und bringen Sie uns bald Geld; wir brauchen
es sehr. Wohl that es Noth, meinen Herrn zu
trösten, indessen cs gelang mir nicht das allein,
sondern ich betrieb so unabläßig den letzten Be
fehl Steins, daß ich schon am 20. Mai Abends
mit 100,000 Thalern in guten Wechseln von
Prag abfahren konnte. Es war der Tag der
Bautzener Schlacht. Mit großer Noth gelangte
ich am 22. Abends zu Stein in dem von Truppen
überfüllten Lauban. Da in keinem Gasthof
Unterkunft zu finden war, ließ ich mich direkt
vor sein Quartier fahren. Daß er nicht in der
besten Laune war, brachten die Umstände mit
sich- Wo kommen Sie her? was wollen Sie?
fuhr er mich ziemlich unsanft an. Ich bringe
die Hälfte des versprochenen Geldes, Ew. Ex
cellenz, erwiderte ich. Wirklich? schrie er, und
in diesem Augenblick? das erwartete ich' nicht,
und die Thränen traten ihm in die Augen.
Nun setzen Sie sich und erzählen Sie mir, wie
steht's in Prag? sind die Oesterreicher bald
fertig? Ich stehe zu jeder Auskunft zu Befehl,
entgegnete ich, doch vor Allem muß ich Ew.
Excellenz Verwendung anrufen, damit ich weiß,
wo ich mein Haupt niederlegen kann. O, rief
er. dafür ist bald Rath gefunden, ich habe eine
ganze Etage zur Verfügung; es soll Ihnen so
gleich ein Zimmer angewiesen werden, lassen
Sie Ihre Sachen hinaufbringen und dann
kommen Sie wieder zu mir. Ich ermangelte
nicht, das zu thun. Später kam noch der Gene
ral von Carlowitz zum Thee, auch Fürst Anton
Radziwill. Die Unterhaltung war ernst, der
Lage der. Dinge angemessen; es wurde sehnlich
der baldige offene Zutritt Oesterreichs zur
Allianz gehofft, der damals wohl noch sehr
zweifelhaft war. Kurz nach 9 Uhr wünschte
Stein allerseits gute Nacht.
Den andern Morgen sehr früh war schon
großer Lärm im Hause, auf Erkundigung erfuhr
ich, daß der Minister im Begriffe sei abzureisen.
. Ich eilte zu ihm und nun entspann ' sich
folgendes Gespräch:
„Guten- Morgen Ew. Excellenz, warum denn
so früh schon im Geschirr?"
„Es sind -schlechte. Nachrichten eingegangen;
die aüiirte.Armee ist in vollem Rückzüge und
wird-zum Theil diese Straße ziehen, da muß
man Platz machen. Sind Sie reisefertig?"
„Das bin ich jederzeit, nur werde ich Ew.
Excellenz wohl bitten müssen, mir zu Pferden
zu verhelfen."
„Wie so? habm Sie denn keine Pferde bei
sich?"
„Ich bin mit Postpferden von Zittau gekommen."
„Warum haben Sie die nicht behalten?"
„Wie hätte ich das gekonnt?"
„Et was, das thut jetzt Jedermann. Noth
kennt kein Gebot. Ich vermag nicht, Ihnen
Pferde zu schaffen, und wenn erst die Armee
kommt, erhalten Sie gar keine mehr. Doch ich
will Ihnen einen Vorschlag machen, setzen Sie
sich zu mir; viel Gepäck werden Sie wohl nicht
bei sich haben."
„Sehr wenig, aber was wird aus meinem Wagen?"
„Den lassen Sie hier stehen. Nehmen ihn
die Franzosen weg, so mag der Kurfürst Ihnen
den Werth ersetzen."
„Dessen bedarf es nicht, denn der Wagen ist
sein Eigenthum."
„Desto besser. Sie riskiren wirklich mit Ihren»
Gelde den Franzosen in die Hände zu fallen."
„Das verhüte der Himmel; ich will schon
sehen, wie ich nachkomme, denn ich kann mich
nicht entschließen, anvertrautes Gut im Stich zu
lassen. Wohin gehen denn Ew. Excellenz."
„Ueber Bärenberg nach Goldberg, wo wir
hoffentlich bleiben können."
„Ich hoffe Ew. Excellenz dort aufzuwarten,
und mich meiner Wechsel und meiner Briefe an
verschiedene Personen im Hauptquartier zu ent
ledigen."
„Nun meinetwegen, zwingen kann ich Sie
nicht, doch meine Schuld ist es nicht, wenn Sie
von den Franzosen gefangen, oder von Maro
deurs geplündert werden, und wie gelangen die
Kriegs-Kassen nachher zu dem Gelde?"
„Erlauben Ew. Excellenz mir eine Bitte,,
nehmen Sie meine Reise-Chatoulle mit, darin
liegen die Wechsel, nach Ihrem Befehle zur
Hälfte auf die russische, zur anderen auf die
preußische Kriegs-Kasse endossirt. Gelingt es,
mir nicht nach Goldberg zu kommen, so autori-
sire ich Ew. Excellenz sie zu öffnen und die
Wechsel abzugeben.
„Es wäre gewiß besser, Sie führen selbst mit;
doch wettn Sie durchaus nicht.-wollen, so bringen
Sie mir die Chatoulle."
Das that ich denn und-er fuhr ab..
Mit welcher Mühe und welchem Aufwand es
mir gelang fortzukommen, gehört nicht hierher,
genug ich traf den andern Morgen unbeschädigt
in Goldberg ein.
Noch war das-Städtchen ziemlich leer, allein
die Hauptquartiere waren angesagt, Stein seit
gestern dort. Er bewillkommnete mich sehr freund
lich, doch gleich zum Geschäft übergehend fragte
er: Ich kann Ihnen nicht zumuthen in dieser
Verwirrung den Vorstand der russischen Kriegs-
Kasse aufzusuchen und will es übernehmen, die