahme von Alsfeld.
„ 2. November. Einnahme und gänzliche
Zerstörung (18. Nov. 1647) des Schlosses
Blankenstein.
1648 30. Januar. Uebergabe des Schlosses
Homberg an den Hess. General Rabenhaupt.
„ 30. März. Abschlagung des vom kur
kölnischen General Lamboi auf das von
Oberst Willich besetzte Geseke unternom
menen Sturmes und in Folge dessen Ab
zug Lamboi's über den Rhein.
1648 4. Juni. Vollständiger Sieg über die
Kaiserlichen bei Grevenbroich in einem von
Morgens bis Abends dauernden äußerst
hitzigen Gefechte, dem letzten des dreißig
jährigen Krieges. Hier siegte General
Geise über General Lamboi, welcher 4300
Mann, 11 Kanonen und 16 Fahnen verlor.
In diesem Kriege wird die strenge Manns
zucht und nie wankende Tapferkeit der hessischen
Truppen allgemein anerkannt. Ihnen wird nach
gerühmt, daß sie ihren Bundesgenossen „vorn
eine starke Mauer, von hinten ein fester Riegel"
waren, und daß sie niemals ohne Ehre vor ihren
Feind gekommen seien. (Wird fortgesetzt in
zwangloser Folge.)
|m engem Wal
Novrllelle v. M. Herbert.
herzlicher Theilnahme las ich neulich das
MiLied eines alten Kurhessen, eines festen
o't^Mannes, den politische,Stürme aus unseren
lieben Gauen hinausgetrieben haben in das gast
freie Oesterreich. Es ist ein Lied, in welchem
ein treuer Sohn der Erde unseres Hessenlandes
sein Heimweh in herzergreifenden Tönen aus
spricht :
»Zu Fuld' im lieben Neste
Tönt am Frohnleichnamsfestc
Der Glocke mächtiges Läuten,
Die seit uralte» Zeiten
Die Mutter Osann heißt.
Da fühlen sich wohler die Kranken —
Großmütterchen, sie wanken
Am Stabe nicht und schreiten
Bei dieser Glocke Läuten
Mit festrem Tritt zum Dom.
Ich aber bin verschlagen
Aus meiner Jugend Tagen
Und hab' in fernen Weiten
Von dir auch müssen scheiden
Du alter Buchcngau.
Doch wenn ich auch vergessen
Noch dein gedenk, o Hessen,
Und wenn ich Nachts im Walde
Auf mondbeglänzter Halde
So ganz allein mich weiß:
Da hör' ich fetnes Läuten —
Da möcht ich die Arme breiten
Und wieder knien als Knabe
Am Bonifatiusgrabe —
Weil Mutter Osann ruft.*)
Das Lied ließ mich nicht los, als ich an einem
Nachmittag im Spätherbst auf einem heidebe
wachsenen Rain am Fuldaufer zwischen den beiden
kleinen hessischen Dörfern Röhrenfurt und Loben
hausen saß. Während die Fulda stille ihren Weg durch
die träumende Herbstgegend machte, fühlte ich, wie
lieb auch mir das enge Heimathland ist und meine
Gedanken hielten einen Vagabundenstreifzug an
allen schönen Punkten vorüber, deren Spitzen
just aus meinem Gedächtnißland beleuchtet her
vorragten. Herauf gezaubert durch die Worte
des Liedes stieg vor meiner Seele empor die
Bischofstadt des Winfried Bonifatius, ich ging
mit der Frohnleichnamsprocession durch die alten,
heute so -reich geschmückten Straßen. Ich trat in
den Dom! die Propheten und Sibyllen schauten
ernsthaft nieder aus ihren Gypswolken, ich kniete
in der Krypta, wo seit elf Jahrhunderten unan
getastet des Heiligen Gebeine ruhn. Dann trug
*) Osann von Hosiannah.