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führt und die Anschauungsweise kennzeichnet, die damals
im hessische» Kadettencorps herrschte. Das Lied
lautet:
Heran, ihr Brüder, frisch heran!
Zum Exerzieren her!
Patrontasch' um, den Säbel an,
Ergreifet das Gewehr.
In Reih' und Gliedern stehen wir.
Nicht achtend Müh' und Schweiß,
Wetteifer» voller Ruhmbegier
Nur nach des Beifalls Preis.
Marschiren schnurgerade auf,
Und schlage» männlich an.
Dann steht und merkt bewundernd drauf
Gar mancher Kriegesmann.
Mich reizt nicht, wenn Gewehre klirr'».
Der Vögel Lustgesang,
Mich reizet nur beim Exerzier'»,
Der rasche Waffenklang.
Ganz Ohr für das Commando blos,
Auch für den Flügelmann,
Lern' ich, daß ich, bin ich einst groß,
Auch kommandiren kann.
Und wenn dann Friedrich um uns ist,
Und, hoher Gnade voll,
Uns Beifall lächelt, — Brüder wißt.
Dann ist mir erst recht wohl.
Und unsern Obersten entzückt
Auch dieser Mühe Preis,
Und sein vergnügter Blick erquickt
Uns dann für unsern Fleiß. . Schwk.
Aus Heimath und Fremde.
Kassel. In der.Nacht vom 20. auf den 21. d. M
starb zu Fulda im Alter von 68 Jahren Karl
Kind, ein Mann, der sich wegen der Aufrichtigkeit
und Biederkeit seines Charakters der allgemeinen
Achtung, Wege» seiner trefflichen gesellschaftlichen
Eigenschaften der größten Beliebtheit erfteute. Seine
Jugend war in manchen Beziehungen eine bewegte,
insofern er in der Mitte der 40er Jahre an dem
Kriege der Republik Texas gegen Mexico, sowie
1849 an dem Kampfe für- die deutsche Reichs-
verfaffung in Baden aktiven Antheil nahm. Geboren
zu Burghaun als der älteste Sohn des Rentmeisters
Georg Kind — seine Mutter war eine Enkelin des
früheren fürstlich fuldaischen Kanzlers Eberhard von
Kaiser — besuchte Karl Kind einige Jahre das
Gymnasium zu Fulda und widmete sich dann der
Landwirthschaft. Auf der landwirthschaftlichen Lehr
anstalt zu Schleißheim bei München, welche damals
sich eines ausgezeichneten Rufes erfreute, machte et
seine theoretische» Studien. Hiernach absolvirte er
seine» Militärdienst bei der kurhessischen Garde du
Corps. Zu Anfang der 40er Jahre bestand in
Deutschland, eine außerordentliche Auswanderungslust,
und das ersehnte Laad, auf welches hauptsächlich die
Hoffnungen der Auswandernden gingen,, war die
Republik Texas, welche sich ihre Unabhängigkeit von
dem Staate Mexico durch blutige Kriege zu Ende
der 30er Jahre erkämpft hatte.
Im Herbste 1845 wanderte Karl Kind mit
mehreren Jugendfteunden nach Texas aus und ließ sich,
dort angekommen, zunächst als Farmer in der Nähe von
Galveston nieder. Damals waren auch noch viele
Bürger der nordamerikanischen Union nach Texas
übergesiedelt, die es durchsetzten, daß die Texaner um
die Aufnahme in die Union nachsuchten, welche denn
auch 1845 stattfand. Die mexikanische Regierung
widersetzte sich diesem Vorgehen und da noch weitere
Differenzen zwischen Mexico und der Union hinsichtlich
Texas bestanden, so kam es zum Kriege. Präsident
der Union war zu jener Zeit der Demokrat James.
Knox Pylk. Der amerikanische GeneralZachary Taylor,
Nachfolger Polk's auf dem Präsidentenstuhle, rückte
in den Staat Mexico ein. Karl Kind war in das
texanische Heer, welches unter dem Oberbefehl Taylor's
stand, als von der Mannschaft gewählter Offizier
eingetreten und machte als solcher gegen den mexikanischen
General Arista die siegreichen Gefechte am Rio Grande
und bei Matamoros im Frühjahr 1846 mit. Das
Resultat des Kampfes war, daß. die Mexicaner von
den amerikanischen Generalen Taylor und Scott fast
in allen Schlachten geschlagen wurden und daß General
Scott am 14. September 1847 in die Hauptstadt
Mexico einrückte, worauf am 2. Februar 1848 der
Frieden geschloffen wurde, in welchem Mexico alle
Ansprüche auf Texas aufgeben mußte. Als Lohn für
seine Theilnahme an dem Kriege erhielt Karl Kind
in späteren Jahren, als er schon längst in sein
Heimathland, Kurheffen, zurückgekehrt war, einige
Acres Unionsland, die er durch Vermittlung des
amerikanischen Generalkonsuls Walton Murphy in
Frankfurt a. M. amerikanischen Ansiedler» käuflich
überließ. Das Jqhr 1847 führte Karl Kind nach
Deutschland zurück. In Fulda angekommen, betheiligte
er sich dort an der Bewegung des Jahres 1848,
war Mitbegründer und eifriges Mitglied der dortigen
Turngemeinde, und als im Mai 1849 in der Rhein
pfalz und in Baden der Kampf zur Durchführung
der deutschen ReichSverfaffung begann, da schloß er
sich den Hanauer Turnern unter August Schärtuer
an, und nahm Antheil a« dem Gefechte von Hirsch-