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¿immer, inzwischen herangewachsene Töchter oder
auch Witwen gebliebener Kameraden. Aber auch
Amerikanerinnen verschmähten es nicht, sich an
Hessen zu verheirathen, nachdem sie gesehen hatten,
daß diese keine Menschenfresser seien. So heirathete
Claudius Gerber, von Lyon in Frankreich
gebürtig, Capitaine d'armes im Hessen-Hanauischen
Freikorps, am 4. April 1783 zu Oysterbay auf
Long-Jsland Sallh Perchy, die Tochter des Ein
wohners zu Stingtown in Virginien Charles
Perchy. Selbst der Regimentsquartiermeister
beim v. Benning'schen Regiment, Friedrich
Jakob Kleinschmidt, gebürtig aus Kassel,
heirathete am 6. Dezember 1781 Miß Ann
Townsend, Tochter des dortigen Einwohners Mr.
Stephen Townsend und dessen Ehefrau Mistreß
Ann, geb. Schmidt.
Wie auch bei allen diesen Eheschlüssen und
in sonstigen Fällen, wenn nöthig, Kirchenbuße
verlangt wurde, so blieb man auch insofern bei
den heimischen Gebräuchen, als während der
Gottesdienste, wenn solche überhaupt abgehalten
werden konnten, Opfergeld eingesammelt wurde.
Der Ertrag wurde für die Unterstützung der Ver
wundeten und Kranken in den Hospitälern verwandt.
Aus dem von Kümmell gewissenhaft geführten
Opferbuch, in welchem die eingegangenen Beträge
nach englischer Währung gebucht wurden, er
sehen wir, daß verhältnißmäßig hohe Opfer ge
sammelt wurden, und können daraus entnehmen,
daß die Truppen in günstigen Soldverhültnissen
waren.
Die Opfer brachten, um dies noch zum Schluß
zu erwähnen:
I. Beim Regiment v. Huhne:
1777 an 28 Sonntagen 6 £ 4 s. 6 d.
1778 „ 30 „ 4 „ 11 „ 8 „
1779 „ 34 ,. 7 „ 4 „ 2 ,.
1780 „ ? „1 „ 0 „ 9 „
II. Beim Regiment v. B ü n a n:
1777 an 25 Sonntagen 5 £ 4 s. 0 d.
1778 „ 27 „ 3 „ 9 „ 8 „
1779 „9 „ 5 „ 1 „ 7 „
(Darunter am Weihnachts
fest allein 1 £ 1 s. 4 '/2 d.)
1781 an 9 Sonntagen 8 £ 13 s. 8 <1.
III. Beim Regiment v. Benning:
1782 an 12 Sonntagen 8 £ 1 s. 7 d,
IV. Beim Regiment v. Ditfurth:
1779 an 4 Sonntagen 1 / 14 s. 9 d.
Abgesehen von dem guten Weihnachtsopfer 1779
beim Bünau'schen Regiment kommen Opfer
bis zu 1 £ 8 s. 2 d. vor, das geringste Opfer
beläuft sich einmal auf 1 s.
Anfang 1784 kehrte Kümmell in sein Vater
land zurück.
Gras Philipp Ludwig II. von Hanau.
der Gründer der Neustadt Hanau.
(Schluß.)
snser Graf Philipp Ludwig war aber nicht
bloß ein Helfer für seine Glaubensgenossen,
sondern nahm auch die Juden, die damals
noch in harter Unterdrückung lebten, in kräftigen
Schutz. Ihrem Wunsche entsprechend gestattete er
ihnen, sich in einer besonderen Gasse anzubauen,
und gab ihnen eine zeitgemäße Gemeinde-Ver
fassung, die Judenstädtigkeit genannt.
Ich komme jetzt zu einer Schöpfung des Grafen,
die ihm, seiner Persönlichkeit nach zu urtheilen,
neben der Gründung der Neustadt wohl am
meisten am Herzen lag.
Die Stadt Hanau hatte zwar beim Beginn
der Regierung Philipp Ludwig's die damals
gewöhnliche Stadtschule, worin in drei Klassen
Lesen, Schreiben, Rechnen, Religion und etwas
Latein gelehrt wurde, aber durch mancherlei
widrige Umstände, wozu auch eine pestartige
Krankheit gehörte, die den Grafen selbst mit
Kanzlei und Konsistorium nach Windecken trieb,
war diese Schule gänzlich in Verfall gerathen.
Philipp Ludwig beschloß daher, das Schulwesen
Hanaus neu zu vrganisiren und zwar neben der
Elementarschule ein Eyinnasiuin illustre, d. h.
eine lateinische Schule, verbunden mit einer Hoch
schule, zu gründen. Nachdem die nöthigen Mittel,
wozu er selbst einen bedeutenden Beitrag gab,
beschafft und die sonst erforderlichen Vorbereitungen
getroffen waren, erschien am 18. Juli 1607 die
förmliche Fundativns - Urkunde. Nach seinem
frommen Sinne äußerte sich der Graf darin:
„Gott der Allmächtige und das hohe fürstliche
Amt, das ihm Gott übertragen, mache ihm eine
sorgsame Pflege der Kirche zur Pflicht, am ge