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Muß im dunklem Kerker schmachten, tragen schwerer Ketten
Last.
Und das Leben däucht ihm Elend und die Welt ist ihm
verhaßt.
Fern von seiner trauten Feste muß er dienen fremdem Herrn,
Fern von seinen Lieben, allen seinen Treuen fern.
Nicht von allen seinen Treuen, denn sein treuer Vogel wacht,
Liebend steht er ihm zur Seite, schützet ihn bei Tag und
Nacht.
Heldenmüthig trug Philibert seine Schmerzen, seine Noth,
Doch die in dem Kampf gefallen, neidet er um ihren Tod.
Als er einst so saß im Sinnen, auf die Hand das Haupt
gesenkt
Und zurück an seine Heimath, an die lieben Seinen denkt,
Dip durchzuckt ihn ein Gedanke, er ergreift das treue Thier
Zrchet aus dem schwarzen Flügel eine Feder schnell Herfür,
Nimmt ein Stückchen von dem Linnen, das um seine
Wunde, ruht,/
Ritzet sich an scharfen Steinen, schreibt mit seinem eigenen
Blut:
.„Rüstet Euch, Ihr treuen Lieben, Gott mög' Euer Führer
sein,
Euer Feldherr ist gefangen auf der Feste Königstein."
Und er knüpft'- mit starken Fäden an des Falken Flügel
fest
Und der Vogel mit der Botschaft schnell den hohen Thurm
verläßt.
Und so rudert er im Fluge seiner lieben Heimath zu.
Ha, Philibert- treuer Falke, welche Botschaft bringest Du!
Ha, gefangen, edler Führer! Sieggekrönt war Deine Schlacht,
Und Du selbst hist nun gefangen in des frechen Feindes
Macht!
Schwer hat ihn der Herr geprüfet, doch, nun wird er
gnädig sein,
Unsere Schwerter wird er führen, -auf nun auf nach Kömg-
stein!
Hell nun glänzen Schild und Lanze und es kämpft der
tapfere Schwarm
Und Philibert sinkt befreiet in der treuen Seinen Arm.
In der Milte seiner Treuen reitet er in stiller Ruh',
Innige Gebete flüsternd, seiner treuen Heimath zu.
Sieh! da lacht die Burg vollendet ihren lieben Gründer au,
Herrlich ist sie aufgebauet, auch kein Thürmchen fehlt daran,
„Dank Dir heil'ger Gott, Du hast mir diesen Anblick auf
gespart,"
Ruft Philibert, Thränen rollen überfeinen dunk'lenBart.
Aber Du, Du vielgetreuer, lieber, theurer Vogel mein,
Der Du Retter mir gewesen, wie soll ich Dir dankbar sein,
Du hast mich vom Tod gerettet, fast im Elend mich erfreut,
Du hast menschlich mitgefühlet, aus der Knechtschaft mich
befreit.
Nimmer sollst Du von mir weichen, dieses däucht Dir
schöner Lohn,
Pflegen will ich Dich, wie 'nen theuren vielgeliebten Sohn,
Sollst in meinem Wckppen glänzen; sollst mir stets zur
Seite sein
Und nach Deinem Namen heiße diese Feste. Falkenstein,
ttnh fr tfent nacfi seinem Worte. Ralkenstein ward sie ae-
nannt,
Lang war sie des Landes Wehre, lange Zier und Schmuck
dem Land.
Wohl nun ist die Burg zerfallen; und ein graubemoost
Gestein,
Doch es hieß auf erv'ge, Zeiten die Rume Falkensteiu.
„Geschichten aus dem Hessenland."
|1| snter diesem Titel hat bekanntlich Friedrich
4 I Münscher (wohl der frühere Gymnasial-
direktor zu Marburg) ein Büchlein heraus
^ gegeben, welches dreiundzwanzig, unser
engeres Vaterland betreffende Erzählungen enthält. .
Es ist eine erfreuliche Erscheinung, daß in jüngster
Zeit die Hessen ihrer Geschichte lebhafteres
Interesse zuwenden, als dies vordem geschah.
Hoffen wir, daß die. bezüglichen Erzeugnisse der
Presse nicht als ' Testamente einer dahin- •
schwindenden Generation anzusehen sind, sondern
erwachendem Stammesbewußtsein ihr Dasein rer.
danken.
Münschers Wünsch, daß sein Büchlein seinen
Landsleuten willkommen sein möge, wird in Er
füllung gegangen sein. Ich habe es mit vielem
Interesse gelesen, obgleich mir Manches schon
bekannt war. Dies Interesse sollen die nach
stehenden Zusätze weiter bekunden.
In der letzten Erzählung schildert uns Münscher
das Wanderleben eines Marburger Proseffors,
nämlich des Proseffors der Mathematik, Hauff,
von dem Ernst Moritz Arndt in seinen Erinner
ungen u. s. w. erzählt, er habe im Jahre 1813
den Verbündeten den Plan zu einem vor der
Armee herzuführenden Magnetbcrg eingesandt,
bestimmt, die feindlichen Geschosse (auch die von
Blei?) aufzufangen, habe aber die Angabe ver
gessen, durch welche Kraft dieser Koloß bewegt
werden solle. Danach müßte man annehmen,
Hauff sei, wenn nicht ein Narr, doch ein ganz
unpraktischer Mensch gewesen. Dem muß aber
doch nicht so gewesen sein. Bekanntlich entführ
ten die Franzosen von Berlin die Siegesgöttin, mit
ihrem Viergespann, welche dir Preußen, sich dann
wieder holten, und die nun seit 1814 wieder aufihrem
alten Platze aus dem Brandenburger Thore steht.
Der Transport nach Paris ging durch Marburg.
Die Landstraße über den Kämpfrasen bestand
noch nicht, und so mußte der Wagen, wie alles
Lastfuhrwerk, den Steinweg hinauf durch die
Wettergaffe gelenkt werden. Zwischen den beiden
letztgenannten, mit ihren Vorderseiten am Markt
stehenden, Häusern der Marktgaffe blieb der
Wagen stecken. Er war nicht vor-, nicht rück
wärts zu bringen. Allerlei Vorschläge tauchten
auf, man sprach schon von Niederreißen des
einen Hauses. Schließlich entschied man sich da
für, das Denkmal durch Zersägen frei und Irans