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zugestanden; der Wittwe Coligny's, schrieb
Katharina, sei freies Geleit gewährt, die Sache
der Kinder derselben liege in der Hand
ordentlicher Richter.
Dem neuen Könige von Polen, Heinrich von
Anjou, hatte der Kaiser zwar freies Geleit gewährt,
aber ausdrücklich bemerkt, daß diese Genehmigung
dem Landgrafen von Hessen und dem Abte von
Fulda nicht Präjudizirlich sein sollte. Es war dies
in dem geheimen Wunsche geschehen, daß Landgraf
Wilhelm den Durchzug hindern werde. Dieser
aber wollte den Wunsch des Kaisers nicht allein
nicht erfüllen, er rüstete sich vielmehr, den König bei
seinem Durchzug durch hessisches Gebiet freundlichst
zu bewirthen. Der König war begleitet von
einem glänzendem Gefolge mit 1125 Pferden.
Der Landgraf mit 800 Reitern empfing ihn bei
Vacha und bewirthete ihn unb sein Gefolge zwei
Tage und drei Rächte an diesem Orte.
Indessen verließ Heinrich nach dem Tode seines
Bruders Polen sofort wieder, um als Heinrich III.
den französischen Thron zu besteigen (1574). Wil
helm blieb ihm ein treuer Rathgeber. Als aber der
König sich an die Spitze der heiligen Ligue stellte
unb den evangelischen Fürsten seinen Entschluß
meldete, in seinem Lande nur eine Kirche, die
katholische, zu dulden, und sie zugleich ersuchte, sich
Glicht mehr in die Religionshändel zu mischen,
gab er ihm die berühmte Antwort, in welcher er
ihn vom Kampfe abmahnte, aber rieth, zur Ent
scheidung der religiösen Wirren ein National
konzilium zu berufen xutb nur auf den Rath
solcher Fürsten zu hören, welche wie er, der Land
graf, die innere Beruhigung Frankreichs wünschten.
Wilhelm war mit Heinrich von Navarra in Ver
bindung getreten in den: Wunsche, die Protestanten
aller Länder, wenn auch nicht zu einem Be
kenntnisse, doch zu einer christlichen Brüderschaft
zu führen. Als Heinrich ein Religionsgespräch
zur Ausgleichung des streitigen Artikels in der
Abendmahlslehre iu Vorschlag brachte, widerrieth
der Landgraf mit Rücksicht auf die eben abge
schlossene Konkordie. Er empfahl dagegen den
protestantischen Fürsten die Abschließung einer
allgemeinen protestantischen Union, als einziges
Mittel zur Bekämpfung der steigenden Macht des
Papstes. Er erhielt aber abschlägige Antwort
von bcn Anhängern der Konkordie.
Rach der Thronbesteigung Heinrich's IV. lieh
diesem Landgraf Wilhelm (8. September 1590)
100 000 Gulden. Auf einer Versammlung mehrerer
protestantischen Fürsten zu Kassel wurde die Geld
summe festgesetzt, welche alle evangelischen Fürsten
für Heinrich IV. bereit halten sollten. Als jedoch diese
Hülfeleistung ill Folge der Uneinigkeit der Fürsten
nicht zu Stande'kam, verschaffte Landgraf Wilhelm
dem Könige Heinrich IV. ein Darlehen von den
Reichsstädten Nürnberg und Ulm, gab selbst
einen Vorschuß unb unterstützte den Fürsten von
Anhalt nlit Soldaten und Geschützen.
Der Vorschlag Heinrich's IV., die Neligions-
angelegenheiten bei Seite zll lassen imb lediglich
die politischen Interessen der deutschen Fürsten
gegen Spanien ill Betracht zu ziehen, konnte von
Landgraf Wilhelm nicht lveiter verfolgt werden,
da er bereits seinem Ende entgegen ging.
(Fortsetzung folgt.)
i-
Hessische Städte und hessisches Lulld vor hundert Jahren.
Stadt und Land Fulda.
Von Di-. Justus Schneider.
(Fortsetzung.)
^Durchwandern wir jetzt die Stadt Fulda selbst.
p| Die Hauptstraßen sind, vom Paulusthor
Cy angefangen, erstlich die Promenade längs
des Schloßgartens. Links in demselben liegt
das Orangerieschlößchen mit seinen großen Sälen
mit wunderbarer Stukkatur itub Freskomalerei
von Wohlhaupter, im Keller darunter lagert der
Johannisberger Wein. Rechts umrahmen die
alte Propstei Michaelsberg, die 1778 gegründete
Landesbibliothek, der Dom mit dem alten Bcuedik-
tinerstift (jetzt Seminar), die Domdechanei und
das von Buseck'sche, nachmals von Harstall'sche
Haus den großen Domplatz. Derselbe war
damals größer wie jetzt. Zwischen der Stadt
mauer, welche sich von der Hauptwache längs der
Vorderfront des jetzigen Damenstiftes bis zu jenem
alten Thurme an dessen unterem Ende und
zwischen meiner und Herrn Bäcker Wiegand's
Besitzung zum Hanse des Herrn Posthalters
Knips, welches ebenfalls ein Stadtthurm war,
herabzog, und dem Dechaneigebäude am Dome
war nur ein freier Platz. An beiden Thürmen
waren Thore, am alten Stiftsthurme das
Thörle, bei dem Knips'schen Hause das Abtsthor.