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bewegten Zeit unter obwaltenden Umständen in hohem
Grade schwierige Stelle hat er bis zum 4. Dezbr. 1849
begleitet, worauf er am 23. Dezember zum Oberst
lieutenant und Kommandeur der Kurfürst-Husaren
(die früheren Garde du Corps) ernannt wurde. Der
im September 1850 in dem kurhessischen Offizier
corps entstandene verhängnißvolle Konflikt über Aus
legung des Fahnen- und Berfassuügseides führte zu
nächst herbei, daß Boedicker dem Husaren-Regiment
aggregirt wurde, was ihm im weiteren Verlauf der
Sache Veranlassung gab, seinen Abschied aus kur-
Militärdicnst zu nehmen.
Nicht lange hatte er aber die Schwere des gebrachten
Opfers zu erdulden, da der Hamburger Senat ihn
im November 1852 in Anerkennung seiner vorzüglichen
militärischen Eigenschaften zum Kommandanten von
Hamburg nnd Kommandeur der hanseatischen Truppen
berief. Seine nicht ganz leichten Bestrebungen, das
Hamburger Kontingent zu einer vortrefflichen Truppe
heranzubilden, waren von bestem Erfolg begleitet,
wofür ihm dann auch die größte Anerkennung zu Theil
wurde. Es geschah dies namentlich im Herbst 1858,
als das 10. Armeekorps behufs der Bundesinspektion
bei Nordstemmen zu Herbstmanövern zusammengezogen
war. Der beste Beweis für die erfolgreiche Thätig
keit Boedickcrs ist wohl darin zu finden, daß er schon
am zweiten Tage der Uebungen von gewiß sachkundiger
Hand, von dem als Bundesinspektor fungirenden
Prinzen von Preußen, unserem jetzigen Kaiser, mit
dem rothen Adlerorden zweiter Klasse dccorirt wurde.
Auch der Hamburger Senat hat es an Anerkennung
nicht fehlen lassen, die sich darin kundgab, daß der
selbe dem Obersten Boedicker, als dieser im Jahre 1863
sich in den wohlverdienten Ruhestand zurückzog, seinen
vollen Gehalt als lebenslängliche Pension beließ.
Den Abend seines Lebens hat er dann anfangs in
Hanau und seit 1878 in Kassel verlebt. In wie
großer Achtung er hier gestanden, zeigte' die rege
Theilnahme an seinem am 6. d. M. erfolgten Bc-
gräbniß, an welchem sich eine große Anzahl seiner
Freunde und wohl alle hier wohnenden ehemaligen
kurhessischen Offiziere betheiligtcn. Unter den Leid
tragenden befand sich auch der Landgraf Alexis von
Hessen-Philippsthal-Varchfeld, welcher "seine militärische
Laufbahn in der Eskadron des Verstorbenen begonnen
und ihm bis an sein Ende aufrichtige Freundschaft
und Dankbarkeit bewiesen und ihm, ebenso wie
alle, die dem Verblichenen je im Leben näher getreten
sind, lebenslang ein ehrendes Andenken bewahren wird.
* N-L.
* *
*
— Am 15. Juni feierte unser hochgeschätzter Mit-
bürgcr, der Buchdruckcreibesitzer Fried richScheel,
sein fünfzigjähriges Buchdruckerjubiläum. Aü diesem
Tage ließ er eine Schrift erscheinen betttelt: „Fünf
zig Jahre aus dem Leben eines Buchdruckers in
Hessen-Kassel", in welcher er seine Erlebnisse während
dieses Zeitraumes schildert: Es war eine bewegte
Zeit, die der Jubilar durchgemacht hat, Freud und
Leid ist ihm beschieden gewesen. Schwierigkeiten sind
ihm gemacht worden und Mißhelligkciten hat er zu
bestehen gehabt, von Seiten, von welchen er eS am
allerwenigsten erwarten konnte. Durch feine recht
liche Denkart, durch seinen biederen Sinn, durch seinen
Fleiß und seine rastlose Thätigkeit hat der von Jugend
auf strebsame und berufseifrige Mann sich-das Vertrauen
seiner Mitbürger in hohem Grade erworben. Er rst
nicht nur ein ausgezeichneter Fachmann, auch den öffent
lichen Angelegenheiten hat er stets selbstlos seine Dienste
gewidmet. Möge ihm ein recht heilerer Lebensabend
blühen.
* *
— Wie wir im „Jllstiz-Ministcrial-Berordnungs'
blatt" lesen, ist unser hcsstscher Landsmann ■ der
Staatsanwalt G. Otto in Berlin, Sohn des Land-
rentmeisterS a. D. G. Otto dahier, zum Justizrath
und Direktor der Lebens-Bersicherungs-Gesellschaft in
Potsdam mit einem ständigen Gehalte von 5000 Thlr.
und einem Nebencinkommen von 1000 Thlr. ernannt
worden. . Justizrath G. Otto gilt sür den Verfaffer
der vor ca. zwei Jahren unter der Chiffre O. S.
erschienenen hochintcressunten Schrift „die Berliner
Verbrecherwelt." Auch ist er Verfaffer einer Broschüre
üb.r die Schwurgerichte.
* *
Sr
Frankfurt a. M. Unser Landsmann und Mit
arbeiter Herr Otto Kanngießer, Herausgeber des
„Franks. Beob.", läßt seit Mitte Juni d. I. eine
Wochenschrift „DieRundschau" exscheinen, welche
den geistigen und materiellen Interessen Frankfurts
dienen nnd insbesondere auch die Geschichte der alten
Reichsstadt behandeln soll. Wir werden auf die
neue Zeitschrift, der wir alles Gedeihen wünschen,
zurückkommen.
Hksfische KScherschi«.
Die Jahrbücher von Hersseld nach ihren
Ableitungen und Quellen, untersucht und wieder her-
grstellt von Dr. H e r m. L o r e n z. Leipzig, Fock. (105 S.)
Die zahlreichen Quellen-Veröffentlichungen der letzten
Jahre, sowie die damit gleichen Schritt hallenden
kritischen »Abhandlungen, haben den Verfasser bewogen,
die Jahrbücher von Hersfeld, jenes im Kloster Hers
feld während des 9. und 10. Jahrhunderts entstandene,
leider verloren gegangene Annalenwerk, zum Mittel
punkt einer Abhandlung zu machen. Bekanntlich ist
es das Verdienst G. Waitz', nachgewiesen zu -haben
(Archiv VI), S. 663—688), daß die Herssekder
Annalen die Hauptgrundlage für die früheren Theile
des Lambert, der HildesAmer, der Quedlinburgs
und der Weißenburger Annalen bilden. — Verfaffer
Erstreckt seine Untersuchungen nun einerseits auf die
Quellen der Hersfelder Jahrbücher und andererseits
auf die in den Ableitungen enthaltenen Reste und
giebt darnach (S. 83—205) einen Rekonstruktions-
versuch der Annal. Hersseld. welche mit dem Jahre
708 anheben und sich bis zum Jahre 984 erstrecken.
Daß zwischen welthistorischen Begebenhnten sich auch
lokalgeschichtliche Notizen eingestreut finden, ist nntürlich,