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tigkeit. Die jetzige Besitzerin des Schlosses, die Frau
Landgräfin von Hessen, welche gegenwärtig auf ihrem
Lustschloß Adolfseck bei Fulda weilt, beehrte die Aus
stellung mit ihrem hohen Besuche, wobei das Comits
dexselhen ein prachtvolles Bouquet überreichen ließ,
das ist . finniger Blumenzusammensetzung ein Kreuz
iy den päpstlichen Farben auf einem von den hessischen
Farben gebildeten Grunde zeigte. Es ist ein interessanter
Zufall, daß der Ausstellungsraum — ein Prächtiger
Saal, den ein geistlicher Fürst des vorigen Jahr
hunderts durch seinen geschätzten Hofmaler Eman.
Wohlhaupter mit al fresco gemalten Bildnissen der
deutschen Kaiser herrlich ausschmücken ließ — bereits
vor beinahe 150 Jahren schon einmal in ähnlicher
Weise benutzt wurde. Damals rüstete sich das Hoch
stift gleichfalls zu einem kirchlichen Feste von höchster
Bedeutung: die tausendjährige Gedenkfeier des Todes
des hl. Bonifatius nahte heran, und wo heute die
Töchter der altehrwürdigen Bonifatiusstadt die Er
zeugnisse ihres Kunstfleißes ausgestellt haben, da
saßen ihre Urahnen damals versammelt und stickten
unter der kunstvollen Anleitung eines Goldstickers
aus Paris an prächtigen Kirchengewändern, die der
damalige Fürstabt Amand von Buseck für die hehre
Gedächtnißfeier gestiftet hatte. Der überaus kostbare,
mit dem Wappen des Fürsten und den reichsten
Goldstickereien gezierte Ornat aus rothem Genueser
Sammet soll sammt einem entsprechenden Neberzug
über den Baldachin 20,000 Gulden gekostet haben
— eine für die damalige Zeit außerordentlich hohe
Summe. Derselbe bildet aber auch heute noch einen
sehr werthvollen Theil des Fuldaer Domschatzes, und
wenn er bei höchsten Kirchenfesten einmal an's Tages
licht kommt, dann sieht man ihn noch in so wunder
barer Farbenfrische und ungetrübtem Goldglanze
prangen, als ob jene emsigen Fraucnhände, die einst
voll Freude daran geschafft, nun aber so lange schon
in Staub zerfallen sind, ihn jetzt erst fertig gestellt
hätten. I. Kr.
— Unter außerordentlicher Betheiligung fand am 29.
August das Leichenbegängniß des Königlichen Seminar
lehrers und Musikdirektors Prof. vr. Wilhelm
Bolckmär in Homberg statt, von dessen plötzlichem
Ableben wir unsere Leser bereits in voriger Nummer
benachrichtigt hatten. Zahlreiche Schüler und viele Freunde
des berühmten Musikers hatten sich eingefunden, um
dessen sterblichen Ueherresten das letzte Geleit zu geben.
Nach dem Vortrage des Liedes „Christus, der ist mein
Leben" setzte sich der Leichenzug vom Sterbehause in
Bewegung. Den mit Kränzen, Palmen und Blumen
förmlich überschütteten Sarg, welchem die Orden des
Verblichenen vorausgetragen wurden, trugen Schüler
des Seminars zum Friedhof, wo derselbe unter Gesang
der Erde übergeben wurde. Da Bolckmär bei Leb
zeiten den Wunsch ausgesprochen hatte, daß an seinem
Grabe die Grabrede unterbleiben möchte, sprach, der
betreffende Geistliche nur ein Gebet, woran sich aber
mals Gesang, vom Seminarchor ausgeführt, allschloß.
In Bolckmär, welcher 1812 in Hersfeld geboren
wurde und während seines ganzen Lebens eine be
deutende Thätigkeit dem engeren Vaterlande widmete,
verliert Hessen einen seiner ersten Söhne. Bolckmars
Leben, welches wenig wechsclvoll war, sich vielmehr
einfach und gleichmäßig im Hessenlande abspielte,
kennen unsere Leser schon aus Nr. 2 unserer Zeit
schrift, es bleibt noch übrig, Bolckmars Verdienste und
seine Werke zu beleuchten. Bolckmär war einer der
ersten Orgelvirtuosen Deutschlands, vor allem im
Vortrage klassischer Kompositionen und seiner eigenen
Tonschöpfungen kam ihm Keiner gleich. In Volks
kreisen ist Bolckmär hauptsächlich durch „das Gewitter
bekannt, eine Fantasie, in welcher er das Herannahen
eines Gewitters, das Heulen und Brausen des Sturmes,
den Donner und Blitz trefflich nachzuahmen verstand.
Als Komponist ist er außerordentlich thätig ge
wesen. Zunächst ist seine „Orgel-Schule -
zu nennen, ein in seiner Art einzig dastehendes Werk;
das „Borspielbuch für Orgel", 360 Vor
spiele zu sämmtlichen Chorälen von Volckmar's
Choralbuch op. 165 wird in ganz Deutschland mit
Vorliebe benutzt. Von tiefem Gemüth und Gc-
dankcnreichthum zeugen seine Orgelfo n aten, unter
denen op. 81 (G moll), op. 145 (A moll) und
op. 148 (B dur) als die vorzüglichsten genannt zu
werden verdienen. Konzertfantasien, Konzerlvaria
tionen, Märsche, Tonstücke für Klavier, Choralbücher,
Festvorspiele für Orgel, geistliche Lieder, Tonstücke
für Violine und Orgel, Orgelintonationen, Nachspiele
für Orgel dürften unter seinen Kompositionen her
vorgehoben werden. Als Pädagog hat Bolckmär auch
außer seiner „Orgel-Schule- Schätzenswertes geleistet.
So sind seine „Tonleiterstudien fürPiano-
forte", seine „ Elementarübungeu für Vio
line-, letztere speziell für Präparandenschulen und
Seminarien geschrieben, sehr instruktive Werke. Vor
trefflich sind anch die aus klassischen Werken arran-
girten Tonstücke für vierstimmigen Männerchor mit
Orgel, sowie „Eichenkranz-, eine Sammlung
deutscher Vaterlandslieder mit Tonweisen für zwei
stimmigen Volksgesang und vierstimmigen Männerchor.
— Zum Schluß sei noch bemerkt, daß Bolckmär
neben seinem in Hersfeld geborenen und in Kassel
lebenden Landsmann Karl Rund naget als Orgel
revisor in Hessen Vortheilhaft bekannt war.