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Kandgraf Philipp der Großmüthige
««> die Kaneri«.
Der Landgraf hatte einst, nachdem's bewilligt,
Und, weil's zum Schutz des Reiches, auch gebilligt,
Im Lande eine Schatzung ausgeschrieben,
Die auch sogleich ward strenge beigetrieben.
Und als der Landgraf zu derselben Zeit
Sich eines Tags in schlichtem Jägerkleid,
Von keinem Unterthan so leicht erkannt,
Mit dem Gefolge auf der Jagd befand,
Von fern er eine Bäu'rin kommen sah;
Er hält sie freundlich an, als sie ihm nah':
„Was," fragt er, „tragt ihr auf dem Kopfe da?"
„Ach, Herr, von meinem Garne ein Gebund." —
„Wohin wollt ihr damit in ftüher Stund' ?" —
„Zur Stadt, will sehn, ob ich's verkaufen kann,
Zu zahlen diese neue Steuer dann,
Die unser Landgraf jetzo ausgeschrieben,
Von der kein Unterthan verschont geblieben;
Ach!" fuhr sie unter Weheklagen fort,
„Vielleicht gelingt's mir erst am zehnten Ort,
Nach stundenlangem, mühevollem Laufen,
Das Garn an einen Händler zu verkaufen."
Drauf fragt der Landgraf sie nach einer Weil':
„Wie viel beträgt es denn auf euren Theil?" —
„Ach, leider einen vollen Gulden fast!
Gar schwer drückt uns die neue Steuerlast!"
„Nehmt," spricht der Landgraf, „diesen Gulden hier,
Bringt ihn aufs Amt, das Garn behaltet ihr." —
„Gott mög's euch, edler Junker, zehnfach lohnen
Und euch mit jedem Mißgeschick verschonen!
Ich aber wollte," sie hinzu noch setzt:
„Daß unsrem Herrn Landgrafen glühend jetzt
Solch Sündengeld auf seinem Herzen läge!"
Noch einmal dankend geht sie ihre Wege. —
Der gute Landgraf aber herzlich lacht,
Da ihm die Sache wahrhaft Spaß gemacht,
Und wendet zu den Jagogefährten sich:
„Schaut, ist es nicht ein Handel wunderlich,
Daß ich für meines eignen Geldes Gabe —
Des Weibes bösen Wunsch erkauft mir habe?"
Karl Iiinck.
Ihr ttttfr mir.
Sonnenschein, Sonnenschein,
Grüße mir die Rose fein,
Die ich bis zum jüngsten Tag
Hüten möcht' im Rosenhag!
Sonnenschein, Sonnenschein,
Lächle du
Sanft ihr zu
Glück und Ruh!
Sonnenschein, Sonnenschein,
Dring' auch in mein Herz hinein!
Ach, ich bin ja so verlassen,
Liebe säend, ernt ich Hassen!
Sonnenschein, Sonnenschein,
Lachst du ihr,
Scheinst du mir,
Dank' ich dir.
Kurt Hluhn.
Aus alter und neuer Zeit.
Der I. September ist der Todestag eines hessischen
Kunstgclehrten, der anfänglich wenig bekannt, sich
rasch den Namen eines der bedeutendsten Kenner der
Gothik erwerben sollte, des Professors und Uni
versitätsarchitekten vr. I. Friedrich Lange, der an
dem genannten Tage des Jahres 1870 zu Marburg
verstarb. Geboren war Layge am 5. April 18 l l
hier in Kaffel, wo sein Vater die Stelle eines Wasser-
baumeisters inne hatte. Nachdem Friedrich Lange
mehrere Jahre das Gymnasium seiner Vaterstadt
besucht hatte, auch Schüler der höheren Gewerbeschule
gewesen war, widmete er sich auf der hiesigen Kunst
akademie dem Studium der Architektur. Nachdem
hörte er in Göttingen bei Jakob Grimm und Otfried
Müller Kollegien und begab sich dann zu seiner
weiteren Ausbildung auf Reisen in die Rheinprovinz,
nach Italien und England, um die dortigen Kunst
denkmale des Alterthums und des Mittelalters durch
eigene Anschauung kennen zu lerne» und zu studiren.
Hier erweiterte sich sein Wiffen und schärfte sich sei«
Kunsturtheil. In seine Heimath zurückgekehrt, wurde
er 1838 zum Zeichenlehrer an.dem Gymnasium zu
Fulda ernannt, auch wurde ihm später der Turn-'
unterricht an demselben übertragen. Bis zum Jahre
1851 verblieb er in dieser Stellung, dabei unablässig
bemüht, sich in dem Studium der Architektur und
der Archäologie fortzubilden. Die Resultate seiner
Studien legte er in der Zeitschrift für hessische Ge
schichte und Landeskunde nieder; Band IV derselben ent
hält u. a. den von ihm ausgearbeiteten Entwurf zu einer
historisch-artistischen Darstellung der hessischen Kunst
denkmale vom Jahre 1844. Im Jahre 1847 gab
er ein Schriften über die Baudenkmale und Alter
thümer FuldaS heraus. Der Bewegung des JahreS
1848 schloß er sich insofern an, als er ein Mit
begründer der dortigen Turngemeinde war und die
Turnübungen derselben leitete. In demselben Jahre
wurde ihm seitens des Ministeriums des Inner« die
Restauration der Kirche in Hayna übertragen, welche
Aufgabe er in trefflichster Weise löste. DieS soll