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dieser sein hohes Alter vorschützte. Am 21. Septbr.1829
fand in Fulda die kirchliche Weihe des neuen Bischofs
und Tags darauf die feierliche Einsetzung statt. —
Johann Adam Rieger war am 16. Juli 1753 zu
Orb als der jüngere Sohn des dortigen Bäckers und
Senators Philipp Rieger geboren. Seine Gymnasial-
stndien machte er auf dem Jesuitergymnasium Mann
heim. dann zu Worms. Hiernach studirte er Philo
sophie und Theologie zu Heidelberg und Mainz.
Nachdem er von dem Erzbischof von Mainz, Karl
Friedrich Freiherrn von Erthal zum Priester geweiht
worden war, wnrde er im Jahre 1778 als Kaplan
nach Obernau gesandt und nach Verlauf eines Jahres
nach Kidrich versetzt. Vom den Superioren des erz-
bischöflichen Seminars zu Mainz dem Generalvikariate
daselbst „wegen seiner Frömmigkeit, seines Fleißes und
der Bekanntschaft mit der französischen Sprache" vor
züglich empfohlen, erhielt er 1761 den Ruf als Hof
kaplan nach Kassel. Achtundzwanzig Jahre hat Jo
hann Adam Rieger hier in Kassel mit Ruhm als
Seelsorger gewirkt, während schwerer Kriegsbedräng
nisse in dem Militärhospital die Tröstungen der Reli
gion den katholischen Kriegern allein gespendet, m*t
großen Aufopferungen die Hiesige katholische Schule
gegründet und durch seine Kanzelvorträge, sowie über
haupt durch seine gesammte geistliche Thätigkeit den
größten Nutzen gestiftet. Sein Andenken ist denn
auch hier stets ein gesegnetes geblieben. — Kaum zwei
Jahre waren, wie bereits hemerkt, dem Bischof Jo
hann Adam Rieger beschieden, die Mitra zu tragen
und den Krummstab zu führen. Er starb zu Fulda
am 30. Juli 1831 im eben vollendeten 78ten Lebens
jahre. Der evangelische Kirchenrath Professor Friedrich
Erdmann Petri zu Fulda widmete dem Verewigten
in einem Akrostichon einen warmen Nachruf, ein Be
weis für die rühmenswerthe Eintracht, welche zwischen
Katholiken und Protestanten in Fulda besteht. -
Auf Johann Adam Rieger, der sich durch christ
liche Milde und Duldsamkeit auszeichnete, folgte als
Bischof von Fulda der unvergeßliche Johann Leonard
Pfaff, ein Mann von hohem Geiste und großer Ge
lehrsamkeit, und nach dessen am 3. Januar 1848 er
folgten Tode, wurde am 1. Mai 1849 der bisherige
Dechant und Stadtpfarrer von Kussel Christoph
Florentius Kött zum Bischof von Fulda konsekrirt.
Frömmigkeit und Demuth zierten diesen Kirchenfürsten,
in dessen letzten Jahren der Kulturkampf entbrannte
der auch ihn, den Mann des Friedens, in Mitleiden
schaft zog. Er starb am 14. Oktober 1873. Und
nun folgte das Interregnum, in welchem zuerst Dom
dechant Dr. Gottfried Haberenz und nach dessen Tode
Domkapitular Konrad Hahrie der Diöcese als Bis
thumsverweser vorstanden, bis am zweiten Weihnachts
lage 1881 zum Bischof von Fulda Dr. Georg Kopp
von Hildesheim konsekrirt wurde, der jetzt zum Fürst
bischof von Breslau ausersehen ist. Die Thätigkeit
dieses namentlich auf diplomatischem Gebiefhervorragen-
den Kirchenfürsten ist zu bekannt, als daß wir sie
das Nähe zu präeisiren brauchten. Und nun tritt
dann wieder die Pflicht ein, auf den altehrwürdigen
Bischofssitz zu Fulda einen neuen Bischof zu erheben;
möge die Wahl auf einen Mann fallen, der die Vor
züge seiner Vorgänger in sich vereinigt. Das walte
Gott ! F. Z
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*
Aus einem Briefe des Pfarrers Cuntz
zu Kirchditmold vom Jahre 1758. In der
Pfarrei-Repositur zu Kirchditmold findet sich ein
ziemlich umfangreicher Brief vor, in dem der Pfarrer
I. CH. Cuntz die kriegerischen Operationen der fran
zösischen Armee und der hessischen und hannoverschen
Truppen, die im Jahre 1758 in der Umgegend von
Kassel vor sich gingen, alse aufmerksamer Augenzeuge
einem Freunde erzählt. Wer die Kriegs-Ereignisse
jenes Jahres nach dem Gefecht bei Sandershansen
bis ins Einzelne studiren wollte, wie der französische
General Soubise und der hännöverische General Oberg
gegen einander operiren, wie Oberg die beste Gelegen
heit zu einem guten Schlage sich entgehen läßt und
schließlich unter Verlusten abzieht, der würde sich mit
Vortheil über die breite Ausführlichkeit hinwegsetzen,
die der biedere Pfarrer Cuntz anwendet, um das
Alles seinem Freunde klar zu machen. Von allge
meinem Interesse ist besonders die Partie, welche sich
auf das Gefecht bei Sandershansen bezieht und dann
einige einzelne Schilderungen, die der Pfarrer feinen
eigenen Schicksalen widmet. Diese Stellen haben
nur herausgenommen und unvermittelt an einander
geschrieben, wie wir sie fanden.; nur die verschwenderische
Orthographie jener Zeit haben wir den Augen unserer
Leser ersparen zu sollen geglaubt.
Nachdem der große und tapfere Pr. Jsenbonrg
mit seinem Corps, 5—6000 Mann, sich aus Ober-
Hessen zurückzog und auf den Anhöhen hinter Sangers
hausen*) jenseits Cassel an den Weg nach Münden
sich gegen einen doppelt stärkeren Feind setzte, so kam
es zu unserem großen unvermutheten Schreck?»
zu einer kleinen aber herzhaften blutigen Bataille.
Ich lief unter Angst und Thränen eine halbe Stunde
näher und stellte mich auf die Anhöhe von Rothen-,
ditmold (allwo ich eben zugleich ein Kind taufen sollte).
Ich nahm das Perspektiv ynd sahe sehr genau die
Macht und heftige Attaque der Feinde. Ich konnte
mit offenen Augen sehen, wie der kleine Haufe die
Menge der Feinde zum Weichen brachte fdieselbej aber
zugleich nach erhaltenem Suceurs die Unseligen wieder
zurücktrieb. Ich hatte keine Ruhe, ich lief zurück
nach den Meinigen; ich fand sie in einer traurigen
Gesellschaft von lauter Weibern, die sich nicht wollten
trösten lassen, weil sie den Tod ihrer Männer bei
dem glücklichen und unglücklichen Ausschlag vermutheten.
Sogar kamen etliche Weiber mit ihren Säuglingen
an der Brust zum Ort der Bataille gelaufen, welche
oben ihre Männer in kleiner Ruhe gedachten zu
sprechen, nunmehr aber schon im Tode sahen. Der
Anblick von der ganzen Affaire, da die Schlacht bis
gegen den Abend ohne Entscheidung dauerte, wurde
uns Zuschauern unerträglich. Endlich sehe ich auf
*) D«ch wohl Sandershausvtt.