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ternden Haupthaares, stürmte sie, einer zornigen
Kriegsjungfrau gleich, heran.
Ein von oben geschleudeter Feucrbrand traf
ihre Füße, und sie fiel nieder aufs Angesicht.
Die Männer sprangen auf sie zu, und ehe sie !
sich wieder erheben konnte, entriß ihr Einer die i
Axt, während ein Anderer mit dem Schwerte ;
zum Schlage ausholte.
„Halt! Tödtet sie nicht" tönte scharfer Be
fehlsruf aus der Römerschaar unten, und eilig
stieg ein Centurio den Hügel hinan.
„Wolnoth! Wolnoth!" hallte Theuda's Stimme, |
„in den Wald! In den Wald!" Der rathlose j
Knabe, der schon im Begriff war, der Mutter !
nachzueilen — stand einen Augenblick wie un
entschlossen und verschwand dann mit langem j
Sprung im Dunkel. Ein Römerspeer sauste
ihm nach, ohne ihn zu treffen.
„Wer entfloh?" fragte der Centurio.
„Ein Knabe."
„Laßt ihn, Verfolgung ist fruchtlos."
Der Centurio stand neben Theuda, welche
ihren immer noch bewußtlosen Mann umklammert
hielt, um ihn versammelten sich die Träger der
Brände.
„Tödtet Niemand! Wir brauchen das Volk !
als Wegweiser. Wer ist der Todte?" !
„Es ist der Führer", antwortete einer der- l
jenige», welche mit dem Gefallenen vom Hügel
herabgekommen waren," der uns den geheimen |
Pfad wies. Ein Pfeilschuß hat ihn getödtet."
„Umsomehr müssen diese leben." Er betrachtete ;
Merwig, der regungslos lag, das Haupt, von
dem Blut floß, im Schooße seines Weibes. Eif
rig war diese bemüht, es zu stillen. Der Cen
turio untersuchte die Wunde, fühlte nach dem
Herzen, und sagte dann: „Der Mauu lebt, er i
ist nur betäubt, badet ihm das Haupt mit Wasser."
Unter einem Jubelschrei Theuda's holte der
Wächter tief Athem, regte sich und schlug die
Augen auf. Der Centurio hatte sich der Sprache
Latiums bedient, einer seiner Begleiter in Ger
manentracht rief senw Worte in wohlverständ
licher Mundart der Tenkterer Theuda zu. ,
Langsam richtete sich Merwig auf, und sein
verstörter Blick fiel von dem Römer auf den
Holzstoß und haftete dann an Theuda.
Er betastete sein Haupt und sagte langsam:
„Es ist Nichts."
Sorgfälrig leiteten Theuda und zwei der
Männer den Verwundeten und seiner Sinne noch
immer nicht ganz Mächtigen zum Quell bei der
Hütte. Dort badete ihm sein Weib das Haupt
im hellen Wasser. Plötzlich schrie Merwig auf:
„Das Feuerzeichen!" und erhob sich mit wilder
Kraft. Die beiden Krieger warfen sich bei der
jähen Bewegung auf ihn, andere eilten herzu,
auch der Centurio: „Bindet ihn, bindet ihn fest.
Es sind Wölfe, diese Germanen." Und mit
langen Riemen banden sie dem nach furchtbarem
Ringen Ueberwältigten die Glieder.
„Bindet das Weib! Die ist gefährlich wie
der Mann," und auch diese wurde gebunden.
„Zerstreuet den Holzstoß! und rasch rissen die
Legionäre die Scheite auseinander und warfen
sie mit dein Reisig in den Abhang hinunter.
Dann sainmelten sich die Krieger um den
Centurio. „Das wäre gelungen, Gefährten
sprach dieser, „hoffentlich sind die Unseren an den
anderen Schluchten eben so glücklich als wir.
Die Legionen sollen ins Chattenland fallen, wie
Wölfe in eine Schafheerde."
„Befiehlst Du, daß wir weiter ziehen, o Cen
turio?" wandte sich ein alter, narbiger Krieger
an diesen.
„Wir müssen den Primipilar erwarten, Sejus,
er kommt selbst mit der ersten Kohorte. Nimm
Deine Dekurie, stelle einen Mann auf den Hügel
hin, sich nach Feuerzeichen umzuschauen, die
klebrigen vertheile die Schlucht entlang, wir
müssen auf Ueberfall Bedacht nehmen; dem Pri
mipilar sende einen der germanischen Hunde ent
gegen, damit er erfahre, daß sein Befehl aus
geführt ist.
„Wie Du befiehlst." Und der Dckurio ver
schwand mit seinen Kriegern.
„Zündet Feuer an, es ist kalt." Der Befehl
war bald ausgeführt und die Legionäre lagerten
sich, während ihr Befehlshaber die Hütte des
Wächters aufsuchte,