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begnügen, auf diesen Aufsatz als Ergänzung unseres
Berichtes zu verweisen. Hinzufügen wollen wir nnr,
daß durch nachträgliche Auffindung eines mit dem
römischen Kupferstempel versehenen Stückes eines
schönen Gefäßes aus tvrra sigillata der römische
Ursprung der Hanauer Mainbrücke auch für etwaige
Zweifler gleichsam besiegelt worden ist.
Alle seine Ausführungen begleitete der Vortragende
durch Nachweisungen an genauen Wandkarten, die auf
Grund der Generalstabskarten und Katasteraufnahmen
in' vergrößertem Maßstabe ausgeführt waren und
wesentlich zum Verständniß des Ganzen beitrugen.
Er schloß mit dem Hinweis darauf, daß der Verein
und er selbst noch mitten in der Arbeit ständen, und
daß insbesondere von den für diesen Herbst Projektirten
Ausgrabungen weitere Aufklärungen über die Be
siedelung und der Kulturzustände des einst römischen
Hessenlandes zu erwarten seien. —
Nach Beendigung der Sitzung Mittags zwölf
Uhr wurden die Gebäulichkeiten des Klosters
unter der sachkundigen Führung des Herrn
Seminaroberlthrers Leimbach (als Stellvertreter
des abwesenden Herrn Seminardirektors) eingehend
besichtigt und der vortrefflichen Einrichtung der
selben zu einem Lehrerseminar allgemein die
größte Anerkennung gezollt. Bon den ursprüng
lichen Gebäuden, so weit sie dem einst so be
rühmten Kloster und nach Einführung der Refor
mation unter dem bekannten Abte Lotichius als
dann mehrere Jahrhunderte lang einer nicht
minder berühmten gelehrten Schule gedient haben,
sind nur noch wenige Reste erkennbar, da sie im
dreißigjährigen, siebenjährigen Krieg und nament
lich im Jahre 1813 bei dem Durchgang Napoleons
mit 30 OM Mann nach der Leipziger Schlacht
durch Brand und sonstige Verwüstung schwer ge
litten hatten. Das bcmerkenswertheste Ueber-
bleibsel aus alter Zeit ist die aus der besten Zeit
der Gothik stammende Hutten'sche Grabkapelle.
Nach einer Frühstückspiuse begann um 4 Uhr
in dem mit Wappenschildern und Guirlanden
reich geschmückten, sehr geräumigen Saale des
Gasthofes zum Stern das Festmahl, an welchem
sich 75 Herrn betheiligt hatten^ Der erste Toast,
von dem Vorsitzenden des Vereins ausgebracht,
galt unserem Kaiser, und fanden die begeistern
den Worte des Redners allseitig den lebhaftesten
Anklang, worauf ein'ge Verse des von dem
Musikkorps angestimmten „Heil Dir im Sieger-
kranz" von den Versammelten stehend gesungen
wurden. Es folgten dann die Toaste des
Herrn Dr. Wolff aus Hanau auf die Stadt
Schlüchtern, des hierfür Dank sagenden Herrn
Bürgermeisters von E turmfeder auf das fer
nere Blühen und Gedeihen des Geschichts-
Vereins 'und des Heren Pfarrers Junghans
auf die Festkomitees. Daran schlossen sich noch
eine ganze Reihe von Ansprachen und Toasten,
von denen namentlich die des Herrn Lenz auf
die Damen, des Herrn Landraths Roth aus
Schlüchtern auf das schöne Hessenland und seine
biederen Bewohner, sowie des Herrn Kreissekre
tär Hartdegen aus Eschwege auf das deutsche
Vaterland besonders hervorzuheben sind.
Während der Tafel trafen Begrüßungs-Tele
gramme ein von dem für die hessische Geschichts
forschung hervorragend thätigen Vorstandsmitglied
Hrn. Major Dahin aus Hanau, dem in gleicherWeife
thätig gewesenen Hrn. Oberstlieutenant Wille, jetzt
in Spandau, und von dem Redakteur der Zeitschrift
„Hessenland" Hrn. F. Zwenger aus Kassel. Herr
Geh. Rath von Goedaeus in Frankfurt a. M.
erfreute die Theilnehmer durch die Uebersendung
einer Anzahl gedruckter Exemplare seiner Ab
handlung „Deutung hessischer Ortsnamen", so
wie der Redakteur der „Schlüchterner Zeitung"
durch Austheilen der Nummer seiner Zeitung
vom Tage vorher, welche ein Gedicht „an den
Acisbrunnen" und als Festgruß einen kurzen
Rückblick auf die wichtigsten Ereignisse in der
Geschichte Schlüchterns enthielt. Die jetzt schon
sehr gehobene Stimmung aller Theilnehmer wurde
noch erhöht durch das Absingen eines den größten
Beifall findenden, von Herrn Amtsrichter Türck
in Sontra eingesandten schönen und ächt patlio-
tischen Liedes „Mein schönes Hcssenland", welches
unter der Begleitung der Musik nach der Melo
die des Liedes aus Raimunds Verschwender „da
streiten sich die Leut' herum", gesungen wurde.
Der so zur allgemeinsten Befriedigung ver
laufene Tag konnte keinen besseren Abschluß
finden, als auf der etwa eine halbe Stunde von
Schlüchtern in einem herrlichen Wald gelegenen
Anhöhe, dem sogen. Acisbrunnen. Hier wurden
noch inVereinigung mit der reich vertretenen Damen-
Flora Schlüchterns die letzten Stunden des vom
schönsten Wetter begünstigten Tages in der heitersten
Weise verbracht.
Am anderen Morgen 8 Uhr fanden sich über
hundert Herrn und Damen ein, um, in Equi
pagen und auf Leiterwagen den für diesen Tag
im Programm bestimmten Ausflug nach den
etwa 9 U Stunden entfernten Ruinen der Hutten-
schen Stammburg Steckelberg, wo Ulrich von
Hutten vor 4M Jahren (am 20. April 1488)
geboren war, anzutreten. Die Theilnehmer ver
ließen bei dem am Fuße des Steckelberg ge
legenen Schloß Ramholz die Wagen und er
stiegen immer im Walde auf bequemen Wege»