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Dabei dichtete er zu dieser Zeit die Epigramme an
Kaiser Max, gegen Venedig, Frankreich und den Papst
gerichtet, des Kaisers Feinde; ein Werk voll Kraft
und Reiz, in dem bereits der Ablaß- und Büllenhandcl
wie die Ausbeutung Deutschlands durch Rom gegeißelt
werden. Wahrscheinlich kehrte Ulrich 1514 nach
Deutschland zurück, sein Gönner Eitelwolf von Stein
veranlaßte ihn, ei» Gedicht auf den Einzug des neue»
Erzbischofs Albrecht von Brandenburg am 8. November
1514 in Mainz zu verfassen; Albrecht ließ ihm 200
Goldgulden zukommen und Aussicht auf eine Stellung
eröffnen. Als Hutten im Sommer 1515 auf der
väterlichen Burg erschien, im Bewußtsein durch das
Rcchtsstudium des zürnenden Vaters Verzeihung ver
dient zu haben, wurde ihm dennoch kein freundlicher
Empfang zutheil und erst die Erwägung, des Sohnes
gewandte und scharfe Feder gegen Herzog Ulrich von
Würtemberg zu verwenden, welcher kürzlich einen
Hutten ermordet hatte, mag den Vater ans mildere
Gedanken gebracht haben. Ulrich faßte auch nach
und nach 5 Reden gegen den Herzog ab, deren zor
nige Gewalt und rücksichtslose Vorwürfe in unserer
Zeit sich kaum noch denke» lasse«. Zu Mainz lernte
Hutten 1514 den durchreisenden Erasmus kennen,
den bei weitem größten Gelehrten der Zeit, das Haupt
der ganzen humanistischen Schule und von Hutten
selbst als ein höheres Wesen verehrt; ei» Briefwechsel
wurde angeknüpft. Im Frühjahre von 1516 sehe»
wir den Ritter wieder in Italien, in Rom, von wo
er über die Verhältniße am päpstlichen Hofe gegen
Crotus sich aussprach. Der Kaiser war um
diese Zeit in die von dem Könige Franz I. ihm
entrissene Lombardei eingedrungen, aber bald wie
der abgezogen; allenthalben erklang nun der
Spott der Italiener über Max und der groß
sprecherische Hochmut der Franzosen machte sich breit.
Da begab cs sich eines Tags, daß Hutten bei einem
Ritte auf 5 Franzosen traf, welche über den noch
um Mailand kämpfenden Max höhnten, er nahm sich
seines Kaisers an, die Franzosen fielen über ihn her,
aber er stach Einen nieder und schlug die Uebrigen
in die Flucht. Der Strauß trug ihm eine Wunde
im Gesichte ein, aber auch den Ruhm der Vaterlands
liebe und tapferen Ritterthnms, worauf er besonderen
Werth legte. Rom mnßte er freilich nach diesem
Abentheuer vor den Franzosen verlassen. Er betrieb
dann noch einmal Rcchtsstudien in Bologna und da
neben das Griechische. Studentenunruhe» im Früh
linge von 1517, bei denen Ulrich dem Governeur
gegenüber die Studenten vertrat, trieben ihn fort,
und er wagte es, trotz seiner hefttgen Ausfälle wider
die «Fischer- und Krämerrepublik," sich nach Venedig
zu begebe», im Vertrauen auf den schützenden Zu
sammenhalt der Gelehrtenrepublick — er gewährte
ihm auch Sicherheit. Während des für de» Kaiser un
glücklichen Kampfes um Mailand hatte Hutten ein
Gedicht verfaßt, in welchem Jtalia ihren wahrhaften
Oberherrn, den Kaiser, zu ihrer Rettung anruft.
In Bologna erhielt er Kenntniß eines in Deutsch
land erschienenen, das größte Aufsehen machenden
Buches, der Epistolae obscurorum virorum. Anlaß
zu demselben gab der durch einen getauften Jude«
Pfefferkorn hervorgerufene Streit, da jener nach Art
solcher Abtrünniger den Glauben seiner Väter verfolge
und de« Satz aufgestellt hatte, alle Schriften in hebräischer
Sprache außer der Bibel wären zu vernichten.
Gegen diese Ungeheuerlichkeit trat Reuchlin, der neben
Erasmus angesehenste Gelehrte der Zeit, ans und
der Streit nahm immer größere Ausdehnung an,
auch Hutten hatte in einer Schrift kräftig für den
von der mächtigen Partei kirchlicher Fanatiker ange
griffenen Reuchlin Partei genommen. Die Epis-
tolas schienen aus den Kreisen der genannte» Partei
zu komme«, sprachen deren Anschauungen aus und
verriete» mit ihrem schlechten Latein deren Unwissen
heit. Die Täuschung hielt auch vor, bis am Schluffe
des erst nach längerer Zeit erscheinenden zweiten
Theils die Maske fallen gelassen wurde und das
als eine Schutzschrift begrüßte Werk nun sich als
ein um so gefährlicherer Angriff auf die Finsterlinge
erwies, als es die Lacher auf seiner Seite hatte.
ES wird erzählt, daß dem Erasmus beim Lesen durch
das Lachen ein Geschwür geplatzt und er so wieder
gesund geworden sei. Man darf den ersten Theil
vorzugsweise als von Crotus herrührend ansehen,
wobei Mutian, ei» bedeutender und einflußreicher
Gelehrter zu Gotha, u. A. Beiträge und Ideen ge
liefert haben mögen. Hutten war alsbald von dem
Buche so entzückt, daß er noch in Bologna einige
von ihm im selben Geiste verfaßte Briefe Bekannte»
vortrug. Diese finden sich dann im 2. Theil der
Epistolao und Hutten hat wahrscheinlich noch weitere
Beiträge zu letzterem gestellt. Bon Venedig wieder
nach Bologna zurück gekehrt, verließ er die Stadt
im Juni 1517 und zog nach Deutschland, wo ihn
ein hoher Triumph erwartete. Längst hatten seine
mit Freimuth und Kühnheit in classichem Latein ge
schriebenen Schriften die Aufmerksamkeit auf den
jungen Dichter und Gelehrten hingelenkt; die heiße
Vaterlandsliebe und der Wunsch, die alte Hoheit des
Reiches wiederherzustellen, welche» er seit seinem
Wiener Aufenthalte mannigfachen Ausdruck gab, dann
das furchtlose, ritterliche Auftreten in Rom für die
Ehre seines Kaisers konnten diesen nur wohlgeneigt
stimmen. Er beschloß Hutten zum Dichter z« krönen
und setzte am 12. Juli zu Augsburg, umgeben von
einer glänzenden Versammlung, dem vor ihm knieenden
Hochbeglückten den von der schönen tugendhaften Con
stanze Peutinger geflochtenen Lorberkranz aufs Haupt.
Bald hiernach übte dieser einen kecken Streich im
Geiste der Dunkelmännerbriefe aus. In Bologna
hatte er die Schrift des Lorenz Valla ans der 1.
Hälfte des 15. Jahrhunderts gefnnden, welche dar
legte, daß die Schenkung Kaiser ConstanttnS, durch